Lafcadio Hearn war gerade gestorben, als 1906 der erste Band seiner Japangeschichten in Deutschland erschien. Sechs Bände sollten es insgesamt werden und sie haben unser Bild von Japan mehr geprägt als alles, was davor oder danach kam. Seine Werke sind immer wieder aufgelegt worden und haben rein gar nichts von ihrer Faszination verloren, im Gegenteil: Manche seiner Ansichten und Einsichten waren geradezu prophetisch. Als alter Japanenthusiast kann ich Hearn auch heute nur wärmstens empfehlen.
Immer wieder tauchen in seinen Büchern traditionelle Gespenstergeschichten auf, die er mit
literarischer Eleganz zu erzählen weiß, meist eingebettet in persönliche Erlebnisse. Diese Geschichten haben zwar gewisse Parallelen zu europäischen Grusel- und Schauergeschichten, aber japanische Gespenster…mehrLafcadio Hearn war gerade gestorben, als 1906 der erste Band seiner Japangeschichten in Deutschland erschien. Sechs Bände sollten es insgesamt werden und sie haben unser Bild von Japan mehr geprägt als alles, was davor oder danach kam. Seine Werke sind immer wieder aufgelegt worden und haben rein gar nichts von ihrer Faszination verloren, im Gegenteil: Manche seiner Ansichten und Einsichten waren geradezu prophetisch. Als alter Japanenthusiast kann ich Hearn auch heute nur wärmstens empfehlen.
Immer wieder tauchen in seinen Büchern traditionelle Gespenstergeschichten auf, die er mit literarischer Eleganz zu erzählen weiß, meist eingebettet in persönliche Erlebnisse. Diese Geschichten haben zwar gewisse Parallelen zu europäischen Grusel- und Schauergeschichten, aber japanische Gespenster sind meistens „menschlicher“ und weitaus stärker in der Lebenswelt verankert als bei uns. Die japanischen Glaubensrichtungen Buddhismus und Shintoismus haben seit jeher nicht an der Welt des Unsichtbaren gezweifelt und alle Dinge ihrer Umwelt mit Geistern belebt. An der Existenz von Gespenstern zu zweifeln, die im Übrigen gar nicht selten Gutes im Schilde führen (aber auch nicht immer), käme keinem traditionell denkenden Japaner in den Sinn. Aberglaube ist weit verbreitet und ich selber habe in Japan viele Katzen mit gebrochenem Schwanz gesehen, was verhindern soll, dass sie von bösen Dämonen heimgesucht werden. Auch mythisch aufgeladene Matsuris, die Tempel- und Schreinfeste, sind durchzogen vom Glauben an die Gegenwelt.
Von den etwa 50 Gespenstergeschichten, die Hearn aufgezeichnet hat, sind 10 in diesem Buch versammelt, meist in den unübertroffenen Versionen von Berta Franzos, die ab 1906 die klassische Hexalogie übersetzt hat, und von Gustav Meyrink, der 1978 eine Anthologie japanischer Gespenstergeschichten von Hearn herausgegeben hat. Zwei Geschichten sind bisher nicht auf Deutsch erschienen, die hat Verleger Edmund Jacoby selber übersetzt.
Hearns Texte sind nie in Vergessenheit geraten, aber die Neuauflage von Jacoby&Stuart sticht in einem Aspekt absolut hervor: Die Illustrationen und das Layout. 1906 hatte Emil Orlik, einer der besten Grafiker seiner Zeit, einen eleganten, zurückhaltend-ornamentalen Stil gewählt, der eher schmückt als illustriert. Benjamin Lacombe bedient sich dagegen mit sicherer Hand aus der japanischen Holzschnittkunst, macht daraus aber etwas ganz Eigenes. Die Anspielungen an klassische Gestalten japanischer Buchholzschnitte wird jeder Kenner sofort bemerken, aber die Umsetzung ist wunderbar leicht, mit ein paar geborgten Elementen aus der Mangakultur und in einer durchgehenden, abgestimmten Farbregie, die zum zurückhaltenden Seitenlayout passt und sich auch im geprägten Bucheinband wiederfindet. Das ist kein Buch von der Stange, sondern ein mit viel Liebe zum Detail und Einfühlungsvermögen gestaltetes, kleines Kunstwerk.