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Reihe "Geschichte und Geschlechter"
Iris Schröder beleuchtet einen vergessenen Teil der Geschichte der Frauenbewegung und verbindet diese mit einer bislang kaum erforschten Seite der Sozialreform im deutschen Kaiserreich: Im Mittelpunkt steht die soziale Arbeit. Die Studie analysiert die umstrittenen religiösen Dimensionen sozialer Reformvorhaben und behandelt den Versuch, Bildung und Arbeit als übergeordnete Wertvorstellungen zu etablieren. Die Autorin enthüllt den bürgerlichen "Glauben an eine bessere Welt" als zentrales Motiv bürgerlichen Engagements.

Produktbeschreibung
Reihe "Geschichte und Geschlechter"
Iris Schröder beleuchtet einen vergessenen Teil der Geschichte der Frauenbewegung und verbindet diese mit einer bislang kaum erforschten Seite der Sozialreform im deutschen Kaiserreich: Im Mittelpunkt steht die soziale Arbeit. Die Studie analysiert die umstrittenen religiösen Dimensionen sozialer Reformvorhaben und behandelt den Versuch, Bildung und Arbeit als übergeordnete Wertvorstellungen zu etablieren. Die Autorin enthüllt den bürgerlichen "Glauben an eine bessere Welt" als zentrales Motiv bürgerlichen Engagements.
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Autorenporträt
Iris Schröder, Dr. phil., studierte Geschichte, Pädagogik und Romanistik in Berlin, Paris und Bielefeld. Derzeit ist sie als Stipendiatin am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte beschäftigt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Wohlfahrt statt Wohltat
Die Frauenfrage im kaiserlichen Deutschland 1890 bis 1914

Iris Schröder: Arbeiten für eine bessere Welt. Frauenbewegung und Sozialreform 1890-1914. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2001. 368 Seiten, 39,90 Euro.

Die soziale Frage des späten 19. Jahrhunderts wird oft auf die Arbeiterfrage reduziert und Sozialreform auf den Kampf gegen die Verelendung der proletarischen Massen durch Industrialisierung. Dies war die soziale Frage jedoch am wenigsten. Die meisten materiellen Probleme, die den Übergang in ein neues wirtschaftliches Zeitalter begleiteten, löste die endgültige Durchsetzung der Industrialisierung selbst. Was dabei offenblieb, bildete den eigentlichen Kern der sozialen Frage: Wie sollte die neue Gesellschaft verfaßt sein, deren wirtschaftliche und politische Basis am Ende eines langen Industrialisierungsprozesses von Grund auf verändert war? Soziale Fragen stellten sich da viele. Manche der Antworten, die gefunden wurden, prägen unser Leben noch heute. Gewiß, die Arbeiterfrage gehörte dazu, die Systemfrage der Wirtschaft und vieles mehr - last but not least auch die Frauenfrage.

Die Frauenfrage mit der sozialen Frage zu verknüpfen, wie dies Iris Schröder tut, ist in doppelter Hinsicht innovativ. Zum einen wurde dieser Zusammenhang bisher zu oft auf die Frauenarbeit verkürzt, die im Übergang der Gesellschaftsformen kritisch beurteilt und meist in einem Atemzug mit der Kinderarbeit genannt wurde. Die Frauenfrage ist aber viel mehr als das. Zum anderen gehörte die Lösung der sozialen Frage im materiellen Sinne zu den zentralen Politikfeldern, auf denen die Frauenbewegung ihre Chance suchte, die neue gesellschaftliche Rolle der Frau zu finden und auf denen sie zugleich mit sozialer Arbeit einen herausragenden Beitrag leisten konnte. Die Frauenfrage zählt deshalb nicht nur zum harten Kern der sozialen Frage. Die Frauenbewegung, die sie stellte, trug auch - weit über die Frauenfrage hinaus - entscheidend zu ihrer Lösung bei. Der Schlüssel zum Verständnis dieses Zusammenhanges liegt - und das betont die Autorin zu Recht - in der mixed economy of welfare oder Wohlfahrtskultur des Kaiserreiches, die der wilhelminischen Wachstumsmaschine Stabilität und Attraktivität verlieh.

Nicht Wohltat, sondern Wohlfahrt lautete denn auch die Formel, mit der sich die Frauenbewegung in den 1890er Jahren ein erfolgversprechendes Programm gab. Es war anschlußfähig an das gesellschaftliche Großprojekt des Kaiserreiches, das von den Quartieren der Arbeiterbewegung bis zum "sozialen" Königtum der Hohenzollern, von der sozialpolitischen Gelehrtenpolitik eines Gustav Schmoller bis zum Paternalismus Alfred Krupps die politischen Zukunftsphantasien der wilhelminischen Gesellschaft beflügelte. Freilich fügte die Frauenbewegung deren Vision des "Gemeinwohls" ihre eigene Vorstellung von "Frauenwohl" hinzu. Das Programm versprach aber auch Anschluß an den Arbeitsmarkt einer Wachstumsindustrie, die die Wohlfahrtskultur auf der Ebene der Städte und Gemeinden hervorbrachte. "Sozial-Tun" war nicht nur zur weiblichen Modesache und zum Eintrittsbillet in das (emanzipations-)politisch wichtige bürgerliche Ehrenamt geworden, sondern entwickelte sich im Rahmen prosperierender Eigenwirtschaft der Gemeinden auch immer mehr zu einer für Frauen attraktiven Erwerbsmöglichkeit.

Das Thema wird auf fünf unverbundenen Handlungsfeldern erörtert. Auf die Vorstellung der sozialen Reformprojekte der Frauenbewegung folgt der Streit um den Zugang zum Ehrenamt der Armenpflege; die Darstellung religiöser und konfessioneller Konflikte steht neben der Debatte über "soziale Frauenbildung" und der Analyse des Grundsatzkonflikts zwischen Frauenbewegung und Sozialreform. Was die Auswahl dieser Felder bedingt hat, sind nicht so sehr inhaltliche, sondern methodische Fragen.

Methodisch ist die Arbeit einem diskurs-analytischen Ansatz verpflichtet. Sie will zentrale Ideen und Wertvorstellungen sowie die innere "Handlungslogik" der Akteurinnen der Frauenbewegung aus deren schriftlichen, zumeist publizierten Äußerungen "dechiffrieren". Auf der Suche nach einer Ebene hinter der "Rhetorik des Erfolgs", die diese Äußerungen allesamt kennzeichnet, gilt es bei dieser Methode, die (unausgesprochenen) Selbstverständlichkeiten ebenso sichtbar zu machen wie die innere Handlungslogik, die den Text durchzieht. Dieses Vorgehen gehört schon immer zum Handwerkszeug der Geschichtswissenschaft. Die methodische Spezialisierung, der diese Arbeit folgt, hat ihren Preis. So erfährt der Leser lediglich aus zwei dürren Fußnoten etwas über die reale Dimension des Phänomens, dessen Rekonstruktion aus den Köpfen einer kleinen Schar von Aktivistinnen versucht wird. Auch fehlt dem Buch die durchgehende Handlungsebene, was seine Lektüre nicht unbedingt zum Vergnügen macht - zu einem Gewinn aber allemal. Denn es erschließt der Forschung doch eine neue, wichtige Dimension eines klassischen Themas.

WERNER ABELSHAUSER

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26.02.2002, Frankfurter Allgemeine, Wohlfahrt statt Wohltat: "Das Buch erschließt der Forschung eine neue, wichtige Dimension eines klassischen Themas."

22.07.2002, Frankfurter Rundschau, Frech sein und Gutes tun: "Indem die Autorin ihr Thema in den Kontext neuer Forschungen zur Geschichte des Wohlfahrtsstaates stellt, kann sie den bislang unterschätzten Beitrag der weiblichen Reformaktivitäten für die Etablierung des modernen Soazialwesens im Kaiserreich herausarbeiten."

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Die Historikerin Iris Schröder hat eine Studie über das Engagement von Frauen für die Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse verfasst, berichtet Ute Planert. Frauen, so die Rezensentin, hatten einen gewichtigen Anteil an der Herausbildung der Zivilgesellschaft. Dabei seien Forderungen nach mehr bürgerlichen, politischen und sozialen Rechten stark miteinander verknüpft gewesen. Das stellt die Autorin in ihrer Studie klar heraus, so Planert. Besonders gelungen findet sie, dass Iris Schröder ihre Analyse "in den Kontext neuer Forschungen zur Geschichte des Wohlfahrtsstaates" stellt. Denn der Beitrag der Frauen zur Entwicklung und Etablierung des Wohlfahrtsstaates ist lange unterschätzt worden, bedauert die Rezensentin. Die gegenwärtige Gesellschaft und vor allem Frauen von heute sollten sich diese Leistungen und dieses Engagement deutlich vor Augen führen, denn schließlich lasse die gegenwärtige "Erosion der Sozialsysteme" befürchten, dass das "Frauenwohl" dabei wieder in den Hintergrund treten wird, so Planert.

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Wohlfahrt statt Wohltat
"Das Buch erschließt der Forschung eine neue, wichtige Dimension eines klassischen Themas." (Frankfurter Allgemeine, 26.02.2002)

Frech sein und Gutes tun
"Indem die Autorin ihr Thema in den Kontext neuer Forschungen zur Geschichte des Wohlfahrtsstaates stellt, kann sie den bislang unterschätzten Beitrag der weiblichen Reformaktivitäten für die Etablierung des modernen Soazialwesens im Kaiserreich herausarbeiten." (Frankfurter Rundschau, 22.07.2002)