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Er war einer der größten Popstars der 80er und 90er Jahre: Michael Hutchence, Frontmann und Songschreiber der australischen Rockband INXS, dem mit Songs wie "Never Tear Us Apart" und "Mystify" Welthits gelangen. Sein ausschweifendes Leben beherrschte immer wieder die Schlagzeilen. Kaum ein Rockstar war mit seinem Privatleben so in der Öffentlichkeit präsent wie Hutchence, von Drogengeschichten über viel publizierte Affären bis hin zum aufsehenerregenden Scheidungskrieg, den Paula Yates, Hutchence letzte Lebensgefährtin, mit ihrem Noch-Ehemann Bob Geldof führte. Und doch kannten nur wenige die…mehr

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Produktbeschreibung
Er war einer der größten Popstars der 80er und 90er Jahre: Michael Hutchence, Frontmann und Songschreiber der australischen Rockband INXS, dem mit Songs wie "Never Tear Us Apart" und "Mystify" Welthits gelangen. Sein ausschweifendes Leben beherrschte immer wieder die Schlagzeilen. Kaum ein Rockstar war mit seinem Privatleben so in der Öffentlichkeit präsent wie Hutchence, von Drogengeschichten über viel publizierte Affären bis hin zum aufsehenerregenden Scheidungskrieg, den Paula Yates, Hutchence letzte Lebensgefährtin, mit ihrem Noch-Ehemann Bob Geldof führte. Und doch kannten nur wenige die wahre Persönlichkeit des Musikers Michael Hutchence, der über viele Jahre an Depressionen und einer Angststörung litt. Zwanzig Jahre nach seinem viel zu frühen Tod im Alter von nur 37 Jahren haben Gerüchte und Legenden das überlagert, was Hutchence ausmachte: einen faszinierenden, widersprüchlichen Mann, der mit seinem Charme und seinem Charisma Millionen von Menschen in seinen Bann zog - seine Fans weltweit, seine Freunde und seine Geliebten.

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Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.01.2020

Gruß aus dem Gestern

Er sah gut aus, starb jung und hinterließ Songs wie "Beautiful Girl" oder "Mystify". Am 22. Januar wäre der INXS-Sänger Michael Hutchence 60 Jahre alt geworden. Ein Dokumentarfilm erinnert nun an ihn. Und unsere Autorin erinnert sich an ihre Begegnungen mit dem Rockstar

Dreimal bin ich Michael Hutchence begegnet, als junge Journalistin eines Radiosenders in Hamburg Anfang der neunziger Jahre. Sobald eine Band ein neues Album herausbrachte, organisierte die Plattenfirma eine Interviewtour. Dann kamen die erfolgreichsten Bands in ein oder mehrere deutsche Städte, Hamburg war immer dabei, und gaben ein, zwei Tage Interviews am Fließband. Dreimal kam der Anruf, Michael Hutchence von INXS sei in der Stadt. Natürlich ging man hin.

Die Interviewszenerie war nüchtern. Ein Hotelzimmer in einem Luxushotel in der City, unpersönlich, nichtssagend. Auf dem Sofa saß dann er, einer der größten Rockstars der Neunziger. Michael Hutchence war musikalisch innovativ und produktiv. Ihn umgab diese Aura des Mysteriösen, die ihn noch interessanter machte als seine dunklen Locken. So sexy und charismatisch, schwärmten die meisten Frauen. Auch das Supermodel Helena Christensen oder zuvor die Sängerin Kylie Minogue, von den weiblichen Fans zu schweigen, waren ihm erlegen. Ein wenig rätselhaft blieb der Hype. Sein Gesicht wirkte eher etwas verlebt, er war ja auch "schon" älter als dreißig.

In "Mystify", dem neuen Dokumentarfilm des Freundes und Wegbegleiters Richard Lowenstein, der damals die Videos für INXS drehte, sieht man dagegen einen sehr jugendlichen, fast noch kindlichen Musiker mit einer wilden Mähne im Gesicht. Das Hemd war gern bis zum Bauchnabel aufgeknöpft, am Arm ein dickes Goldarmband. Ein sehr junger Mann, vom Leben kaum gezeichnet, der sich als Narziss gibt oder als Playboy verkleidet und darauf aus ist, viel, viel Spaß zu haben.

Bei den Interviews kam man nicht wirklich an ihn ran. Hutchence erzählte bereitwillig über die Musik, die Band, die üblichen Anekdoten von der Tour, aber blieb unverbindlich, flüchtete gern in Ironie. Er hat kaum mal gelächelt und nie herzlich gelacht. Er wirkte immer ein wenig belastet oder blasiert. Vielleicht war er auch nur mit den Gedanken ganz woanders.

28 Jahre ist das her, das sagt das erste der drei Cassettencover. 22. Juli 1992. Die drei Interviewtapes sind schnell gefunden. Der schwere Recorder aus den neunziger Jahren ist auch noch da und funktioniert sofort. Ein Tastendruck, und die Vergangenheit tritt in die Gegenwart. Die eigene Stimme klingt heller als heute. Es geht gleich um politische und persönliche Einflüsse auf dem damals neuen INXS-Album "Welcome to Wherever You Are". Und Michael Hutchence antwortet. Es ist nicht gruselig, nicht fremd, im Gegenteil, es ist fast tröstlich, ihn reden zu hören. Ihn leben zu hören.

Seinen Lebensmittelpunkt hatte Hutchence damals von Hongkong nach Europa verlagert. Er besaß noch eine Wohnung in Hongkong, weil er einen Teil seiner Kindheit dort verbracht hatte. Der Beruf des Vaters hatte die Familie von Sydney acht Jahre lang in die Kronkolonie gebracht. "Ich fühle mich dort immer noch sehr wohl, weil ich dort groß wurde. Aber jetzt hänge ich die meiste Zeit in Europa ab, in London. Spannend wird Hongkong dann wieder, wenn die Rückgabe an China erfolgt." Ein kurzes, amüsiertes Lachen folgt. "An dem Tag werde ich wohl Party machen." Die Rückgabe Hongkongs fand im Juli 1997 statt. Vier Monate später war Hutchence tot.

Das Band läuft weiter. Er erzählt, dass er die Zeiten vermisse, als INXS noch in australischen Pubs auftrat, ohne Superstar-Status. "Die Zeit lässt die Vergangenheit rosig erscheinen. Spaß hatten wir definitiv, ohne die ganze Verantwortung. Wenn wir die 25 Dollar fürs Benzin nicht hatten, konnten wir halt nicht zum nächsten Auftritt fahren. Oder uns keine neuen Gitarrensaiten leisten. Das waren damals unsere großen Sorgen."

INXS hatte sich 1977 um die drei Brüder Farriss, Tim, Jon und Andrew gegründet, der viele Songs zusammen mit Hutchence schrieb. Songs, die heute Klassiker sind, dazu ein Frontmann, dessen Stimme und Charisma wie geschaffen waren für Popkultur, MTV-Medienhype und Starkult. Zum Zeitpunkt des Interviews war die Band schon 15 Jahre zusammen. Die Legende von Sex, Drugs and Rock 'n' Roll hat Hutchence damals so ausführlich erklärt, als halte er einen Vortrag:

"Früher lebten alle ein normales christliches Leben", beginnt er. "In den Sechzigern kam es zu einer großen Veränderung, als die Leute mal Alternativen ausprobieren wollten. Die Künstler hatten mit Drogen experimentiert, ließen sich dabei auf Reisen gern von anderen Kulturen und Glaubensrichtungen inspirieren. Das Wissen wurde alles wild mit der angelsächsischen Kultur vermischt, das Ergebnis war ein ziemliches Chaos. Jazzmusiker rauchten oft Dope, ohne zu wissen, was sie sich da antaten - ihnen war nur wichtig, dass es der Musik nutzt. Der Rock hat Drogen noch populärer gemacht, hat sie verbreitet, sie ausgenutzt und daraus eine Massenkultur errichtet." Und am Ende fügt er noch hinzu: "Das ist noch immer ein großer Mythos: Wenn du dieselbe Droge nimmst wie die Musiker, wirst du genau so ein großer Künstler wie sie. Diesen Mythos gibt es noch länger als den Rock 'n' Roll!" Es muss eine drogenfreie Phase gewesen sein. Vier Jahre später, 1996, wird Hutchence in London wegen des Besitzes illegaler Substanzen verhaftet werden.

Trotz seines Status als Bilderbuch-Rockstar fühlte sich Hutchence immer auch humanitären Aktivitäten verpflichtet. Am Ende dieses ersten Interviews redeten wir über Umweltbewusstsein. "Richtig cool finde ich es, wie umweltbewusst mein Vater geworden ist", sagt er da. "Früher hätte er noch gesagt: ,Was soll denn dieser Hippie-Kram?'" Die Umwelt und eine neue Haltung zu "grünen" Themen muss ihm 1992 schon eine Herzensangelegenheit gewesen sein. Aus heutiger Sicht erscheint sein ökologisches Bewusstsein fast prophetisch, so als habe er geahnt, dass sein Heimatkontinent mal in Flammen stehen würde. Damals, im Hochsommer 1992, sagt er: "Wir sollten uns beeilen. Wir haben noch viel zu tun in Sachen Umweltschutz, und jede Sekunde zählt. Toktoktok . . . Vorsicht!"

Mein drittes und letztes Interview mit Michael Hutchence fand zwei Jahre später statt, 1994. Zu Michael Hutchences Verstärkung ist sein Bandkollege Kirk Pengilly dabei. Anlass für das Interview war ein "Greatest Hits"-Album. Nur ein neuer Song war dazugekommen, "The Strangest Party". Er hört sich im Rückblick an wie eine düstere Ankündigung: "Du gibst die Zukunft auf. Du hast sicher keine." Oder: "Du bist Teil der Lösung - oder Teil des Problems." Im Refrain heißt es: "What are we waiting for? What are we hating for?"

Darauf angesprochen, lacht Hutchence auf dem alten Band kurz, als sei ihm ein Kommentar unangenehm. "Ja, es war schon eine ,strange party', diese 17 Jahre mit INXS. Dass sich dein Leben dauernd um fünf Männer dreht, ist doch auch strange! Der Song ist zugegebenermaßen etwas düster. Es geht um die Art, wie wir auf dieser Welt leben, trotz all des Wissens, das wir haben über das, was alles vor sich geht. Wir müssen uns entscheiden: Wollen wir Teil des Problems sein oder Teil der Lösung? Wie wollen wir menschlich bleiben? Wir müssen wachsen und uns noch mehr anstrengen als vorher, damit wir noch ein Morgen, eine Zukunft haben." Jetzt, mehr als 25 Jahre später, klingen diese Worte seltsam. Erstaunlich. Waren unsere Lebensumstände 1994 etwa so bedrohlich wie heute?

Hutchence trug damals schwarzen Nagellack auf den Finger- und Zehennägeln - ja, er war barfuss. Nagellack war bei Männern noch tabu. "Ich mag die Farbe", sagt er nur. Wir haben dann noch über die Nachteile des Rockstar-Daseins gesprochen - Gerüchte, Yellow Press, Paparazzi. Kaum hat Hutchence das beklagt, relativiert er es schon: "Ich kann mich doch nicht beklagen, aber man müsste nur auch mal Privatmensch sein können. Wenn das respektiert werden würde, wäre alles gut. Sonst macht es einen wahnsinnig. Es ist wirklich sehr nett, wenn man einfach mal so auf der Straße herumlaufen kann, auf den Wochenmarkt gehen und normal sein kann." Und dann kommt so ein Satz, der beim Wiederhören einen ganz anderen, schockierenden Klang hat. "Ich muss mein Leben doch auch leben." Pausetaste.

Als die Cassette weiterläuft, sagt der damals 34-Jährige: "Dafür, dass ich versuche, normal zu sein, zahle ich einen Preis. Je mehr Erfolg du hast, umso weniger Freiheit hast du. Das ist die Ironie an der Sache." Auch im Nachhinein wirkt Hutchence bei diesem Treffen wacher und empathischer, er nuschelt weniger und sagt mehr. Wir reden über Zukunftsentwürfe und wo INXS musikalisch hin will. "Wenn man schon so lange Musik macht wie wir, muss man einen verdammt guten Grund haben, um weiterzumachen", sagt er. "Und die Gründe werden mit der Zeit immer größer, gewaltiger. Es wird auch immer schwieriger, jedes Mal den Berg hinaufzuklettern. Wir haben schon viele Richtungen ausprobiert, jetzt müssen wir uns auf ganz andere Terrains vorwagen. Wir wollen wieder mehr experimentelle Musik machen und nichts, um primär damit auf Tour zu gehen." Man merkt ihm Lust auf etwas Neues an, wenn er sagt: "Wir haben bestimmt noch mehr Potential. Mal schauen, womit wir dann kommen."

Worauf ist er stolz? "Auf vieles, aber das meiste ist verschwommen. Wir brauchen mal Zeit, um wieder klar zu sehen." Nach einem weiteren Zug an der Zigarette geht es weiter. "Wir machen weiterhin das, was wir immer wollten: eine Band sein, Musik machen. Das ist unsere große Liebe. Wenn wir das allein so weitermachen könnten in den nächsten Jahren, dann wäre das schon etwas sehr Wertvolles. Ich respektiere uns dafür."

Und Filme? Er habe doch nach zwei Filmauftritten mal Schauspielunterricht nehmen oder Drehbücher schreiben wollen. "Ich wollte eigentlich immer Schauspieler werden", sagt er, "das war mein größter Berufswunsch. Das Medium Film genießt meinen höchsten Respekt, Filme sind für mich das Größte." Und beeilt sich hinzuzufügen: "Neben der Musik natürlich." Natürlich klinge das immer dämlich, weil so viele Musiker meinten, dass sie Schauspieltalent besäßen. "Daher muss ich aufpassen, dass ich die richtigen Geschichten und Drehbücher für mich finde. Das ist nicht einfach. Wenn die Leute mich auf der Leinwand sehen, sehen sie zunächst nur mich, den Musiker von INXS. Das Bild muss ich erst mal zerstören. Und dann noch die jeweilige Figur gut hinkriegen." Man habe ihm vor kurzem eine wichtige Nebenrolle in "Priscilla, Königin der Wüste" angeboten. Die hätte er gern gespielt - "und ich glaube auch gut". Aber die Dreharbeiten seien dann mitten in eine Tournee gefallen. INXS ging, trotz der Sehnsucht nach Filmen, vor.

Das nächste INXS-Album erschien im Frühjahr 1997, wenige Monate vor Hutchences Tod, vermutlich durch Selbstmord, in einem Hotelzimmer in Sydney. Sein Titel klingt aus heutiger Sicht wie eine Ankündigung. Oder wie ein letzter Gruß auf einer Trauerschleife. Es hieß "Elegantly Wasted", "elegant verschwendet".

MARIAM SCHAGHAGHI

"Mystify - Michael Hutchence": ab Donnerstag im Kino

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