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Trackliste
CD
1"E strano!" - "Ah, fors'è lui" (ERSTER AKT)00:04:55
2Sempre libera (ERSTER AKT)00:03:39
3Ah! Se una volta sola (2. Szene: ZWEITER AKT)00:05:38
4Ah, non credea mirarti (2. Szene: ZWEITER AKT)00:04:47
5Ah! non giunge uman pensiero (2. Szene: ZWEITER AKT)00:02:41
6O rendetemi le speme...Qui la voce (Act 2)00:04:36
7Ah! tu sorridi (Act 2)00:04:02
8Vien, diletto, è in ciel la luna (Act 2)00:02:57
9"O giusto cielo!" Act 2 (ZWEITER AKT)00:03:18
10Oihmè! Sorge il tremendo (ZWEITER AKT)00:03:15
11"Ardon gli incensi..." Act 2 (ZWEITER AKT)00:05:03
12"Spargi d'amaro pianto" Act 2 (ZWEITER AKT)00:03:37
13Era più calmo? (VIERTER AKT)00:05:00
14"Piangea cantando nell'erma landa..." (VIERTER AKT)00:07:04
15Ave Maria, piena di grazia (VIERTER AKT)00:05:17
16"O mio babbino caro" (italienisch)00:02:51
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.08.2004

Nie war Oper so schön wie heute

Kurz vor den Sieben-Uhr-Nachrichten, zwischen dem zuverlässigen Mittel gegen schmerzende Waden und dem Fruchtjoghurt zur Stärkung der Abwehrkräfte, taucht für ein paar Sekunden die glutäugige Sopranistin Anna Netrebko auf dem Bildschirm auf, räkelt sich lüstern, als wäre es kurz nach Mitternacht, und singt dazu zwei Takte aus der Arie der Lauretta aus Puccinis "Gianni Schicchi", was eine Männerstimme genießerisch murmelnd dahin gehend kommentiert, noch nie sei Oper so schön gewesen wie heute. Daß eine populäre Melodie in der Fernsehwerbung Verwendung findet, um den Umsatz des Genußmittels Musik anzukurbeln - statt den von Pizza oder Parfum -, ist allerdings eine beunruhigende Neuigkeit. Man fragt sich, ob sie es schon so nötig hat und wo die Zielgruppe sitzt. Sicher nicht in den ohnehin bestens besuchten konzertanten Aufführungen von Prokofjews Breitwandopernschinken "Krieg und Frieden", die von Anna Netrebko dieser Tage in der Salzburger Felsenreitschule lyrisch veredelt wurden. Bis aber aus "der Netrebko" ein Markenname geworden ist, Musik in den Ohren jedweden Konzertveranstalters wie "la Bartoli", ist es noch ein weiter Weg. Ihre Plattenfirma pflastert ihn mit wichtigen Mitteilungen: Netrebko werde seit dem letzten Wiener Opernball von der Modefirma XY eingekleidet und "lang erwartet" demnächst bei Gottschalk auftreten. Zwischen all ihren Modelaktivitäten hat die Sängerin nun Zeit gefunden, mit dem Mahler Chamber Orchestra und Claudio Abbado ihr zweites Album einzuspielen unter dem aus Verdis "Traviata" entlehnten Titel "Sempre libera" (DG Grammophon 002894748002, im Vertrieb von Universal). Besagter Pizza-Arien-Schnipsel aus "Gianni Schicchi" ist natürlich darauf enthalten, dazu unzerstückte "Szena ed Aria"-Folgen des großen Belcanto-Repertoires, wobei teils erstklassige Kollegen mit von der (Neben-)Partie sind. So seelenvolle Stichwörter, wie sie Sara Mingardo in der Rolle der Kammerfrau Emilia gibt, hat Desdemona für ihr Weidenlied im vierten Akt von Verdis "Otello" wirklich verdient. Zärtlich von ferne verströmt der Tenor Saimir Pirgu sein "Misterioso" im ersten Akt "Traviata", Nicola Ulivieri (Bariton) und Andrea Concetti (Baß) rufen ihr "Oh Dio!" angesichts der geistiger Umnachtung anheimgefallenen Elvira im zweiten Akt von Bellinis "Puritanern" mit bebender Betroffenheit. Und zur Begleitung der Wahnsinnsarie aus "Lucia di Lammermoor" hat Abbado, der für bewundernswürdig transparentes Akkompagnement sorgt, sogar die von Donizetti ursprünglich vorgesehene Glasharmonika herbeischaffen lassen. Denkt man sich also das der Übermacht des Pop geschuldete Pin-up-Design der Verpackung einfach weg, dann handelt es sich bei dieser Compact-Disc um ein mit aller Besonnenheit und Sorgfalt produziertes Konzeptalbum. Netrebko spielt die weiße Frau: Sie singt Arien von den Rändern des Abgrunds - von Wahnsinnigen, Ausgegrenzten, Opfern. Sie tut dies mit der ganzen kerngesunden Beweglichkeit und Fülle ihres Organs und jenem leicht gutturalen Glanz, der diese Stimme bereits unverwechselbar gemacht hat, der eines Tages vielleicht als Zeichen für Persönlichkeit genommen wird und diese außergewöhnliche Stimmbandbesitzerin ganz und gar befreien kann von der Fessel des Marktes.

ELEONORE BÜNING

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