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Diese Anthologie erschließt eine im deutschen Sprachraum weitgehend unbekannte poetische Welt. Erstmals wird hier die arabische und hebräische sowie die frühromanische Lyrik des mittelalterlichen Spanien als eine zusammengehörige Einheit vorgestellt. Die meisterhaft übersetzten Gedichte sprechen den heutigen Leser unmittelbar an - und zeugen nicht zuletzt von einem friedlichen Zusammenwirken der Religionen und Kulturen, für das al-Andalus trotz aller Konflikte ein historisch einmaliges Vorbild ist.
Millionen lassen sich in Granada von der Pracht der Alhambra verzaubern, aber wer kennt den
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Produktbeschreibung
Diese Anthologie erschließt eine im deutschen Sprachraum weitgehend unbekannte poetische Welt. Erstmals wird hier die arabische und hebräische sowie die frühromanische Lyrik des mittelalterlichen Spanien als eine zusammengehörige Einheit vorgestellt. Die meisterhaft übersetzten Gedichte sprechen den heutigen Leser unmittelbar an - und zeugen nicht zuletzt von einem friedlichen Zusammenwirken der Religionen und Kulturen, für das al-Andalus trotz aller Konflikte ein historisch einmaliges Vorbild ist.

Millionen lassen sich in Granada von der Pracht der Alhambra verzaubern, aber wer kennt den Zauber der Verse, die ihre Mauern schmücken? Wer weiß von den Empfindungen der Menschen, die einst die Moschee von Córdoba, die Gärten von Sevilla bevölkert haben? Fast 800 Jahre währte die islamische Herrschaft auf spanischem Boden, eine glanzvolle Epoche orientalischer Kultur in Europa. Die Dichtkunst genoß unter allen Künsten die größte Verehrung. Sie hat sich auf Arabisch und dann auch auf Hebräisch entfaltet. In Spanien gelangte die Sprache der Bibel unter arabischem Einfluß zu neuer, klassischer Blüte. Und auch die ältesten Verse in spanischer Sprache sind in diesem Umfeld entstanden. Das Miteinander der Kulturen hat das Wunder einer formstrengen Dichtung von höchstem Raffinement hervorgebracht, in der Liebe und Tod, Wein und Freundschaft, das Erlebnis der Natur und die Sehnsucht nach Gott so besungen werden, daß es auch uns Heutige noch unmittelbar anzurühren vermag. Aus diesem unermeßlich reichen poetischen Kosmos bringt das Buch eine Auswahl. Eine Einleitung erklärt Wesen und Bedeutung dieser Dichtung; Kurzbiographien informieren über die einzelnen Dichter.
Dieses Buch bietet einen einmaligen Überblick über die wichtigsten Autoren und Werke des goldenen Zeitalters der arabischen Literatur - vom Koran über die großen Mystiker, Philosophen, Reiseschriftsteller, Erzähler und Wissenschaftler bis hin zu Ibn Chaldûn (1332 - 1406), der als Vater der modernen Geschichtswissenschaft gilt. Johann Christoph Bürgel hat für dieses Buch alle Texte neu - und teilweise erstmals - übersetzt.

Der Koran leitete eine Blütezeit der arabischen Literatur ein. Prophetenbiographien und mystische Traktate, Reiseberichte und historische Werke, philosophische und wissenschaftliche Abhandlungen, aber auch kunstvolle Erzählungen, Anekdoten und Handbücher für das richtige Verhalten gehören zum weiten Spektrum der klassischen arabischen Literatur. Sie zeugt von einer klugen Weltoffenheit, einer undogmatischen Spiritualität, einem kritischen Forscherdrang, von Menschenkenntnis und Erzählfreude, Phantasie und Witz, wie sie mit der heutigen arabischen Welt kaum nochverbunden werden. Die umsichtige Auswahl wird auch den Kenner mit manchem Glanzstück überraschen. Konzise Einführungen erleichtern das Verständnis der Texte. Die einfühlsamen Übersetzungen machen diesen literarischen Rundgang zum Lesevergnügen.
Autorenporträt
Georg Bossong, geb. 1948, lehrt heute, nach Stationen in Heidelberg, Paris, München und Mannheim, als Professor für romanische Philologie an der Universität Zürich.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.12.2005

Gipfeltreffen der Kulturen
Unsterblich: Eine Anthologie hebt das poetische Erbe Andalusiens

Andalusien ist der einzige Ort, dessen Ruhm ebenso im arabischen und im europäischen Gedächtnis verankert ist. Und doch äußert sich die Wertschätzung ganz unterschiedlich. Während die Europäer als Touristen nach Andalusien ziehen und in Granada, Córdoba oder Sevilla allein dank der Architektur eine Ahnung von der Größe des maurischen Spanien bekommen, lebt für die Araber, von denen nur wenige das Glück haben, die Festung Europa besuchen zu dürfen, der Ruhm Andalusiens vor allem durch die dort geschaffene Poesie und Musik fort. Die nach alter Tradition gepflegte "Andalusische Musik" ist in Nordafrika gerade sehr in Mode, und die Texte der andalusischen Dichter haben seit langem klassischen Status, obwohl es nicht zuletzt europäische Gelehrte und Reisende des neunzehnten Jahrhunderts waren, die das kulturelle Erbe Andalusiens wiederentdeckten.

In der großartigen Anthologie zur andalusischen Lyrik, die nun der - sowohl des Arabischen als auch des Hebräischen mächtige - Zürcher Romanist Georg Bossong vorgelegt hat, findet sich, ziemlich in der Mitte des Buchs, der eine und einzige Schnittpunkt des europäischen und des arabischen Blicks auf Andalusien. Dieser Punkt ist, wie Bossong feststellt, die in der Alhambra verwirklichte einzigartige "Verbindung von Dichtung, Kalligraphie und Architektur". Unter vielem anderen können wir jetzt auch die Gedichte auf deutsch lesen, die als Kalligraphie in die Räume der Alhambra gemeißelt sind. Sie vermitteln eine Ahnung von dem, was für die Araber die Größe Andalusiens bis heute bestimmt: die Macht des Worts.

Ibn Zamrak heißt der 1393 gestorbene Dichter der Alhambra, ein Spätling unter den großen andalusischen Lyrikern. Als der Palast im vierzehnten Jahrhundert errichtet wurde, war die Blütezeit des maurischen Spanien bereits vorüber, die Reconquista und die Zerstrittenheit der Araber untereinander hatten ihr zerstörerisches Werk getan. Formale Strenge und thematische Beschränkung, die die klassische orientalische Lyrik prägen, sind bei Ibn Zamrak meisterlich auf die Beschreibung der Architektur konzentriert. Gebrauchslyrik, könnte man sagen, Bossong wagt sogar den Vergleich mit Werbesprüchen - doch warum nicht, wenn dieses Architektur- und Herrscherlob dann so klingt wie in dieser Beschreibung eines Aussichtsturms der Alhambra: "Von hier aus blickt er auf sein Reich Granada, wenn er erscheint auf dem Kalifenthron. / Weit läßt er schweifen seiner Blicke Roß - es kehrt zurück im Glanz der Siegschabracken. / Die Häuser sind den Augen eine Lust, / in Fesseln legen sie Verstand und Blick."

Die Konvention, die poetische, die gesellschaftliche und die religiöse, ist das große Richtmaß für diese Lyrik, selbst dort, wo sie sie auszutricksen und zu überwinden scheint. Wer in diesen Gedichten eine Moderne vorgebildet sucht oder den expressiven Kick, der liegt falsch, obwohl sie sich zu ihrer Zeit eben dadurch auszeichneten. Sie waren hochmodern für das Mittelalter, Pop- und Hochkultur in einem, sie waren sogar formal einen wichtigen Schritt weiter als die klassische arabische Dichtung im Osten, entstanden doch in Andalusien erstmals arabische Strophengedichte. Nur läßt sich das Neue, Schillernde und Lebendige schwerlich in der Übersetzung herauskitzeln, ohne die philologische Seriosität über Bord zu werfen.

Georg Bossongs reimlose, sich auf metrische Strenge beschränkende Übersetzungen mit dem Blankvers als "Kern" sind souverän und stilsicher, oft elegant. Ganz anders als die andalusischen Dichter schlagen sie aber nie über die Stränge oder lösten sich um eines poetischen Mehrwerts willen vom Original, wie es gerade bei den ausschweifenderen unter den Poeten auch im Sinne des Originals hätte sein können. Allzu niedlich klingt der folgende Frevel aus dem Mund Ibn Quzmâns (1080 bis 1160): "Greulich ist es mir zumute, wenn ich nicht mein Weinchen habe / Beim Propheten, schrecklich ist es, wenn Allâh das länger zuläßt!"

Manchmal ist es aber auch umgekehrt, und die Treue zum Original, für die diese Übersetzung steht, taucht die inhaltliche Frivolität gerade durch Nüchternheit in besonderes Licht. Der 1139 gestorbene Ibn Khafâdja, einer der eigensinnigsten unter den andalusischen Arabern, bezeugt es in seinem Gedicht mit dem Titel "Die Religion der Liebe": "Zu ihm die Liebe ist mir Religion und Ka'ba, sein Anblick Pilgerfahrt, Gedenken mein Koran." Und den glücklichen Andalusiern seiner Zeit ruft er entgegen: "Der Garten Eden ist bei euch allein (...) / Drum fürchtet nicht die Hölle: niemand kommt ins Höllenfeuer nach dem Paradies!"

Wie im Paradies wimmelte es auch in Andalusien vor schönen Frauen, sie sind das beliebteste Thema dieser Dichtung, selbst wenn sie um der Dezenz willen manchmal mit männlichen Pronomen angeredet werden. Metaphern und Vergleiche für weibliche Körperteile und Schönheitsmerkmale sind zahlreich. Die heutige Komik mancher dieser Vergleiche dürfte auch den Zeitgenossen nicht entgangen sein. "Auf zum Liebestreff", singt Ibn Khafâdja, "wo sie der Brüste Lanzenspitzen auf mich richtet / und ich der Küsse Roß auf Wangenbahnen jage." Aber gerade in Andalusien waren die Frauen nicht nur Objekt der Dichtung, sondern dichteten selber und standen ihren männlichen Kollegen an Frivolität nicht nach. Für Muhdja bint al-Tayyâni aus dem elften Jahrhundert jedenfalls war Penisneid noch ein Fremdwort: "Dank für die frischen Pfirsiche, die du mir schenkst! (...) / Sie sind so wohlgerundet wie der Mädchen Brüste, / doch lassen jeden Penis sie vor Neid erblassen!" Berühmte, sich gegenseitig liebende, bedichtende und auch bekriegende Liebespaare gab es, am berühmtesten waren Ibn Zaydûn und die Prinzessin Wallâda. Nach dem Scheitern ihrer Liebe spottet sie: "Ibn Zaydûn verleumdet mich zu Unrecht: / Er klagt mich an, doch trifft mich keine Schuld. / Argwöhnisch äugt er, wenn ich zu ihm komme, / ich könnte seinen Ali ihm entmannen."

Mit dem lang ersehnten Überblick über die arabische Literatur Andalusiens erschöpft sich diese Anthologie nicht. Zum Coup gerät sie durch die ebenso einleuchtende wie geniale Idee, endlich auch einmal die hierzulande noch gänzlich unbekannte, aus dem kulturellen Gedächtnis Andalusiens so gut wie getilgte hebräische Lyrik eingehend vorzustellen. Nicht nur steht sie ihrem arabischen Widerpart, von dem sie sich vielfach inspirieren ließ, kaum nach. Vielmehr vollzogen sich im Gebrauch des Hebräischen durch die jüdisch-andalusischen Dichter die ersten Schritte zur Säkularisierung der biblischen Sprache, was letztlich zur Wiederbelebung des Hebräischen als Alltagssprache im heutigen Israel beigetragen hat. Die Blütezeit Andalusiens unter muslimischer Herrschaft hat sich daher nicht nur ins europäische und arabische, sondern auch ins jüdische Erbe unauslöschlich eingeschrieben.

Der andalusische Schmelztiegel zwischen dem zehnten und dem vierzehnten Jahrhundert brachte Gestalten wie Moshe Ibn Ezra (1055 bis 1135) hervor, der griechische Philosophie studierte, seine Gedichte - mit gekonnten romanischen Einsprengseln - auf hebräisch schrieb, sein Werk über hebräische Dichtung aber auf arabisch. Oder den nur 36 Jahre alt gewordenen genialischen Hitzkopf Shelomo Ibn Gabirol (gestorben 1056), auf hebräisch Dichter eines tragischen Lebensgefühls, auf arabisch Verfasser eines umfangreichen neoplatonischen Traktats. Zeitlebens fühlte er sich unverstanden, seine Landsleute beschimpft er hemmungslos: "In eignen Augen riesengroß / sind sie für mich doch nur Insekten. / Bei jedem Philosophenspruch / tadeln sie mich als einen Griechen: ,Sprich einfach, daß wir dich verstehn! / Das ist doch wüstes Kauderwelsch!' / (...) Wenn eure Ohren heidnisch sind, was soll euch meine Glocke nützen?"

In solchen Versen klingt die hebräische Dichtung Andalusiens, die der arabischen soviel verdankt, sogar freier und unkonventioneller als die arabische. Fast könnte man sagen, sie sei moderner. Die sogar in Andalusien die Juden nicht verlassende Sehnsucht nach dem Heiligen Land, die Triebkraft dieser Modernität, könnte nicht stärker ausgedrückt werden als in diesen Versen Yehuda ha-Lewis, des größten Dichters des hebräischen Mittelalters: "Leicht ist es, das herrliche Spanien für immer zu lassen, / doch kostbar, zu schauen den Staub des zerstörten Altars."

Dieses Buch versammelt jedoch nicht nur viele schöne alte Gedichte, sondern es ist auch eine Kollektion faszinierender Dichterbiographien, die vom Herausgeber mit Liebe und Sorgfalt nacherzählt werden. Viel vom Staunen über Andalusien verdankt sich diesen abenteuerlichen Geschichten und Anekdoten, zumal Bossong vor kleinen, aber anregenden Übertreibungen nicht zurückschreckt und der heiligen Nüchternheit, die seine Gedichtübersetzungen auszeichnet, in der Prosa die Würze der Trunkenheit nachreicht.

Gibt es eine Lehre aus diesem "Wunder von al-Andalus"? Bossong formuliert sie: "Die Symbiose von arabischer und hebräischer Sprachkultur, von muslimischem und jüdischem Geist bringt Wunder hervor - ihre Konfrontation kann nur Ungeheuer gebären." Al-Rundî aus Ronda wußte das schon im dreizehnten Jahrhundert: "Vergessen spendet Trost in Schicksalsschlägen, / doch mildert nichts das Unglück des Islam. So rettungslos ist Spaniens Katastrophe, / daß Mekkas Berge einzustürzen drohn. / Der böse Blick hat den Islam befallen."

STEFAN WEIDNER

Georg Bossong (Hrsg.): "Das Wunder von al-Andalus". Die schönsten Gedichte aus dem Maurischen Spanien. Aus dem Arabischen und Hebräischen übersetzt und erläutert von Georg Bossong. Mit einem Nachwort von Said. Verlag C.H. Beck, München 2005. 350 S., geb., 24,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Der Rezensent Ludwig Ammann lässt seiner Begeisterung freien Lauf. Denn diese von Georg Bossong herausgegebene Anthologie der Lyrik aus dem maurischen Spanien hat ihn gleich in mehrerlei Hinsicht entzückt. Zum einen mache sie dem deutschsprachigen Publikum eine literarisch hoch bedeutsame und schöpferische Epoche zugänglich, die "das anakreontische Lob von Wein, Weib und Mann" kunstvoll und reich variiere. Zum anderen zeichne sie sich durch eine "souveräne Auswahl" und herausragende Erläuterungen aus. Doch es ist die Übersetzung, die den Rezensenten in jähe Verzückung geraten lässt. Bossong begehe keinen der klassischen Fehler, etwa das Reimschema oder schlimmer noch die Metren der Vorlage beibehalten zu wollen, und dem "Verfremdungseffekt überzogener Treue" anheimzufallen. Seine "rhythmisch streng durchgearbeitete" Verse, findet der Rezensent, sind in einem "zeitentrückten, erstaunlich ungekünstelten hohen Ton" gehalten, der von "größter poetischer Verfeinerung" gekennzeichnet ist und die Gedichte in einem überraschend modernen Licht erscheinen lässt. Und nicht zuletzt trage die Anthologie auch der jüdischen Lyrik Rechnung, die sich vom kulturellen Hoch der Maurenzeit inspirieren ließ. All das bewegt den Rezensenten zum begeisterten Fazit, dass der Leser es hier mit einem zukünftigen Klassiker zu tun hat.

© Perlentaucher Medien GmbH
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