“Es ist also alles wahr in dem Lied, fragte Charlys Frau.
Viele Leute haben mich das gefragt, sagte Edgar, und ich sage immer: Was ist Wahrheit?”
Mit seinem Rock-Idol im Garten sitzen, das ist wohl durchaus der Traum von vielen Menschen. Für Charly erfüllt sich dieser Traum: die Rettung seiner
Jugendjahre, der Frontmann der Edgar Broughton Band, Edgar Broughton himself, hat gerade ein kleines…mehr“Es ist also alles wahr in dem Lied, fragte Charlys Frau.
Viele Leute haben mich das gefragt, sagte Edgar, und ich sage immer: Was ist Wahrheit?”
Mit seinem Rock-Idol im Garten sitzen, das ist wohl durchaus der Traum von vielen Menschen. Für Charly erfüllt sich dieser Traum: die Rettung seiner Jugendjahre, der Frontmann der Edgar Broughton Band, Edgar Broughton himself, hat gerade ein kleines Konzert für Charly und seine Familie und Freunde gegeben und sitzt jetzt mit ihnen zusammen im Gartenzelt. Natürlich wird er ausgefragt. Und während diese Szene der Anker ist, der in der Gegenwart verbleibt und der die restlichen Teile daran hindert, in der Luft herumzuhängen, lässt Kohl die Linse der Erzählung in die Vergangenheit wandern; besser gesagt: die zwei Vergangenheiten.
Die eine Vergangenheit ist die von Charly und seinem Bruder, die in einem österreichischen Kaff nahe Linz aufwachsen und in deren Leben es wenig Abwechslung und wenig Grund für Ausgelassenheit gibt. Der Vater ist ein bisschen besessen von der modernen Technik, die Jungs müssen früh mit anpacken bei der Arbeit, das Dorfleben hält keinerlei Überraschungen bereit. In diese Tristesse platzt, gleich einem persönlich zugeschnittenen Wunder, eine Platte der Edgar Broughton Band und mit ihr eine ganz neue Welt und u.a. das Lied „Evening on the rooftops“.
“Wie dieses Lied in ihr Dasein hereingebrochen war. Wie sie auf einmal gewusst hatten, dass sie recht hatten. Dass sie nicht allein waren. Wie Zorn und Wut und Mut und Hoffnung aufgebrochen waren in ihren Kinderherzen. Und die Zuversicht, dass es sich lohnte, all die Zumutungen auf sich zu nehmen und sie zu ertragen, weil da draußen etwas Besseres auf sie wartete.”
Die andere Vergangenheit ist die von Edgar Broughton, der während der Stunden im Zelt viel aus dem Nähkästchen plaudert und von seinen Erfahrungen mit der Band und mit dem Leben danach und über die Songtexte und Alben Auskunft gibt. Stück für Stück setzt sich so die Geschichte der Edgar Broughton Band zusammen, etwas glorifiziert vielleicht, aber gerade deshalb glaubwürdig, denn es geht ja um Erinnerungen an Jugendzeiten, Jugendglück, Zeiten der Überhöhung, der Empfindsamkeit.
“Das Interessanteste ist, dass mir jeder sagt: Du kannst das nicht tun, das funktioniert nicht, du kannst nicht zurückreisen in die Jugendzeit. Ich weiß natürlich, dass sie recht haben. Aber ich akzeptiere es nicht. Ich weiß, dass es aussichtslos ist, aber ich werde es versuchen, wieder und wieder. Das tu ich für mich selbst.”
Der Roman verlässt sich auf die Wirkung der beschworenen Musik und ist ansonsten wenig ausführlich. In kreisenden, die Tristesse-Atmosphäre des Dorfes und der Kindheit betont herausarbeitenden Bewegungen, zelebriert der Roman behutsam die Melancholie der Jugend, die Melancholie des scheinbaren Aufbruchs, breitet die Welten der Musik als Welten des Heils, des Geheimnisses und des Widerstands aus. Dabei bleiben die Geschichten aller teilnehmenden Personen etwas auf der Strecke, werden nur im Stil einer schlichten Vorgefundenheit beleuchtet und nicht intensiviert. Die Magie der Musik ist die Protagonistin.
„Out Demons Out“ ist ein Liebeserklärung, ein Portrait, eine tiefe Auseinandersetzung mit dem Phänomen und der Kraft der Popmusik. Als klassischer Roman müsste das Buch scheitern. Aber durch seine leichthändige Art des Porträtierens gewinnt es viel und ist auf ganzer Strecke eine angenehme, wenn auch nicht immer anregende Lektüre. Unübersteigert, melancholisch.