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"Ein bizarr schönes Buch ... Solche Prosa ist rar."
"Ein wunderliches Buch, um nicht zu sagen: ein wunderbares." (Frankfurter Rundschau) "Du, sage ich, es ist so weit. Wir müssen wieder verreisen." Ein Liebespaar aus Frankfurt fährt eines Tages nach Wien, Paris und Amsterdam. Sie reisen auf den Spuren von Mozart, Max Beckmann und Degas, immer auf der Suche nach der Erfüllung, die, weil sie immer nur Augenblicke währt, ihren Glückshunger nie restlos stillt. "Ein bizarr schönes Buch" (Süddeutsche Zeitung)

Produktbeschreibung
"Ein bizarr schönes Buch ... Solche Prosa ist rar."
"Ein wunderliches Buch, um nicht zu sagen: ein wunderbares." (Frankfurter Rundschau)
"Du, sage ich, es ist so weit. Wir müssen wieder verreisen." Ein Liebespaar aus Frankfurt fährt eines Tages nach Wien, Paris und Amsterdam. Sie reisen auf den Spuren von Mozart, Max Beckmann und Degas, immer auf der Suche nach der Erfüllung, die, weil sie immer nur Augenblicke währt, ihren Glückshunger nie restlos stillt.
"Ein bizarr schönes Buch" (Süddeutsche Zeitung)
Autorenporträt
Genazino, Wilhelm
Wilhelm Genazino, geboren 1943 in Mannheim, arbeitete zunächst als freier Journalist, später als Redakteur bei verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften. Seit 1971 ist er freier Schriftsteller. Berühmt wurde er mit seiner "Abschaffel"-Romantrilogie. Für sein umfangreiches Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u.a. 2003 den Fontane-Preis der Berliner Akademie der Künste und den Georg-Büchner-Preis 2004.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.03.2002

Wilhelm Genazino: Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz 1989 - Ein Land kommt unters Mikroskop

Darf man in der Bundesrepublik mit offenen Schnürsenkeln herumlaufen? Darf man einen dunklen Sahnefleck auf seiner Jacke haben? Darf man an das letzte Stück einer Torte im Schaufenster einer Konditorei denken, während man mit einer Frau schläft, und ob es noch zu kaufen sein wird, wenn man fertig ist? Solche Fragen treiben Wilhelm Genazino um. Im Zentrum von "Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz" steht eine Reise, die der Protagonist W und seine Freundin Gesa von Frankfurt nach Wien, Paris und Amsterdam machen. Sie wollen sich ansehen, wo die Kunst und die gesellschaftliche Ausgrenzung beieinander sind: Mozarts Wohnung, als er halb vergessen und verstoßen war, ein Bild von Degas, das sich im kaufhausartigen Musée d'Orsay verliert, und die Wohnung, in der sich Max Beckmann in Amsterdam versteckte. In Zeiten der Bedrängnis grenzt das Leben der Künstler an die Außenbezirke der Gesellschaft und teilt mit den dort wohnenden die Scham, anders zu sein. Genazinos Schilderungen dieses Gefühls vergißt man nicht: In einem Lebensmittelladen stehen die Leute vor der Theke Schlange. Draußen, vor dem Schaufenster, ist ein Hund im Regen angeleint, der friert, Angst hat und wimmert. Seine Besitzerin beruhigt ihn von drinnen, sie komme gleich heraus, er habe es ja viel besser da draußen. Und es wirkt. Für einige Augenblicke glaubt ihr der Hund und beruhigt sich. Dann wimmert er wieder. "Die Kunden im Geschäft sehen sich wissend an, für Sekunden blitzt das Hündische in uns auf: Offenbar war jeder schon einmal in der Lage des Tieres."

Was als quasi-existentialistische, poetische Betrachtung daherkommt, ist immer auch eine gesellschaftliche und politische Reflexion, in der der Wandel des Landes durch eine mikroskopische Perspektive dargestellt wird. Der Protagonist von "Der Fleck, die Jacke, die Zimmer, der Schmerz" ist ein Künstler und Spaziergänger, der nach unten blickt, zu den Hunden, den Kindern und den Schuhen der Leute. Seine präzisen Beobachtungen und Überlegungen erzählen vom Leben, vom Licht des Tages und der Nacht auf den Dingen, und von Deutschland, das sich in jenen Jahren sehr bemüht, ein hellerer, freundlicherer Ort zu werden: "Groß sind die Anstrengungen, das Bild des Landes freundlicher zu machen. Seit Jahren werden die alten, von den Kriegen übriggebliebenen Gebäude nicht mehr abgerissen, sondern restauriert und mit neuen Farben frisch gemacht. Die fast immer abgehetzten Bewohner sollen sich an ein paar angenehmen Anblicken erfreuen können." Den Einwohnern fällt diese Verwandlung nicht so leicht: "Die Menschen sitzen mit hochgeschlagenem Kragen in den Cafés und haben die Türen im Blick." Kunst und Armut, Anerkennung und Ausgrenzung, Glück und Horror sind unauflöslich verbunden. Immer ist beides da: Boten des Verfalls, drohender Heimsuchungen und der Nähe des Todes wohnen einträchtig neben ganz anderen Zeichen, die die Heiterkeit und den Glanz des Lebens widerspiegeln, all das, was Genazino das "Wohlgefallen, das den Menschen auf Erden versprochen ist", nennt: Die Geräusche eines italienischen Eiscafés, ein vom Wind gebeugter Baum, der aussieht, als würde er sich einen Mantel anziehen, eine Katze, die Wachspapier abschleckt, in dem Fleisch eingewickelt war. Und es gibt die Aktionen, die kleinen Inszenierungen, die der Held des Romans unternimmt, um die Belastungsfähigkeit der Wirklichkeit zu prüfen: Eine alte Dame nach einer Straße fragen, die es gar nicht gibt. Eine zerschlissene Hose anziehen und sehen, was passiert. Sonntags früh in die Innenstadt fahren und nachzählen, ob zu dieser Zeit wirklich von jedem Ding genau ein Exemplar zu sehen ist: Nur einen Spaziergänger, nur eine Straßenbahn, nur einen Vogel.

Wilhelm Genazino versteht es ebenso virtuos wie Peter Handke, von den Lichtverhältnissen, den Geräuschen und dem Gefühl vergehender Zeit in jedem einzelnen Tag zu erzählen, und ebenso treffend wie Botho Strauß, den Menschen zuzuhören. Aber in Genazinos Literatur nimmt der Autor eine ganz andere Position ein, eine, die zwischen Demut, Mitgefühl und Übermut wechselt. Sein Motto könnte jenes aus Max Beckmanns Tagebüchern sein: "Nichts ist lächerlicher als wenn man sich selbst interessant vorkommt."

mink

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Wilhelm Genazinos Prosa begegnet dem Leser als eine "hohe Schule der Wahrnehmung". Die Weltwoche