Die Poesie des immateriellen Seins
Der Autor und Regisseur wissenschaftlicher Filmberichte Joachim Faulstich führt den Leser in einen Seinsbereich, den er poetisch das "Innere Land" nennt, obwohl dies weder eine "irdische Landschaft" bezeichnet noch absolut "innen" zu lokalisieren ist. Er stützt
diese Führung auf Erzählungen zahlloser Schamanen und auf Berichte vieler Menschen mit Außerkörper-…mehrDie Poesie des immateriellen Seins
Der Autor und Regisseur wissenschaftlicher Filmberichte Joachim Faulstich führt den Leser in einen Seinsbereich, den er poetisch das "Innere Land" nennt, obwohl dies weder eine "irdische Landschaft" bezeichnet noch absolut "innen" zu lokalisieren ist. Er stützt diese Führung auf Erzählungen zahlloser Schamanen und auf Berichte vieler Menschen mit Außerkörper- und Sterbensnäheerfahrungen, die einvernehmlich (wenn auch in verschiedenen Wörtern und Deutungsweisen) bezeugen, dass mindestens noch ein weiterer Seinsbereich zu erfahren sei, der dem gewohnten körperlichen Dasein unerschlossen bleibt und als unmöglich gilt. Die Führung des Lesers in diesen Seinsbereich ist faszinierend und spannend, und Faulstich gebührt großes Lob für die anschauliche Erfahrbarmachung des gemeinhin Unerfahrenen und Unerfahrbaren.
Problematisch aber bleibt die Untiefe des Dargestellten, und zwar insofern, als es sprachlich eher scheinwissenschaftlich und nicht angemessen gereicht wird. Die grundsätzlich körperliche Weltdeutung des Autoren wird trotz der Ausflüge in die Nichtkörperlichkeit nicht überwunden. So wird etwa gesagt, die außerhalb des Körpers reisende Seele "sehe" oder "höre", so als vernehme sie über die Sinne, die doch körperlich sind. Das zeigt, dass dem Autoren ein Dabeisein der Seele bei dem Erlebten nicht anders erschlossen ist als letztlich doch wieder nur körperlich. Auch wird der räumliche Dualismus "innen - außen" nicht als in der körperlichen Weltdeutung gründend herausgestellt, sondern als eine Art "Wahrheit" geltend gelassen. Dass eine nicht relativierte Innen-Vorstellung den als eigen erachteten Körper zu einer Teilwahrheit erhebt, der das vorgestellte Außen als vielgestalte andere Restwahrheit gegenübersteht, mithin die eine Wahrheit zerstückelt, bleibt unerörtert. Die Konsequenz daraus, nämlich das Sein als wahrhaftig zersplittert zu deuten, ist der Grund dafür, dass das eine unendliche Leben auf das je eigene Sein im bewegten Körper begrenzt wird. So wird das Sein jenseits dieses Deutens unbemerkt verzerrt und erscheint als "der Tod", auf den alle Angst des Menschen ausgelotet wird. Wenn der Tod aber als die ganze Leblosigkeit gedacht wird, die Seele aber auch außerhalb des Körpers lebt, dann ist sie doch kaum 'tot' zu nennen, nur weil sie den Körper verließ. Wieso oder wozu aber jenen Seinsbereich ihrer, in dem sie außerhalb des Körpers weilt oder reist, dann als den 'Tod' bezeichnen? Der Autor stellt also nicht "Bewusstseinsreisen zwischen Leben und Tod" (so der Untertitel) dar, sondern Aufenthalte oder Anwesenheiten der Seele zwischen körpergebundenen und nichtkörpergebundenen Seinsebenen. Statt die darin aufblühende Irrelevanz des körperlichen Sterbens zu verdeutlichen, um den Tod als Deutungsschatten der körperlichen Weltdeutung zu erklären und dem Irrglauben des Todes den Stachel der Angst zu nehmen, wird "der Tod" wie eine endgültige Grenze gehandelt, der lediglich zeiträumlich zuvor gewisse Abstriche für exklusive "Bewusstseinsreisen" gemacht werden. Hier bleibt noch viel zu sagendes Gutes ungesagt!