Die Wiederauferstehung des größten Buchs des 20. Jahrhunderts
SUMO war in jeder Hinsicht ein titanisches Werk: eine 480 Seiten starke Hommage an den einflussreichsten und kontroversesten Fotografen des 20. Jahrhunderts, ein Buch, das Rekorde brach und alle Dimensionen sprengte.
Helmut Newton (1920–2004) hat einfachen oder voraussehbaren Lösungen immer ein gesundes Maß an Misstrauen entgegengebracht. SUMO war ein mutiges und beispielloses publizistisches Abenteuer – und ein unwiderstehliches Projekt. Die Idee zu dieser spektakulären Zusammenstellung von Bildern entstand in einem fruchtbaren, vertrauensvollen Dialog zwischen Fotograf und Verleger. Das Buch hatte die Dimensionen einer Privatsammlung mit einem außergewöhnlichen Seitenformat und wurde nach dem neusten Stand der Drucktechnik produziert.
Mit einem Ehrfurcht gebietenden Lebendgewicht von 35,4 Kilo inklusive Box und Einschweißung, seinem ausgefallenen Konzept und der technischen Perfektion seiner Ausführung hat das Buch Maßstäbe gesetzt. SUMO erschien mit einer limitierten Auflage von 10 000 signierten und nummerierten Exemplaren, die bald nach der Veröffentlichung ausverkauft waren und schnell ihren Wert vervielfachten.
Als Sensation auf dem Buchmarkt in aller Welt ist die Publikation heute in zahlreichen bedeutenden Sammlungen zu finden, darunter das Museum of Modern Art in New York. Das legendäre SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 der in dem Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten, brach den Rekord für das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts: Bei einer Auktion in Berlin am 6. April 2000 kam es für damals 620 000 DM unter den Hammer. SUMO setzte neue Standards für das Genre der Kunstmonografie und sicherte sich einen prominenten Platz in der Geschichte des Fotobuchs.
Diese neue Ausgabe ist die Erfüllung eines Traums. Helmut Newton wäre sicher hoch erfreut darüber, dass SUMO jetzt, ein Jahrzehnt nach seiner Erstveröffentlichung, in einem Format herausgegeben wird, das eine demokratischere Verbreitung ermöglicht und seine Kunst einem großen Publikum zugänglich macht. Die stolzen Besitzer der Neuausgabe werden nicht mit ihrem SUMO-Exemplar ringen müssen. Es wird mit einem eigens dafür entworfenen Display-Buchständer geliefert
SUMO war in jeder Hinsicht ein titanisches Werk: eine 480 Seiten starke Hommage an den einflussreichsten und kontroversesten Fotografen des 20. Jahrhunderts, ein Buch, das Rekorde brach und alle Dimensionen sprengte.
Helmut Newton (1920–2004) hat einfachen oder voraussehbaren Lösungen immer ein gesundes Maß an Misstrauen entgegengebracht. SUMO war ein mutiges und beispielloses publizistisches Abenteuer – und ein unwiderstehliches Projekt. Die Idee zu dieser spektakulären Zusammenstellung von Bildern entstand in einem fruchtbaren, vertrauensvollen Dialog zwischen Fotograf und Verleger. Das Buch hatte die Dimensionen einer Privatsammlung mit einem außergewöhnlichen Seitenformat und wurde nach dem neusten Stand der Drucktechnik produziert.
Mit einem Ehrfurcht gebietenden Lebendgewicht von 35,4 Kilo inklusive Box und Einschweißung, seinem ausgefallenen Konzept und der technischen Perfektion seiner Ausführung hat das Buch Maßstäbe gesetzt. SUMO erschien mit einer limitierten Auflage von 10 000 signierten und nummerierten Exemplaren, die bald nach der Veröffentlichung ausverkauft waren und schnell ihren Wert vervielfachten.
Als Sensation auf dem Buchmarkt in aller Welt ist die Publikation heute in zahlreichen bedeutenden Sammlungen zu finden, darunter das Museum of Modern Art in New York. Das legendäre SUMO-Exemplar Nummer eins, handsigniert von über 100 der in dem Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten, brach den Rekord für das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts: Bei einer Auktion in Berlin am 6. April 2000 kam es für damals 620 000 DM unter den Hammer. SUMO setzte neue Standards für das Genre der Kunstmonografie und sicherte sich einen prominenten Platz in der Geschichte des Fotobuchs.
Diese neue Ausgabe ist die Erfüllung eines Traums. Helmut Newton wäre sicher hoch erfreut darüber, dass SUMO jetzt, ein Jahrzehnt nach seiner Erstveröffentlichung, in einem Format herausgegeben wird, das eine demokratischere Verbreitung ermöglicht und seine Kunst einem großen Publikum zugänglich macht. Die stolzen Besitzer der Neuausgabe werden nicht mit ihrem SUMO-Exemplar ringen müssen. Es wird mit einem eigens dafür entworfenen Display-Buchständer geliefert
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.11.2009Mit den Waffen einer Frau
Vor zehn Jahren packte Benedikt Taschen das Werk Helmut Newtons ins teuerste Buch des Jahrhunderts. Zum Jubiläum gibt es eine Volksausgabe.
Sumo" war kein Buch. Es war ein Bekenntnis. Zu Helmut Newton, zur Buchbinderkunst, vielleicht auch zum Wahnsinn. Fünfzig mal siebzig Zentimeter groß, fast fünfhundert Seiten dick und fünfunddreißig Kilo schwer, hätte manches Tischlein unter dem Werk die Beine eingeknickt, weshalb der Taschen Verlag vor nunmehr zehn Jahren dem Band einen stabilen Ständer hinzugepackt hatte, entworfen von Philippe Starck. Wie bei anderen die Hausbibel aufgeschlagen auf der Anrichte liegt, konnte man so das Buch als Objektkunst in die Wohnung stellen: täglich eine neue Seite aus Newtons Universum der Nackten und Schönen und Prominenten vor Augen - stets im Meditationsformat. Die Auflage von zehntausend Exemplaren war schnell verkauft. Dann entschwand "Sumo" in die Sphäre der Legende und taucht regelmäßig nur noch im Angebot von Ebay auf.
Nun gibt es den Band, von dem der Verlag sagt, es sei die teuerste Buchproduktion des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen, in einer Volksausgabe; selbst in dem kleineren Format allerdings nah an der Grenze dessen, was Fluglinien als Handgepäck noch zulassen. Auch in diese Bilder sinkt deshalb der Blick des Betrachters tief ein, geradeso wie Newtons unterkühlte, makellos nackte Modelle in die riesigen, plüschigen Sofas einer leicht angestaubten Luxushotellerie. Meist sind es mondäne Welten, durch die Newtons Frauen gern mit erhobenem Haupt auf pfeilspitzen Absätzen stöckeln, hier das Röckchen hoch, dort das Kleidchen runter, oft ein Gefühl von Angriffslust vermittelnd, Täterinnen, die schon ihren Körper als Waffen verstehen und notfalls zum Schuh greifen können. Im Schnittpunkt von Mode und Reichtum, Sex und Gewalt hatte Helmut Newton in den siebziger Jahren eine Ästhetik aggressiver Erotik entwickelt, die er bis ins Extrem der Morddarstellung trieb.
Niemand unter den Modefotografen dachte sich verwegenere und provozierendere Inszenierungen aus. Schockieren werden die Bilder heute dennoch niemanden mehr. Dafür hat nicht zuletzt Helmut Newton selbst gesorgt, indem er die nackte Gewalt hochglanzmagazinfähig machte. Aber beim Blättern in diesem Buch, dessen kluge Auswahl durch seine Frau man guten Gewissens als die Essenz seines Lebenswerks bezeichnen darf, staunt man ein ums andere Mal, wie viele dieser Fotografien noch immer bestehen und wie viele sich in den Bilderkanon unserer Erinnerung eingebrannt haben. Ob nun langbeinige Mannequins in ihrer ganzen kalten Herrlichkeit wie Kriegerinnen auf den Betrachter zulaufen oder sie mit kühlem Interesse neben der Vanitasskulptur eines Friedhofs den Sitz der eigenen Brüste überprüfen.
Mit seinen Porträtfotografien, etwa vom schlafenden Andy Warhol oder dem siechen Salvador Dalí, hat Newton Meisterwerke auch dieser Gattung geschaffen. Dort freilich schlagen sich Skepsis und Ironie, sonst meist vom Willen zur Heroisierung verdrängt, gnadenlos ihren Weg ins Freie.
FREDDY LANGER
Helmut Newton: "Sumo". Herausgegeben von June Newton. Taschen Verlag, Köln 2009, 464 S., Abb., geb., 100,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vor zehn Jahren packte Benedikt Taschen das Werk Helmut Newtons ins teuerste Buch des Jahrhunderts. Zum Jubiläum gibt es eine Volksausgabe.
Sumo" war kein Buch. Es war ein Bekenntnis. Zu Helmut Newton, zur Buchbinderkunst, vielleicht auch zum Wahnsinn. Fünfzig mal siebzig Zentimeter groß, fast fünfhundert Seiten dick und fünfunddreißig Kilo schwer, hätte manches Tischlein unter dem Werk die Beine eingeknickt, weshalb der Taschen Verlag vor nunmehr zehn Jahren dem Band einen stabilen Ständer hinzugepackt hatte, entworfen von Philippe Starck. Wie bei anderen die Hausbibel aufgeschlagen auf der Anrichte liegt, konnte man so das Buch als Objektkunst in die Wohnung stellen: täglich eine neue Seite aus Newtons Universum der Nackten und Schönen und Prominenten vor Augen - stets im Meditationsformat. Die Auflage von zehntausend Exemplaren war schnell verkauft. Dann entschwand "Sumo" in die Sphäre der Legende und taucht regelmäßig nur noch im Angebot von Ebay auf.
Nun gibt es den Band, von dem der Verlag sagt, es sei die teuerste Buchproduktion des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen, in einer Volksausgabe; selbst in dem kleineren Format allerdings nah an der Grenze dessen, was Fluglinien als Handgepäck noch zulassen. Auch in diese Bilder sinkt deshalb der Blick des Betrachters tief ein, geradeso wie Newtons unterkühlte, makellos nackte Modelle in die riesigen, plüschigen Sofas einer leicht angestaubten Luxushotellerie. Meist sind es mondäne Welten, durch die Newtons Frauen gern mit erhobenem Haupt auf pfeilspitzen Absätzen stöckeln, hier das Röckchen hoch, dort das Kleidchen runter, oft ein Gefühl von Angriffslust vermittelnd, Täterinnen, die schon ihren Körper als Waffen verstehen und notfalls zum Schuh greifen können. Im Schnittpunkt von Mode und Reichtum, Sex und Gewalt hatte Helmut Newton in den siebziger Jahren eine Ästhetik aggressiver Erotik entwickelt, die er bis ins Extrem der Morddarstellung trieb.
Niemand unter den Modefotografen dachte sich verwegenere und provozierendere Inszenierungen aus. Schockieren werden die Bilder heute dennoch niemanden mehr. Dafür hat nicht zuletzt Helmut Newton selbst gesorgt, indem er die nackte Gewalt hochglanzmagazinfähig machte. Aber beim Blättern in diesem Buch, dessen kluge Auswahl durch seine Frau man guten Gewissens als die Essenz seines Lebenswerks bezeichnen darf, staunt man ein ums andere Mal, wie viele dieser Fotografien noch immer bestehen und wie viele sich in den Bilderkanon unserer Erinnerung eingebrannt haben. Ob nun langbeinige Mannequins in ihrer ganzen kalten Herrlichkeit wie Kriegerinnen auf den Betrachter zulaufen oder sie mit kühlem Interesse neben der Vanitasskulptur eines Friedhofs den Sitz der eigenen Brüste überprüfen.
Mit seinen Porträtfotografien, etwa vom schlafenden Andy Warhol oder dem siechen Salvador Dalí, hat Newton Meisterwerke auch dieser Gattung geschaffen. Dort freilich schlagen sich Skepsis und Ironie, sonst meist vom Willen zur Heroisierung verdrängt, gnadenlos ihren Weg ins Freie.
FREDDY LANGER
Helmut Newton: "Sumo". Herausgegeben von June Newton. Taschen Verlag, Köln 2009, 464 S., Abb., geb., 100,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Freddy Langer begrüßt diese von June Newton herausgegebene Jubiläumsausgabe von "Sumo", einer opulenten Auswahl aus Helmut Newtons Werk. Der vor zehn Jahren erschienene legendäre Band, der als teuerste Buchproduktion des 20. Jahrhunderts gilt, liegt zu seiner Freude nun als -- immer noch gewichtige, aber wesentlich günstigere - "Volksausgabe" vor. Die Auswahl der Bilder schätzt Langer als "klug", er sieht darin so etwas wie die "Essenz" von Newtons Lebenswerk. Auch im kleineren Format der vorliegenden Ausgabe haben ihn die Big Nudes des Fotografen beeindruckt. Sie verkörpern für ihn eine "Ästhetik aggressiver Erotik". Mit Lob bedenkt Langer aber auch Newtons Porträtfotografien, die er als "Meisterwerke dieser Gattung" würdigt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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