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Der Alltag: voller Wunder und Zumutungen. Die Welt: ein Ort, der noch zu entdecken ist. In seinem neuen Buch, einem persönlichen Tagebuch zur Zeitgeschichte, nimmt uns Karl-Markus Gauß mit in eine literarische Schule des Staunens. Vom Mai 2011 bis ins Frühjahr 2013 ist der Bogen dieser Gegenschrift zum Zeitgeist gespannt. Die erzählerischen Miniaturen, philosophischen Anmerkungen, historischen Anekdoten, die literarischen Porträts, politischen Widerreden und autobiografischen Entwürfe führen den Autor jedoch weit über diese Zeit hinaus. Ein mitreißendes Dokument geistiger Unabhängigkeit und schöpferischen Eigensinns.…mehr

Produktbeschreibung
Der Alltag: voller Wunder und Zumutungen. Die Welt: ein Ort, der noch zu entdecken ist. In seinem neuen Buch, einem persönlichen Tagebuch zur Zeitgeschichte, nimmt uns Karl-Markus Gauß mit in eine literarische Schule des Staunens. Vom Mai 2011 bis ins Frühjahr 2013 ist der Bogen dieser Gegenschrift zum Zeitgeist gespannt. Die erzählerischen Miniaturen, philosophischen Anmerkungen, historischen Anekdoten, die literarischen Porträts, politischen Widerreden und autobiografischen Entwürfe führen den Autor jedoch weit über diese Zeit hinaus. Ein mitreißendes Dokument geistiger Unabhängigkeit und schöpferischen Eigensinns.
Autorenporträt
Karl-Markus Gauß, geboren 1954 in Salzburg, wo er auch heute lebt. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt und oftmals ausgezeichnet, darunter mit dem Prix Charles Veillon (1997), dem Johann-Heinrich-Merck-Preis (2010) und dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung (2022). Bei Zsolnay erschienen zuletzt Abenteuerliche Reise durch mein Zimmer (2019), Die unaufhörliche Wanderung (2020) und Die Jahreszeiten der Ewigkeit (2022).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Den Buchtitel hält Christoph Bartmann nicht gerade für bescheiden, erinnert er den Kritker doch an James Joyces Jahrhundertroman "Ulysses". Statt um einen Tag in Dublin gehe es hier allerdings um zwei Jahre in Salzburg. Auch Paul Valérys "Cahiers" kommen dem Rezensenten in den Sinn, er hält sie genauso wie Gauß' Buch für eine "intellektuelle Arbeit an der Gegenwart". Überraschen kann Bartmann nur wenig von dieser Welt- und Zeitanalyse, trotzdem kann er ihr etwas abgewinnen. Um Geistespraktiken wie das "Sinnen" drehe es sich darin, das für Gauß dem Verschwinden von Erinnerungen entgegenwirken könne. Die Überlegungen über dieses und jenes würden auch vor Trivialem nicht Halt machen, stellt Bartmann fest, und seien immer besonders dort lohnend, wo "der Autor die Fragen stellt, die ihn umtreiben, und nicht mit der Abwehr des verbleibenden Rests beschäftigt ist".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.12.2015

Die Kunst, bei laufendem Fernseher durch das eigene Zimmer zu reisen
In seinem neuen Buch spürt der Essayist Karl-Markus Gauß allem nach, was verschwindet – ohne sich dabei selbst zu verlieren
„Der Alltag der Welt“, das ist kein bescheidener Titel für ein Buch. Den „Welt-Alltag der Epoche“ hat Hermann Broch Joyces „Ulysses“ genannt, und darin wird immerhin in einem Tag die Welt umrundet, ohne dass Dublin dafür verlassen würde. In Karl-Markus Gauß’ Versuchsanordnung dauert der Alltag der Welt zwei Jahre, und zwar vom 57. Geburtstag im Mai 2011 bis zum 59. im Mai 2013. Sein Dublin heißt Salzburg, das er zwar für Reisen gelegentlich verlässt, an dem er aber hängt oder klebt, mehr noch als an der Stadt an seiner Wohnung oder auch nur dem Zimmer, von dem aus er die Welt beobachtet.
  Eines der noch zu schreibenden Bücher, deren Titel der Autor in einem Notizbuch festhält, heißt „Abenteuerliche Reise durch meine Wohnung in 24 Tagen“, und weil Gauß ein Literat und Leser ist, weiß er natürlich, dass die Zimmerreise ein literarisches Genre ist. Er kann sogar den Autor eines im späten 19. Jahrhundert erschienenen Buches namens „Voyage dans ma chambre“ nennen. Leute wie dieser S. de Houay aus Rouen erkannten, meint Gauß, „dass all die kleinen Dinge seines Lebens mit der großen Geschichte zusammenhängen: Siehe, mit jedem unscheinbaren Ding kommt eine ganze Welt ins Haus herein.“
  Gauß hat in den vergangenen Jahren einige Journalbücher veröffentlicht. Diesmal fehlt die Gattungsbezeichnung. Natürlich ist dies immer noch ein Journal, aber die Ambition geht darüber hinaus. Hier wird nicht nur chronologisch auf- und mitgeschrieben. Die Notizen sind nach großen Themen („Vom Verschwinden“, „Die Apokalypse“)geordnet und durch Zwischenstücke und Fortsetzungserzählungen strukturiert. Der Alltag der Welt unterliegt einem Gestaltungswillen, der vom Journalistischen ins Literarische strebt. Es geht ums Weltganze, wie es einem schreibenden, denkenden, lesenden Ich entgegenkommt, das in seinem Zimmer sitzt und seine Wahrnehmung auf Empfang gestellt hat.
  Viel ist in diesem Buch von Paul Valéry und den „Cahiers“ die Rede, die er Jahrzehnte lang in den frühen Morgenstunden verfasste. Vielleicht haben wir es hier mit den „Cahiers“ von Gauß zu tun, einer intellektuellen Arbeit an der Gegenwart , ja vielleicht sogar an der „geistigen Situation der Zeit“. An Valéry fällt Gauß auf, wie oft bei ihm vom „Geist“ die Rede war. So war das, in einer anderen Epoche, deren Helden – Jaspers, Valéry, Ortega y Gasset – man fast vergessen hat. Mit Geist ist in der Gegenwart nicht viel zu gewinnen, eher mit Intelligenz, nicht nur mit künstlicher, sondern, immer noch, mit der humanen Intelligenz des Gegenwartsbeobachters. Sie lehrt wenig Erfreuliches über die Gegenwart. Die neuen Medien, der Neoliberalismus, die Unwirtlichkeit unserer Städte (etwa am Münchner Ostbahnhof), die Ignoranz der Politiker – das alles wird hier gegeißelt.
  Gauß’ Diagnostik liefert viel, dem man zustimmen kann, aber wenig Überraschendes. Seine Stärke und die Stärke seines Buches liegen anderswo. „Was hast Du nur immer mit dem Verschwinden!“, ruft er sich einmal zu. „Es ist eine fixe Idee von Dir, dieses Verschwinden, die Angst, die Dinge würden verloren gehen für immer, und mit ihnen eine ganze Welt.“ Gegen andere Geistespraktiken postuliert er das „Sinnen“ als eine Art von mobilem Denken, als ein Raum-Fühlen, das ganz ohne neue Medien zur Navigation imstande ist. Wer lange und ausdauernd sinnt, dem öffnet sich die Tür zu einer Vergangenheit, die immer auch nur geträumt sein könnte.
  Aber nicht die Vergangenheit ist Gauß’ fixe Idee, sondern das Verschwinden, also die Spuren, Relikte oder Reliquien, das Übriggebliebene, jedenfalls das, was eine Geschichte hat. Die bettelnden Roma in Salzburg etwa laden zum „Sinnen“ ein, das neueste Smartphone tut es nicht. Gauß’ Journal ist immer dann besonders lesenswert, wenn der Autor die Fragen stellt, die ihn umtreiben, und nicht mit der Abwehr des verbleibenden Rests beschäftigt ist.
  Zum Beispiel sinnt Gauß einmal klug über Bildungsgenerationen und –privilegien nach. Was hat es bedeutet, in seiner Generation aufs Gymnasium zu gehen und eine Zukunft zu haben, die sich unterscheiden sollte von dem, was sich die Eltern als Zukunft erträumt hatten: Und wie sieht das eine oder zwei Generationen später aus? Er vermeidet abschließende Antworten, aber er misst bedächtig das Problemgelände aus. Vom Verschwinden zu handeln, schließt die Verschwundenen mit ein, denen Gauß einfühlsame Porträts widmet. Wann haben wir zuletzt etwas über Hans Weigel gelesen, oder über Jean Améry? Gauß ruft solche Figuren nicht lediglich in Erinnerung; sie sind ihm gegenwartswichtig, so wie die Literatur überhaupt, mit der er als Autor, Kritiker und Herausgeber einer Zeitschrift unablässig zu tun hat.
  Ihn interessiert auch Valérys „Geist“ nicht aus literaturhistorischer Perspektive, sondern als reale, wenn auch unwahrscheinliche Option für heute. Liest man Gauß, kann man glauben, das sogenannte Geistige sei gar nicht verschwunden, sondern immer noch da, wenn auch nur für diejenigen, die sich still genug verhalten, es wahrzunehmen.
  Auf den Geist, bemerkt Gauß, berufen sich, weil der Begriff so vielsagend ist, auch alle möglichen Schwätzer und Schwadroneure. Eine Weise, den Geist zu verfehlen, sind übertriebene Feierlichkeit und falsches Pathos. Wohl auch deshalb scheut Gauß in seinem Journal keine Begegnung mit dem Trivialen. So räumt er en passant ein, schon mal nachmittags den Fernseher anzuschalten. Auch dem Blöden und Banalen öffnet der Schreiber bereitwillig die Tür, wie sonst könnte man sie öffnen für die ganze Welt? Sehr schön etwa sein Vorschlag, neben Nacktscannern und klassischen Sicherheitsschleusen optional den zeitsparenden Nacktflug ins Programm zu nehmen, zum Sondertarif natürlich. Vom neuen Nackflugprogramm zu Paul Valéry und wieder zurück: das und noch viel mehr ist der Alltag der Welt, nach Karl-Markus Gauß.
CHRISTOPH BARTMANN
Auch dem Blöden und Banalen
öffnet der Schreiber seine Tür
Karl-Markus Gauß: Der Alltag der Welt. Zwei Jahre, und viele mehr. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2015. 336 Seiten, 22,90 Euro. E-Book 16,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.02.2016

Keine Träne für Thatcher

Das Verschwinden des Schreibmaschinenklapperns aus den Büros; die erst nach mehr als 350 Jahren im Druck erschienenen Reiseberichte eines jungen oberösterreichischen Adligen, der wohl als erster Alpenbewohner den Pazifik überquerte - was immer Karl-Markus Gauß zwischen den Jahren 2011 und 2013 besonders beeindruckt hat, was ihm ansonsten durch den Kopf gerauscht ist, stellt er in liebenswert-kauzigem, ungeniert mit Austriazismen gewürztem Plauderton vor. "Der Alltag der Welt" heißt das Büchlein - als Österreicher würde man hier sagen: "No, na ned!" In dieser Chronik, in der Gauß "gegen das Chronikalische" verstoßen will, "weil ich kein chronikalisches Leben führe", ist erstaunlich oft vom Tod die Rede. Nahe Verwandte, entfernte Freunde, verehrte Schriftsteller werden erwähnt, freilich auch der Tod von Margaret Thatcher. Ihr weint Gauß keine Träne nach. Anderen schon. Jean Améry bestand auf dem Wort "Freitod" statt "Selbstmord", über Stefan Zweigs mit seiner Frau verübten Suizid schüttelten ehemalige Freunde den Kopf - hätte er nicht noch ein paar Jahre durchhalten mögen? Diesen Vorwurf kreidet Gauß besonders streng an. Dazwischen immer wieder Florilegien des Seltsamen: Ob öffentliche Nacktheit (gratis Einkaufen, wenn man hüllenlos zur Supermarkteröffnung erscheint) oder atheistische Pastoren der dänischen Kirche, alles fließt ein in das charmante Sammelsurium. Vielleicht dieses noch: Eines Tages muss der Notierende, der stets für die Bettler und gegen die Bettelverbote in seiner Heimatstadt Salzburg eintritt, sich von einem jungen, wie er betont, hübschen schwarzhaarigen Bettelbuben als "Nazi, Nazi" beschimpfen und in einem darauf folgenden Anstarr-Duell weiter demütigen lassen. Wie peinlich ihm das war und ob es wohl jemand als Augenzeuge mitbekommen habe? Keine Angst, nun wissen es ja alle Leser.

lhotz.

Karl-Markus Gauß: "Der Alltag der Welt". Zwei Jahre, und viele mehr.

Paul Zsolnay Verlag, Wien 2015.

335 S., geb., 23,60 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Gauß könnte über umgefallene Streichholzschachteln schreiben, und es wäre bereichernd." Peter Pisa, Kurier, 22.08.15

"Jenseits von Moden und Trends schreibt Gauß an seiner Chronik der Welt- und Selbstbeobachtung - mit erfrischender Treffsicherheit, immer wieder unterlegt mit Ironie oder auch polemisch zugespitzt." Kristina Pfoser, Ö1, 24.08.15

"Ein Kompendium gepflegter Zeitkritik." Günter Kaindlstorfer, WDR5, 11.10.15

"Eine unbekümmert anmutende Mischung aus zeitgeschichtlichem Kommentar, satirischen Zuspitzungen, literarischen Porträts, Medienkritik, Philosophie, kulturhistorischen Exkursen, poetologischen Reflexionen und autobiografischer Erzählung." Gerhard Melzer, Neue Zürcher Zeitung, 20.10.15

"Ein Textgeflecht der Sonderklasse, das die intellektuelle Anregung zum Lesevergnügen macht." Christian Schacherreiter, Oberösterreichische Nachrichten, 21.10.15

"Gauß' Sätze, seine hellsichtigen Betrachtungen zur Zeit, sein wunderbar durchkomponiertes Zweifeln an dem, was man den "common sense" nennen könnte, sind ein Geschenk." Joachim Leitner, Tiroler Tageszeitung, 13.11.2015

"Eine radikale, streitbare Gegenschrift zum Zeitgeist." Rainer Kasselt, Sächsische Zeitung, 09.06.16