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Der rührend unerfahrene Ostberliner Sascha liebt die Frauen. Wenn sie ihn doch nur zurücklieben würden ...

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Produktbeschreibung
Der rührend unerfahrene Ostberliner Sascha liebt die Frauen. Wenn sie ihn doch nur zurücklieben würden ...
Autorenporträt
Jakob Hein, geboren 1971 in Leipzig, wuchs in Berlin auf, wo er heute als praktizierender Arzt mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen lebt. Neben den Bestsellern »Mein erstes T-Shirt«, »Formen menschlichen Zusammenlebens« und »Herr Jensen steigt aus« erschienen unter anderem von ihm sein autobiografisches Familienporträt »Vielleicht ist es sogar schön«, »Gebrauchsanweisung für Berlin«, »Antrag auf ständige Ausreise«, »Der Alltag des Superhelden«, »Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht« und der Roman »Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand«.
Rezensionen
»Hein liefert gleichzeitig das famose Psychogramm, dem jeder irgendwann schon einmal begegnet ist, und die Sozialstudie einer Generation, die irgendwo immer auf eine ganz seltsame Weise auf der Suche ist.« Ostthüringer Zeitung 20100123

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.04.2010

Das Herz hängt in der Toilettenschüssel

Was macht der The-Cure-Fan ohne weiße Schminke? Der humoristische Erzähler Jakob Hein feiert seine ewige ostdeutsche Teenager-Party weiter - diesmal im "Haus der Pioniere" im hintersten Winkel Brandenburgs.

Nein, das ist nicht schön, wenn man mit Sarah zum Konzert der Punkband "Productive Cough" nach Doberlug-Kirchhain ins hinterste Brandenburg fährt - und die Angebetete am Ende in den Armen des Sängers liegt. Und so geht es Sascha nicht nur einmal. In "Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand" richtet Jakob Hein vor dem Hintergrund der agonierenden DDR ein pubertäres Liebesdesaster an. Dass ein Jugendlicher bei der Frauenverteilung zu kurz kommt, wird zwar allgemein nicht als weltbewegendes Drama anerkannt. Der tatsächliche Leidensdruck mag aber oft größer sein als bei späteren "ernsten" Lebenskrisen, wenn die Seele sich bereits passable Stoßdämpfer zugelegt hat.

Bei Sascha allerdings erweist sich das Elend als relativ - eigentlich ist der kluge Junge aus Ost-Berlin beim anderen Geschlecht überdurchschnittlich beliebt, wenn auch vorerst nur als verständnisvolle "Freundin mit Penis", bei der die Mädchen sich über (von Sascha leider nicht verschuldete) Liebesnöte ausweinen können. Mit sechzehn hat er dann unversehens Sex mit der schönen Jana, beendet die Beziehung aber selbst nach einem halben Jahr, weil Jana den falschen Musikgeschmack und eine unzumutbare Neigung zu Plüschtieren hat. Bald darauf lässt er sich von einer resoluten Bikerin abschleppen, die am Ende der Liebesnacht ihre Tätowierpistole herausholt, um seine zarten Hinterbacken zu verzieren. Und die attraktive Julia, die Männer sammelt "wie ein von der Decke hängender Klebestreifen die Obstfliegen", zeigt genug Interesse an ihm, um sich über sein scheinbares Desinteresse aufzuregen - er rechnet sich bloß keine Chancen bei ihr aus. Falsch reagiert er auch, als die bezaubernde Anette ihm am Ende einer Party fragt: "Kann ich nicht einfach bei dir schlafen?" Sie wird richtig sauer, als er ihr schüchtern die Gästecouch zuweist.

Kurz: Man vergeht nicht gerade vor Mitleid mit dem dauerverliebten Sascha. Mit den jungen Frauen hadert er zwar fürchterlich ("Sie hatten mein Herz genommen und damit Federball gespielt. Sie hatten damit die Unterkanten ihrer Toiletten gereinigt und es dann heruntergespült ..."), kann ihnen aber dauerhaft nicht böse sein. Denn eigentlich war er nur zu ungeschickt, um zu bekommen, wonach er lechzte: "Die Frauen haben es niemals gemerkt, wenn ich verliebt in sie war." Nicht verschmäht wurde er, sondern verkannt; ein feiner Unterschied.

So strahlt am Ende der Leiden des jungen Sascha die psychologische Einsicht. "Verarscht, gequält und hinters Licht geführt hast du dich selbst" - so lautet das banale Resümee des Romans aus dem Mund der anmutigen Lara. Als Sascha ihr sein Problem mitteilt, ist sie prompt bereit, mit ihm zu schlafen. Und weil es so gut geklappt hat, wiederholt Sascha seinen Offenbarungseid gleich noch bei zwei anderen Mädchen: "Die Art, wie Irene über mich herfiel, erinnerte mich an die Raubtierfütterung ..." Na bitte! Und damit auch wirklich niemand denkt, der irgendwie ja doch ein bisschen autobiographisch wirkende Sascha sei ein Ungeliebter, widmet der Erzähler zum guten Ende noch ein Hauruck-Kapitel seiner glücklichen Ehe mit Johanna. Die hat nicht nur einen "unwiderstehlichen Hintern", sie erweist sich bald auch als "großartige Mutter".

Das Risiko einer radikalen Darstellung des peinlich-peinigenden Teenager-Sexualelends ist Jakob Hein nicht eingegangen; er ist kein Houellebecq der Pubertät und erst recht kein Scharfmacher im Geschlechterkampf. Stattdessen präsentiert er einen humorigen Anekdotenreigen, garniert mit Reminiszenzen an die mauerdurchdringende Popkultur der achtziger Jahre: Party im "Haus der Pioniere". Zwar wirkt die Poproman-Masche mit dem Auflisten von (unerreichbaren) Markenprodukten und der Lieblingsmusik der jungen Jahre inzwischen reichlich abgestanden. In diesem Fall sind einige der Ostjugend-Erlebnisse aber nicht ohne Reiz.

Wir erfahren, dass der Fan von "The Cure" in der DDR, wo weiße Schminke nicht zu bekommen war, auf medizinische Zinksalbe zurückgriff. Amüsant ist es auch, vom Pop-Transfer via Großeltern zu lesen. Die Senioren genossen ja Reisefreiheit, und so wurden sie von ihren Enkeln beauftragt, aus West-Berlin für mühsam erspartes Geld die angesagten Platten und Accessoires zu beschaffen. Das führte bisweilen zu Familiendramen gleich hinterm Grenzübergang, wenn statt The Clash Johnny Cash in der Tüte war oder statt der gewünschten schwarzen Basketballstiefel jene Sportschuhe, die Oma selbst am besten gefallen hatten.

Im Hauptberuf ist der 1971 geborene Jakob Hein Oberarzt an der Berliner Charité, dazu als Väterbeauftragter der Klinik ein geschlechterpolitischer Pionier. Seit 2001 hat er nicht weniger als zehn Bücher veröffentlicht. Literatur liegt beim Sohn Christoph Heins in der Familie; das Schreiben geht ihm offenbar leicht und nebenbei von der Hand. Sein Erzählen ist geprägt von der Lesebühnenkultur: Themen und Tücken des Alltags, schnelldrehende Witzigkeit. Das wirkt oft einfach so dahingeplauscht; stilistisch ist dieser Roman alles andere als ein Ereignis. Vielleicht sollte sich Jakob Hein mit seinem nächsten Buch einfach mal mehr Zeit lassen.

WOLFGANG SCHNEIDER

Jakob Hein: "Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand". Roman. Piper Verlag, München 2009. 174 S., br., 14,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2010

KURZKRITIK
Balz und Schmalz
Jakob Heins Roman „Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand”
Warum erscheint dieses Buch so unausgegoren? Weil sein Titel von „Liebe” redet, wo es um Verliebtheit geht? Weil eine Taschenbuchausgabe von Sartres „Die Worte” erwähnt wird, wo „Die Wörter” gemeint ist? Vor allem, weil dieses Büchlein hält, was sein Klappentext androht - dass der „rührend unerfahrene Ostberliner Sascha” seine „tragikkomische Geschichte” erzählen wird – eine Adoleszenzgeschichte vor dem Hintergrund der verdämmernden DDR, deren Soundtrack auf bis zur Unkenntlichkeit kopierten Kassettenaufnahmen westlicher Popmusik neben der Erzählung herzuckelt. Das „Tragikomische” soll darin liegen, dass Sascha bei den Mädels durchaus ankommt, aber nur als Hausaufgabenhelfer und Kummerkasten, nicht als potentieller Liebhaber. Das mag an seiner unausgereiften Tanz- und Balztechnik liegen, ist aber weder tragisch noch komisch, sondern kommt in einschlägigen Romanen der Machart „sympathischer Loser” immer wieder vor.
Und es wächst sich auch in Heins Buch noch zurecht, halbwegs: „Bei zweiten Mal waren wir immerhin schon vollständig ausgezogen und probierten etwas im Badezimmer, das aber nicht so richtig funktionierte,” heißt es endlich und zeigt, wie hier die Komik funktioniert, nämlich nicht so richtig. Deren Prinzip, Peinliches mit einem Augenzwinkern zu erzählen, bräuchte einen gewissen Abstand des Ich-Erzählers zum Erzählten, um nicht peinlich zu werden. Dieser Abstand aber wird nicht erreicht, wo Witzelei und Ironie immer schon bei Fuße gehen. Was bleibt, sind Plattitüden. ULRICH BARON
JAKOB HEIN: Liebe ist ein hormonell bedingter Zustand. Roman. Piper Verlag, München 2009. 174 Seiten, 15,40 Euro.
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