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Erwin Quedenfeldt (1869-1948) war der große Landschaftsfotograf des Niederrheins vor dem Ersten Weltkrieg. In zahllosen Aufnahmen hielt er zwischen 1904 und 1915 Stadt und Dorfansichten, Straßenzüge und Marktplätze, typische Häuser und Baudenkmäler in fast allen größeren Gemeinden fest. Die Bilder des promovierten Chemikers zeigen eine Landschaft ohne Autos und Strommasten, ohne Bahnhöfe und Fabriken. Vor allem aber machen sie das Ausmaß der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs deutlich: Die Straßen und Plätze, die Quedenfeldt enzyklopädisch porträtierte, erinnern mit ihren spitzen Giebeln,…mehr

Produktbeschreibung
Erwin Quedenfeldt (1869-1948) war der große Landschaftsfotograf des Niederrheins vor dem Ersten Weltkrieg. In zahllosen Aufnahmen hielt er zwischen 1904 und 1915 Stadt und Dorfansichten, Straßenzüge und Marktplätze, typische Häuser und Baudenkmäler in fast allen größeren Gemeinden fest. Die Bilder des promovierten Chemikers zeigen eine Landschaft ohne Autos und Strommasten, ohne Bahnhöfe und Fabriken. Vor allem aber machen sie das Ausmaß der Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs deutlich: Die Straßen und Plätze, die Quedenfeldt enzyklopädisch porträtierte, erinnern mit ihren spitzen Giebeln, Kirchtürmen und Backsteinfassaden eher an Jan Vermeers Ansicht von Delft als an die heutigen funktionalen Städte. So setzt dieser Band, der Quedenfeldts Bilder erstmals in größerer Anzahl und einem unvergleichlichen Panorama vereint, zugleich dem Fotografen wie auch der untergegangenen Welt des alten Niederrheins ein Denkmal.
Autorenporträt
Drafz, Helge
Helge Drafz (geb. 1962) ist Historiker und arbeitet seit über 30 Jahren als Autor und Journalist vor allem für den WDR. Mit Vorliebe beschäftigt er sich mit Themen aus den Bereichen Städtebau, Architektur, Kulturgeschichte und Fotografie.

Matz, Reinhard
Reinhard Matz (geb. 1952) arbeitet als freier Fotograf und Autor. Zusammen mit Wolfgang Vollmer verfasste er Köln vor dem Krieg, Köln und der Krieg sowie Köln nach dem Krieg (Greven Verlag Köln).

Siebert, Irmgard
Dr. Irmgard Siebert (geb. 1955) hat als Direktorin der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf (2000-2017) zahlreiche Publikationen zu bibliotheks-politischen und -historischen sowie Kulturgeschichtlichen Themen verfasst.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.04.2019

Und nirgendwo ein Mensch

Zons an einem Sonn- und Sonnentag ist ein Stück vom Mittelalter, durchsetzt von erfahrener Gastronomie, eingehegt von resolut beschilderten und weit besetzten Parkplatzauen nahe dem Rhein. Die Zollfeste von einst ist Fausts österlicher Ausflugs- und Geselligkeitsparcours aus "Vor dem Tor", geschmückte Menschen inbegriffen. Zons vor hundert Jahren ist das vedutenhaft getreue Foto-Inventar des Landstrichs zwischen Köln und Neuss. Was vorherrscht, sind die Spuren menschlicher Besitznahme des Landes, was meistens fehlt, ist ebenjener Mensch. Selbst das "Gasthaus zum goldenen Stern" steht entvölkert in der Gasse wie aus alter Zeit, als es noch "Hauderei" war, kein Zitat aus "Schwager Kronos", 1774 ("Ekles Schwindeln zögert / Mir vor die Stirne dein Haudern"), vielmehr ein gutgenutzter Droschkendienst für Fracht. Und dass es durchaus Straßenbahnen gibt, verraten bloß die Oberleitungen und leeren Schienen. Ausnahmen, wie der bevölkerte Marktplatz von Kempten, bleiben ebendas: Ausnahmen. Als Schatzhaus des Apollon, also des Gottes des Lichtes, entpuppt sich "die bis heute umfassendste Dokumentation historischer Stadtbilder dieses Landstrichs", des Niederrheins um Neuss und Nimwegen, als Habitat für herrenlose Hunde. Doppeldeutig "aufgenommen", nämlich fotografisch wie katastermäßig, hat die alten Fotos Erwin Quedenfeldt, ein junger promovierter Chemiker, Abiturient in Duisburg, Doktorand in Kiel, ein Photochemiker in Theorie und Praxis, verdienstvoller Erfinder von Lampensockeln mit Gewinde und gepresstem Blitzpulver, und fotografischer Flaneur vom Niederrhein, Bildregistrator von Türmchen und Treppengiebeln im flachen umgebenden Bruchland. An die zweitausend fotografische Momentaufnahmen hat er zwischen den Jahren 1904 und 1915 zusammengetragen, und wenn die einzelnen großformatigen Schwarzweißbelege auch nicht immer Sternstunden der Lichtbildnerei dokumentieren, so beeindrucken sie doch durch ihre Fülle und Dichte. Dreihundertfünfunddreißig Bilddokumente haben die Bearbeiter Helge Drafz, Reinhard Matz und Irmgard Siebert für diesen prachtvollen Band in gelbem Leinen-Schmuck ausgewählt; entstanden ist dabei kein Beitrag zum täglichen Leben der Zeit, eher ein bauliches Verzeichnis der Region aus Straßenzügen, Winkeln, Herrensitzen - auch noch für den heutigen Besucher und Betrachter. Quedenfeldts Streben zielte darauf ab, die Profanarchitektur zu adeln, die Sinnhaftigkeit ihrer Pflege durch Nachweis ihrer Schönheit zu befördern. Der Krieg erschien ihm da als Kontrapunkt. Vielen Dichtern und Autoren ähnlich, wandte er sich nach dem ersten Kriegsjahr ab von der Dokumentarfotografie und experimentierte fortan mit der nicht-mimetischen, abstrakten Fotokunst.

mbe

"Am Niederrhein. Fotografien von Erwin Quedenfeldt vor dem Ersten Weltkrieg" von Helge Drafz, Reinhard Matz, Irmgard Siebert, herausgegeben von Irmgard Siebert. Greven Verlag, Köln 2018. 296 Seiten, 335 Abbildungen. Gebunden, 40 Euro.

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