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Venezia - Opera Arias - Cencic,Max Emanuel/Minasi
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Produktdetails
Trackliste
CD
1Adriano in Siria - Act III: Barbaro non comprendo00:04:26
2La costanza combattuta in amore - Act III: Mormorando quelle fronde00:08:11
3A' piedi miei svenato00:03:30
4Flavio Anicio Olibrio - Act I: Dolce mio ben, mia vita00:04:52
5Anche in mezzo a perigliosa00:04:06
6Merope - Act III: Sposa... non mi conosci00:09:36
7Argippo, RV 697 - Act II: Io son rea dell'onor mio00:05:25
8Il nascimento de l'Aurora: Pianta bella, pianta amata00:06:28
9La verità in cimento, RV 739 - Act I: Mi vuoi tradir lo so00:03:41
10Motezuma, RV 723 - Act II: Quel rossor che in volto miri00:08:08
11Nitocri - Act I: Anche un misero arboscello00:04:58
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Böse Buben, schöne Töne
Ein Genuss: Max Emanuel Cencic und Xavier Sabata

Hohe Männerstimmen haben Konjunktur, fast wie in der Barockzeit. Mit Genuss lässt sich das Phänomen feiner Countertenöre jetzt an gleich zwei Neuerscheinungen bewundern. Der Spanier Xavier Sabata nimmt sich Händels Bösewichte vor; der Österreicher Max Emanuel Cencic widmet sich der Musikmetropole Venedig (Virgin Classics 46454352, im Vertrieb der EMI). Beide Male begleitet das Epochenorchester "Il Pomo d'Oro" unter Leitung des römischen Violinvirtuosen Riccardo Minasi. Das lichte Timbre und die zupackende, tänzerische Rhythmik des klein besetzten Orchesters ist deswegen beiden Aufnahmen zu eigen.

Cencic intoniert bei seiner Liebeserklärung den weh-wilden Lagunensound der Bravourarien von Antonio Vivaldi oder die himmlischen Längen seines hochsensiblen Namensvetters Caldara mit weitem Atem und Innigkeit. Besonders Albinonis ziselierter Dialog von Cello und Stimme - "Pianta bella, pianta amata" - gewährt sechseinhalb Minuten getragenen Hochgenuss. Zuweilen, in den exponierten Höhen, hat Cencic, der seine Laufbahn als Wiener Sängerknabe begann und deshalb auf hörbar feine Technikschulung zurückgreifen kann, einen etwas schrillen Klang. Doch das wird mehr als ausgeglichen allein durch die Ausgrabungen anderswo wenig bis gar nicht gespielter Komponisten.

Geminiano Giacomelli aus Piacenza, der 1740 als Kirchenkapellmeister in Loreto starb, ist heute kaum mehr bekannt. Doch muss man nur das atemraubende, wie im Fackelschein der Verzweiflung sich hinschleppende "Sposa, non mi conosci" hören, um zu begreifen, warum Antonio Vivaldi sich bei seinem Kollegen reichlich mit "Borrowings" - also kurzerhand übernommenen Bravourstücken - bediente.

Über Giuseppe Sellitto, der seine "Nitocre" wie so viele Neapolitaner 1733 an einem venezianischen Opernhaus herausbrachte, weiß man so gut wie nichts. Und wird auch durch das kursorische Booklet nicht merklich schlauer. Musikalisch hingegen macht diese edle Platte deutlich, dass sich die Lokalstile mit Aufkommen der Opernkonkurrenz am Golf von Neapel und den Kardinalshöfen in Rom mehr und mehr zu einem galanten Stil in ganz Italien vermischten.

Mit solchem Feinsinn konnte der robuste Auswanderer Händel, der sich gegen übermäßige Rokokoschnörkel zeitlebens wehrte, nicht viel anfangen. Seinem Londoner Publikum lieferte er reihenweise hochdramatische Bösewichte, die in einer Seria-Oper die Handlung erst richtig befeuern. Keine üble Album-Idee also, sich auf diese Fieslinge mit so netten Namen wie Polinesso, Adalberto oder Dardano zu konzentrieren. Man muss sich deren gesungenen Sadismus freilich nicht realistisch oder gar brüllend vorstellen - die Barockoper blieb allzeit ein edles Theater der Affekte, die in herrlichsten Melodien zu Kunst sublimiert werden.

Ein diktatorischer Gefühlsausbruch wie "Voglio stragi" ("Ich will Massenmord") aus der Oper "Teseo" gerät deshalb zu einem dynamischen Ausdruck kriegerischer Wut, der genauso von einem tugendhaften Heldenkastraten hätte gesungen werden können. Ob sich eine von Sabatas herrlich tänzelnden, mal drängenden, mal atemlosen Staccato-Linien als Quälerei, Selbstzweifel oder gar Siegestriumph äußert, lässt sich der Harmonie nicht anhören und war in den Libretti ohnehin situationsabhängig.

Auch die "Bad Guys" hatten damals also ein Anrecht auf schöne Musik. Besonders gelungene Stellen wurden vom Großkompositeur Händel auch schon mal von bösen Buben zu guten Mädeln verschoben (und andersherum), denn die Ästhetik stand jenseits der Moral. Weiß man zudem, dass der feinsinnig virtuose Xavier Sabata im Alltag die Liebenswürdigkeit selbst ist, so darf man über sein optisches Styling auf dem Cover zum cholerischen Opernfiesling mit Mörderblick und geschwollenen Stirnadern gerne lächeln. Alles an dieser Gesangskunst ist eben Rollenspiel.

Bei "Se l'inganno" - der sinistersten Arie des hinterhältigen Polinesso, der seinen Widersacher Ariodante mit Intrigen in den Wahnsinn treibt - zeichnet das treppab laufende Kichern des Sängers einen selbstverliebten Commedia-Bösewicht, dessen Maske das Publikum nach Herzenslust und bei großem Ohrenschmaus verachten durfte. Solchen volltönenden Schurken, denen am Ende auch fast immer großmütig vergeben wurde, kann man einfach nichts übelnehmen.

DIRK SCHÜMER

"Bad Guys". Arien von Georg Friedrich Händel. Xavier Sabata, Il Pomo d'Oro, Riccardo Minasi.

Aparte AP048 (harmonia mundi)

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