In seinem neuen Buch begibt sich Cees Nooteboom – wieder – auf Reisen. Es sind Schiffsreisen, die er unternimmt, und schnell wird der Leser merken: Wer mit dem Schiff reist, reist anders. Die Langsamkeit des Schiffs überträgt sich auf die Wahrnehmung des Reisenden und führt zu einer ganz eigenen Art der Aufzeichnung. Nooteboom, der in den späten fünfziger Jahren als Leichtmatrose auf einer Fahrt in die Karibik anheuerte und seitdem Reiseberichte zu einer angesehenen literarischen Gattung entfaltet hat, nimmt den Leser in seinem neuen Buch mit auf Fahrt in zahlreiche reale, aber natürlich auch literarische und philosophische Gegenden unserer Welt. Es geht von Mauritius und Réunion nach Südafrika, über Kap Horn nach Montevideo und über Argentinien bis nach Bolivien. Andere Reisen führen ihn in die nördlichste und in die südlichste Stadt auf der Erde, nach Indien und nach Australien. Dieses mit zahlreichen Fotos von Simone Sassen ausgestattete "Schiffstagebuch" läßt den Leser die Welt mit den Augen von Cees Nooteboom sehen – seine Reiseberichte zeugen von Erfahrung und Neugier, und sie führen uns an Orte, die wir so nie sehen würden.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.08.2012Die Moral
des Reisens
Es ist gleichermaßen angenehm und anstrengend, mit Cees Nooteboom zu verreisen. So beschaulich eine Schiffsreise beginnt, so penetrant grüblerisch wird sie schon nach wenigen Seemeilen. Oft ist es das Absurde, das sich Nooteboom in der Betrachtung, im Augenblick des Genießens, selber schafft, um sich der Sache nicht ganz so sicher zu sein, um sich ein bisschen zu quälen und damit den Augenblick, den Sinneseindruck noch intensiver zu genießen. Während er der Stille lauscht und die Landschaft betrachtet, überlegt er, ob diese Landschaft wirklich so leer sei, wie er sie sieht, und die Stille wirklich so still, wie er sie wahrnimmt.
Es folgt ein zunächst beiläufiger, dann intensiver werdender Diskurs über die Wahrnehmung – die ganz persönliche und das Phänomen als solches. Und aus dem nie Gesehenen und nur Erdachten stellt er eine Moral des Reisens auf: wie man sich zu bewegen habe, wenn man das, was man nicht erlebt, doch auch berücksichtigen will, weil es ja zum Erlebten dazu gehört. Die Natur als „Lieferantin von Pathos und Unheil“ ist ihm zu wenig, aber genug, um sie tiefgründiger erfahren zu wollen, als sie sich zeigen will.HELMUT MAURÓ
Cees Nooteboom: Schiffstagebuch. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 285 Seiten, 11,40 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
des Reisens
Es ist gleichermaßen angenehm und anstrengend, mit Cees Nooteboom zu verreisen. So beschaulich eine Schiffsreise beginnt, so penetrant grüblerisch wird sie schon nach wenigen Seemeilen. Oft ist es das Absurde, das sich Nooteboom in der Betrachtung, im Augenblick des Genießens, selber schafft, um sich der Sache nicht ganz so sicher zu sein, um sich ein bisschen zu quälen und damit den Augenblick, den Sinneseindruck noch intensiver zu genießen. Während er der Stille lauscht und die Landschaft betrachtet, überlegt er, ob diese Landschaft wirklich so leer sei, wie er sie sieht, und die Stille wirklich so still, wie er sie wahrnimmt.
Es folgt ein zunächst beiläufiger, dann intensiver werdender Diskurs über die Wahrnehmung – die ganz persönliche und das Phänomen als solches. Und aus dem nie Gesehenen und nur Erdachten stellt er eine Moral des Reisens auf: wie man sich zu bewegen habe, wenn man das, was man nicht erlebt, doch auch berücksichtigen will, weil es ja zum Erlebten dazu gehört. Die Natur als „Lieferantin von Pathos und Unheil“ ist ihm zu wenig, aber genug, um sie tiefgründiger erfahren zu wollen, als sie sich zeigen will.HELMUT MAURÓ
Cees Nooteboom: Schiffstagebuch. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 285 Seiten, 11,40 Euro.
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