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Eine in die Jahre gekommene Fünferbande, drei Männer, zwei Frauen, stellt bei einer Bonner Institution den Antrag auf Förderung des Projekts "Zwischen Biologie und Humanwissenschaften: Zum Problem der Entfaltung luxurierender weiblicher Sexualität auf dem Weg von den Hominiden-Weibchen zu den Homo-sapiens-Frauen aus evolutionstheoretischer Sicht mit ständiger Rücksicht auf die Naturphilosophie des Deutschen Idealismus".
Peer Sloterdijk skizziert das Unternehmen in Form eines klassischen Briefes, worauf die Mitstreiter per E-Mail antworten und auf diese Weise einen regen Austausch
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Produktbeschreibung
Eine in die Jahre gekommene Fünferbande, drei Männer, zwei Frauen, stellt bei einer Bonner Institution den Antrag auf Förderung des Projekts "Zwischen Biologie und Humanwissenschaften: Zum Problem der Entfaltung luxurierender weiblicher Sexualität auf dem Weg von den Hominiden-Weibchen zu den Homo-sapiens-Frauen aus evolutionstheoretischer Sicht mit ständiger Rücksicht auf die Naturphilosophie des Deutschen Idealismus".

Peer Sloterdijk skizziert das Unternehmen in Form eines klassischen Briefes, worauf die Mitstreiter per E-Mail antworten und auf diese Weise einen regen Austausch untereinander von mehr oder weniger intimen Überzeugungen und Geständnissen in Gang setzen. (Man begegnet sich persönlich nur kurz in Bonn und Karlsruhe nach dem erwartbaren Ablehnungsbescheid, und dabei kommt es zu unerwarteten Gemengelagen).

Die (kulturellen und erotischen) Abenteuer der angeblich nur auf das Projekt konzentrierten Runde präsentieren sich als subjektiv gefärbte Erzählungen, die geprägt sind durch die (intimen) Lehrjahre der Zeit nach 1968: Geschichte und persönliche Erfahrungen sind eng miteinander verwoben. So genießt der Leser, da alle Beteiligten sich zur Selbstentblößung auf allen menschlichen Gebieten verpflichten, den erotischen Roman mit den Sloterdijkschen überraschenden Pointen und Übertreibungen. Durch die Erzählweise folgt eine erotische Geschichte auf die nächste: Ironie und Direktheit gehen bei dem philosophierenden Schriftsteller und literarischen Philosophen Peter Sloterdijk eine Liaison ein.
Autorenporträt
Sloterdijk, Peter
Peter Sloterdijk wurde am 26. Juni 1947 als Sohn einer Deutschen und eines Niederländers geboren. Von 1968 bis 1974 studierte er in München und an der Universität Hamburg Philosophie, Geschichte und Germanistik. 1971 erstellte Sloterdijk seine Magisterarbeit mit dem Titel Strukturalismus als poetische Hermeneutik. In den Jahren 1972/73 folgten ein Essay über Michel Foucaults strukturale Theorie der Geschichte sowie eine Studie mit dem Titel Die Ökonomie der Sprachspiele. Zur Kritik der linguistischen Gegenstandskonstitution. Im Jahre 1976 wurde Peter Sloterdijk von Professor Klaus Briegleb zum Thema Literatur und Organisation von Lebenserfahrung. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte der Autobiographie der Weimarer Republik 1918-1933 promoviert. Zwischen 1978 und 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf. Seit den 1980er Jahren arbeitet Sloterdijk als freier Schriftsteller. Das 1983 im Suhrkamp Verlag

publizierte Buch Kritik der zynischen Vernunft zählt zu den meistverkauften philosophischen Büchern des 20. Jahrhunderts. 1987 legte er seinen ersten Roman Der Zauberbaum vor. Sloterdijk ist emeritierter Professor für Philosophie und Ästhetik der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und war in Nachfolge von Heinrich Klotz von 2001 bis 2015 deren Rektor.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dass Peter Sloterdijk als Erzähler ebenso wenig "diszipliniert" ist wie als Denker, findet Markus Schwering gar nicht schlimm: Viel zu pointen-, detail- und assoziationsreich ist dieser zwischen Essay, Philosophie und Erzählung oszillierende Roman, als dass der Kritiker sich über die "ächzende" Konstruktion oder die "Selbstfeier" des Autors beklagen möchte. Und so taucht er mit viel Vergnügen ein in den Mail-Verkehr einer Gruppe von Wissenschaftlern, die ebenso geistreich-gelehrt wie unverschämt-witzig den weiblichen Orgasmus erörtern wollen, dabei nicht nur auf Schelling zurückgreifen, sondern auch von eigenen sexuellen Erfahrungen berichten oder bei ihren Zusammentreffen selbst "rüstig zur Paarungstat" schreiten. Wenn Sloterdijk mit viel Ironie davon geradezu "verstörend ausführlich" berichtet, sprachlich F-Wörter mit Transzendentalphilosophie verknüpft und einen der Wissenschaftler "Mösenlechzner" nennt, spürt der Rezensent bei dem Autor dieser "Sym-Sexologie" so viel diebische Freude, dass er ihn keineswegs als Lustgreis bezeichnen möchte.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.09.2016

Der Vorzug offener Augen
In seinem Briefroman „Das Schelling-Projekt“ diktiert Peter Sloterdijk den Figuren seine
eigenen Gedanken in die E-Mails und flüchtet vor der Wissenschaft in die Arme der Pornografie
VON HANNELORE SCHLAFFER
Die banalste Absicht, die man Peter Sloterdijk unterstellen könnte, wäre die, dass er mit seinem neuen Buch eine Kritik des gegenwärtigen Wissenschaftsbetriebs verfolge und nichts als das. Zwar soll sich das „Schelling-Projekt“, das eine „Fünferbande“ aus hochintelligenten und kompetenten Fachkollegen der Deutschen Forschungsgemeinschaft, kurz DFG, dieser „Anlaufstelle für Mainstreamer und Abzocker“, zur Begutachtung vorlegt, „von dem Unfug, den man an den Universitäten als Exzellenzcluster feiert“, grundsätzlich unterscheiden und endlich einmal zeigen, was die eigentlichen Fragestellungen der Wissenschaft sein könnten. So gibt denn auch über die gesamten 250 Seiten des Buches hinweg das Projekt mancherlei Anlass zum Spott auf die Kollegen, zu Satiren auf ihre Methoden und zu Gehässigkeiten über wissenschaftliche Kurzsichtigkeit.
  Doch ist Sloterdijk kein David Lodge, der in seinen Romanen mit ein wenig Humor über die Routine des wissenschaftlichen Alltags hinwegzutrösten sucht. Die bissige Kritik am Anfang des Buches eröffnet nur eine aus Philosophie und Pornografie gemixte Farce, die so scharf gewürzt ist, dass sie zur Lektüre verführt. Jeder Happen dieser Speise macht Appetit auf den nächsten, doch was ist, so fragt sich der Genießer, die Konsistenz des Ganzen?
  Kritik ist auf jeden Fall der Grundtenor des Buches, das Aussagen nur zulässt, wenn sie so pointiert wie möglich formuliert sind. In der „Fünferbande“ hat sich ein Cluster zusammengetan, dessen Exzellenz jede von der DFG erdenkliche weit überschreitet. Wie aber aus Solisten kein stimmiges Orchester wird, so auch hier aus den fünf Genies kein Wissenschaftsquintett, dessen Projekt fasslich wäre.
  Am ehesten dürfte man Sloterdjiks Werk, dessen Esprit nicht hoch genug zu rühmen ist, eine sehr verspätete Form des Briefromans nennen – oder besser noch eine Briefedition aus den Vorlassen der fünf Partner. Es versammelt die Statements aller Beteiligten über das Thema, das sie avisieren, und Vorarbeiten für den Antrag bei der DFG; diese ufern zu langen Abhandlungen aus und sind umstellt von korrigierenden Beiträgen der Mitdenker, die sich nicht scheuen, auch ganz persönliche Erlebnisse in das Projekt einzubringen, falls diese eine Richtigstellung der Thesen bewirken könnten.
  Die Texte sind übers Internet versandte Dateien. Ob ihres gedanklichen Gewichts und der geistreichen Formulierung werden auch sie zu einer Kritik, nämlich der gewöhnlichen Kommunikation im Netz, bei der die Sprache nicht selten unter das Niveau der gesprochenen Alltagssprache hinabsinkt. Briefe bleiben die Abhandlungen dennoch und trotz aller institutionellen Tendenz wegen der Spontaneität des Ausdrucks und der Persönlichkeit des Standpunkts. Das vor allem ist der Grund, weshalb der Leser viel Konzentration aufbringen muss. Im Brief nämlich kann jeder Schreiber ein Thema anschlagen und darüber räsonieren ohne jegliche Vorbereitung, denn sein Partner kennt ihn ja und seine Absichten, er durchschaut seine Gedanken seit Langem und versteht Anspielungen einzuordnen. Der Leser hingegen, der fremd in den Briefwechsel eintritt, hat Mühe, diesen Zusammenhang aus flüchtigen Hinweisen zu rekonstruieren.
  Dem Autor Sloterdijk freilich bietet dieses Konzept subjektiven Schreibens die Chance, ohne auf die Einheit der Handlung achten zu müssen, all seine Geistreichigkeit dem einen oder anderen Brieffreund in die Feder zu diktieren. Spürbar ist die Nähe des „Schelling-Projekts“, das sich im Untertitel als „Bericht“ ausgibt, zu Sloterdijks aphoristischem Tagebuch „Zeilen und Tage“. Doch bleibt, über den Witz hinaus, das Ziel der Fünferbande so ziemlich im Unklaren. In etwa geht es der Briefgemeinschaft um die Erforschung des geschlechtlichen Körpers in der Ur- und Vorgeschichte. Damit verfolgt Sloterdijk ein weiteres Mal ein Problem, das ihn in ähnlicher Weise schon in früheren Werken beschäftigte, etwa im ersten Band der Trilogie „Blasen“, und gibt ihm – wohlwissentlich und mit Humor – eine archäologische Vertiefung.
  Die fünf, die nun gemeinsam in die Urgeschichte eintauchen, sind sich der Schwierigkeit ihrer Arbeit bewusst; Sekrete nämlich, die über Geschlechtlichkeit und Sexualität etwas aussagen könnten, sind in diesen vormedizinischen Zeiten nicht zu finden, man kann „die Hormone von Adam und Eva nicht mit dem Spaten ausgraben“, denn „vom Sublimsten ist nichts übrig geblieben“. Dennoch soll eine „Paläo-Endokrinologie“ versucht werden und der Neugier einen Schritt weiterhelfen, die das Spiel der Hormone im adamitischen Zustand des Menschen zu durchschauen hofft.
  „Spurenlosigkeit ist die erste Tatsache der Naturgeschichte“, gegen die hier angedacht wird. Der gelegentliche Fund der Beckenschaufel einer Frau, so wissen diese Archäologen, sagt gar nichts, sobald es um die Erforschung der inneren Sekrete und ihrer Wirkung auf das Verhältnis der Geschlechter geht. Die Fünferbande sucht dennoch die nach urtümlichen „femininen Mustern sexuierte Person“ und tauft die Traumfrau ihrer Forschung auf den Namen Eva-Lilith-Hannelore.
  Durch die Skurrilität des Projekts wird die anfängliche Kritik an der DFG unterlaufen; sie hätte für solch eine Schrulle kein Geld bewilligt. Man darf annehmen, dass Sloterdijk bewusst mit der Selbstwiderlegung kokettiert, zumal er durch die Reverenz, die er dem Philosophen Schelling erweist, die Fragwürdigkeit des Projekts ein weiteres Mal illuminiert: Es gehe um eine „spekulative Physik“, „mit Schelling als unserem Schutzheiligen“. Der Vorläufer der angestrebten „globalen Gynäkologie“ sei eben dieser deutsche Philosoph: „Das umrissene Projekt nimmt seinen Ausgang von der weitgehend unbemerkten Tatsache, dass Schelling als der Urheber des logischen Feminismus angesehen werden muss. Seine frühreife Naturphilosophie (. . . ) identifizierte die Natur als eine geistnahe Gebärkraft.“
  Dass hier nicht der Wissenschaftler, sondern der Spaßmacher spricht, dürfte evident sein. Das Projekt ist ein Witz, die spekulativen Thesen sind bunt wie Bälle, von Clowns in die Luft geworfen. Das Buch hat keinen Funken Ernst, doch es sprüht vor Einfällen. Da es nun einmal um ein lustvolles Flanieren durch die Promenaden des Geistes geht, auf denen sich allerdings ziemlich viele Incroyables aufhalten, tut es nichts, wenn die Mitarbeiter in das Projekt auch persönliche Erfahrungen einbringen. Die fünf haben sich auf einen „Subjektivitätsvertrag“ geeinigt, um mit ihm den Abstieg in die Urgeschichte durch persönliche Erfahrungen an gegenwärtige Situationen zu adjustieren. Auch dies ist eine Parodie auf die Wissenschaft, denn Objektivität ist das höchste Gebot der Wissenschaft und das Ethos eines jeden Forschers.
  Sloterdijk aber weiß den Vertrag seiner fünf Figuren wohl zu schätzen, bietet er ihm doch die Gelegenheit, seine Farce mit einem nicht unbeträchtlichen Quantum Pornografie zu würzen. Schon die Namen der Projektteilnehmer geben der Fantasie Stoff zu lüsternen Erwartungen, sie heißen: Stutensee, Freygel, zur Lippe, Mösenlechzner und Peer Sloterdijk. Für alle gilt in etwa, was eine Bekennerin gesteht: „Ich vögle meist mit offenen Augen, anders als die Mehrzahl der Frauen“, das heißt, um die Lust zu steigern, mit hellstem Verstand. Im Team entsteht ein „mehrpoliger Erzähl-Potlach“, wobei die Projektemacher, männliche wie weibliche, sich, wie einst die Männer in archaischen Kulturen, durch die Erzählung erotischer Exzesse zum Kampf stimulieren. So zieht denn auch die Fünferbande mit derartigen „Wahrheitsspenden“ in den Krieg gegen eine verrottende Wissenschaft.
  Wer die Pornografien, mit deren Ausschmückung Sloterdijk mehr bietet als mancher Autor des 16. Jahrhunderts, als Werbekrieg um Lesekunden versteht, hat recht und auch wieder nicht. Wer sie genießt, wird selbst zum Beweis für die Notwendigkeit des „Schelling-Projekts“. Denn wenn sogar Gelehrte – und auf wen sonst als auf sie sollte diese raffinierte Konzeption, diese gewitzte Diktion gemünzt sein – durch solche Geschichten zu fangen sind, dann ist es höchste Zeit für eine Archäologie der feuchten Sekrete, denen offensichtlich bis heute kein Geist, und sei er noch so trocken, zu widerstehen vermag.
  Freilich wäre es auch zu einseitig, wollte man die Pornografie als alleinige Legitimation des Projekts verstehen. Aus dem vielstimmigen „Bericht“ mag sich jeder Leser seine eigenen Passagen und eine zusammenfassende Lesart von Sinn und Unsinn herstellen. Für die Vereinigung aller Aspekte aus Satire, Ernsthaftigkeit, Spötterei und Fleischeslust lässt sich am Ende nur ein kompetenter Leser denken: Peter Sloterdijk.
Man kann „die Hormone von
Adam und Eva nicht mit
dem Spaten ausgraben“
Peer Sloterdijk heißt einer aus der „Fünferbande“ in Peter Sloterdijks Roman, in dem sich Spötterei und Fleischeslust verbinden.
Foto:  Regina Schmeken
  
  
  
  
  
Peter Sloterdijk: Das
Schelling-Projekt. Bericht. Suhrkamp Verlag 2016.
251 Seiten, 24,95 Euro. E-Book 21,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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"Dieser Roman gehört wohl zum Lockersten, Vergnüglichsten, was Sloterdijk je geschrieben hat."
Eberhard Geisler, taz. die tageszeitung 03.09.2016