Alexander Graf zu Dohna-Schlobitten zählte vor dem zweiten Weltkrieg zur Oberschicht in Ostpreußen, einer Region, mit der die meisten Jugendlichen heute nicht mehr anfangen können als mit den Südseeinseln. Ostpreußen, heute Teil von Russland, Polen und Litauen, galt einst als eine der fruchtbarsten
und schönsten deutschen Gegenden.
Graf Alexander war das Oberhaupt einer der einflussreichsten…mehrAlexander Graf zu Dohna-Schlobitten zählte vor dem zweiten Weltkrieg zur Oberschicht in Ostpreußen, einer Region, mit der die meisten Jugendlichen heute nicht mehr anfangen können als mit den Südseeinseln. Ostpreußen, heute Teil von Russland, Polen und Litauen, galt einst als eine der fruchtbarsten und schönsten deutschen Gegenden.
Graf Alexander war das Oberhaupt einer der einflussreichsten Adelsfamilien dieses Landstrichs. Zahlreiche Schlösser und Ländereien konnte er sein Eigen nennen, viele Menschen waren ihm als Pächter untergeben und auch Geldmangel war selten ein Problem, das sich dem jungen Grafen stellte. Er führte ein ziemlich sorgenfreies Leben im prächtigen Schloss Schlobitten, einem der kunsthistorisch bedeutendsten in ganz Europa. Kostbare Möbel und Kunstgegenstände, einige aus dem Besitz Friedrichs des Großen, gehörten zu den Kleinodien des Hauses.
Seit dem Mittelalter war es in Ostpreußen üblich, dass das fruchtbare Land den großen und kleinen Adelsfamilien gehörte. Sie überließen es den Bauern zur Pacht und bekamen von diesen Abgaben, von denen sie sich die prächtigen Schlösser bauten, die in Ostpreußen standen und heute leider größtenteils heruntergekommen sind. Fast jedes kleine Dorf hatte eine Herrschaft, die im Gutshaus residierte. Im Gegenzug gewährte diese herrschende Schicht den Untergebenen Schutz vor Feinden, medizinische Hilfe, etc.
Im zweiten Weltkrieg wurde dieses System für den Grafen bitterer Ernst: Er packte seine Sachen und instruierte das gesamte Dorf, seine Untergebenen, für die er verantwortlich war, um geordnet vor der voranrückenden Roten Armee der Sowjetunion zu fliehen. Erst in der Sicherheit trennte er sich von den Familien, die er heil in den westlicheren Teil Deutschlands gebracht hatte. Bis an sein Lebensende nahm er die Verantwortung wahr, die er hatte und blieb mit den einstigen Untergebenen im Kontakt.
Ich habe selten ein so tief bewegendes und beeindruckendes Buch gelesen wie die "Erinnerungen eines alten Ostpreußen". Als ich später selbst vor der Ruine des Schlosses Schlobitten im heutigen Polen stand, war ich schlichtweg überwältigt. Jahrhundertelang hatte hier die Familie zu Dohna-Schlobitten geherrscht und für die ihnen anvertrauten Pächter gesorgt, und nun war dieses Schloss mit all seinen Kostbarkeiten eine Backsteinruine. Es gibt nur noch wenige Menschen, die sich erinnern können, wie diese prächtige Gebäude einmal ausgesehen hat, die sich an die Freude und das Leid, einfach an alles erinnern können, was einmal dieses Gutshaus ausgemacht hat. Ein Glück ist es deshalb, dass der Graf persönlich, der seinen Besitz wie wohl kein zweiter kennt, seine Erinnerungen niedergeschrieben hat. Ich würde mir wünschen, dass so viele Menschen (und gerade Jugendliche!) wie möglich von diesen Gebrauch machen und dieses atemberaubende, packende Buch lesen. Bilder aus dem früheren Schloss illustrieren die Lektüre und beflügeln die Phantasie. Graf Alexander ist ein Vorbild, wie ich nicht viele kenne. Er hat seine Verantwortung bis ins Letzte wahrgenommen und hat sich für seine Bauern aufgeopfert, die ihm uns seinen Vorfahren den Reichtum erst ermöglicht hatten.
Nach dem Krieg hatte er nichts mehr. Er musste von ganz unten beginnen, sich hocharbeiten und wieder ins Leben zurückfinden. Von Hundert auf Null. Und trotzdem hat er nie aufgegeben, hat noch als alter Mann von den Erinnerungen gezehrt, die ihm sein Leben lebenswert machten: Die Einnerungen eines alten Mannes an Ostpreußen. Die Erinnerungen eines alten Ostpreußen an seine Heimat.