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Maria Popova porträtiert brillante Denkerinnen und Denker aus Wissenschaft, Kunst und Literatur. In poetischer Sprache und mit erfrischend persönlichem Erkenntnishunger verknüpft Popova Lebensentwürfe und Gedanken der letzten vierhundert Jahre. Ein Buch, das Grenzen sprengt, Geschichte neu erzählt und dazu anregt, Gesellschaft anders und gemeinsam zu denken.

Produktbeschreibung
Maria Popova porträtiert brillante Denkerinnen und Denker aus Wissenschaft, Kunst und Literatur. In poetischer Sprache und mit erfrischend persönlichem Erkenntnishunger verknüpft Popova Lebensentwürfe und Gedanken der letzten vierhundert Jahre. Ein Buch, das Grenzen sprengt, Geschichte neu erzählt und dazu anregt, Gesellschaft anders und gemeinsam zu denken.
Autorenporträt
Maria Popova, geboren 1985 in Bulgarien, ist eine große Leserin und schreibt über das, was sie liest, auf ¿The Marginalian¿ (themarginalian.org, früher ¿Brain Pickings¿). Sie wuchs umgeben von Musik und Mathematik auf und ging zum Studium nach Amerika. Seit 2012 gehören ihre Beiträge auf ¿The Marginalian¿ zum permanenten Library of Congress Digital Archive. Sie lebt und arbeitet in New York.
Rezensionen
»Ein Buch für eine lange, inspirierende Zeit auf dem Nachttisch.« Susanne Bilig / Deutschlandfunk Kultur Deutschlandfunk Kultur

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.11.2020

Die explodierte Universalbibliothek
Maria Popova schöpft ihre Essays in „Findungen“ aus den Netzwerken des Weltwissens und preist die fragile Liebe unter Geistesmenschen
Man benutzt das Internet jetzt oft, um sich ein Taxi zu bestellen, oder um einen Jubelschrei oder eine Verwünschung in die soziale Welt hinaus zu bellen. Ein Gedanke hält dabei so lange, wie man braucht, ihn in Worten auszustoßen, das Bewusstsein fühlt sich löchrig an. Aber unter den praktischen Benutzeroberflächen liegt doch immer noch das Versprechen des Netzes: Dass das ganze Wissen der Welt nur ein paar Links entfernt ist und immer alles mit allem verbunden. Wobei auch das alte platonische Problem nach wie vor ungelöst ist: Davon, dass es da irgendwo liegt, das Wissen, weiß noch kein Mensch etwas.
Man muss es also lesen, aktualisieren, scharf machen, und weil das jetzt technisch so einfach ist wie nie, macht es auch so süchtig wie nie: Eine Fußnote führt zum nächsten Text, von dort erschließt sich ein unbekanntes Milieu, eine neue Biografie geht auf, ein leise fiebrige Manie setzt ein. Dieses Leben und Lesen in der explodierten Universalbibliothek hat die 1985 in Bulgarien geborene amerikanische Autorin Maria Popova besonders kultiviert.
Zunächst in ihrem Blog „Brainpickings“, wo sie Zitate, Funde in virtuellen und physischen Bücherregalen mit etwas Kontext, häufig den Lebensgeschichten der Autorinnen versehen, der Welt zurück zu lesen gab. Sie erreichte damit Millionen Leserinnen und Leser und die Library of Congress in Washington, eine der größten und aktivsten Bibliotheken der Welt, nahm ihn in seine digitalen Archive auf.
In seiner etwas folgenlosen Neugier auf Bildungshäppchen merkt man „Brainpickings“ auch einen Hand zum Kitsch an. Dann allerdings hat Maria Popova vieles, was sie für den Blog herausgefunden hatte, zu einem Buch kompiliert, das jetzt auf Deutsch unter dem Titel „Findungen“ erschienen ist. Sie erklärt darin auch, in welchem Zusammenhang sie ihre pickings sieht. Und auf einmal wirkt ihr Bildungsprojekt auf eine charakteristische und schöne Art größenwahnsinnig.
Popova collagiert die Lebensgeschichten historischer Figuren, die etwas in der Geistesgeschichte zum ersten Mal gemacht haben. Beginnend mit Johannes Kepler, den sie nicht nur als Beobachter von Planetenumlaufbahnen und Verteidiger seiner der Hexerei geziehenen Mutter beschreibt, sondern auch als Autor des ersten Science-Fiction-Werkes der Weltliteratur, „Somnium sive astronomia lunaris“. Dann die Quäkerin Maria Mitchell, die 1847 einen Kometen entdeckte und als erste Frau in die American Academy of Arts and Sciences aufgenommen wurde. Margaret Fuller, die als Feministin mit ihrem Buch „Woman in the Nineteenth Century“ und als Literaturkritikerin und Europa-Korrespondentin der New York Tribune eine Pionierin war. Außerdem Emily Dickinson, die Popova als Avantgardistin des Stream of consciousness sieht, sowie die Vorreiterin der Umweltbewegung und des Nature Writing, Rachel Carson.
Diese Figuren und ihre Zeitgenossen hängen nach der Vorstellung von Maria Popova nicht nur motivisch zusammen, sondern in einem Zeit und Raum überspannenden „Netz wechselseitiger Beziehungen“. Sie verficht eine enthusiastisch vereinfachte Version einer Mischung aus Ökologie und dem, was in der Soziologie Akteurs-Netzwerk-Theorie heißt. „Unser Leben lang versuchen wir auszumachen, wo wir enden und der Rest der Welt beginnt“, schreibt sie, aber erst „aus der Distanz von Jahrzehnten oder Jahrhunderten“ stellten sich Übereinstimmungen heraus: „Leben verflechten sich mit anderen Leben, und aus diesem Wandteppich ergeben sich Hinweise zu Antworten auf Fragen, die die Essenz des Lebens betreffen“.
Wenn man nur genug Wissen zusammenbringt, versichert dieses Weltbild, kann man nicht anders als einsehen, wie alles mit allem verbunden ist, aber auch maximal plastisch, in dauernder Transformation begriffen. Daraus entsteht eine überschwängliche Wissensfaszination, die immer sub specie aeternitatis spricht. Besonders das Nature Writing hat diese Geste beliebt gemacht, das oft von Jahrtausende umfassenden Prozessen der Evolution handelt. Auf die Geistesgeschichte übertragen hält das historischer Genauigkeit und methodischer Prüfung kaum stand. Imposant ist so eine naive Offenheit für Komplexität und Pluralität aber allemal. Unter den Geisteszuständen, die das Internetzeitalter hervorbringt, ist sie sicher eine der schönsten – und als literarische Form der Essays von Maria Popova abenteuerlich produktiv.
Wobei auch ihre stilistischen Probleme sofort auf der Hand liegen. Um zum Beispiel wild zwischen den Zeitebenen springen zu können, benutzt Popova Einschübe, die sich abstrakt und schwerfällig in den Text spreizen: „Drei Jahrhunderte vor Kepler hatte Dante…“; „Ein Vierteljahrtausend danach würde…“. Dazu kommt, dass sie enorm viel zitiert, Lebens- und Beziehungsgeschichten paraphrasiert, aber ihr Material kaum durchdenkt. Sie macht kein Argument daraus, eher lässt sie Konstellationen von Gestalten, Metaphern, Wissensbeständen blühen. Die lesen sich angenehm, nur wo sich Popova doch zu Erkenntnissen genötigt sieht, rutscht sie ins Schmalzige hinein: „Bei Gefühlen verhält es sich anders: Sie erwachsen aus dem Nebel, der aus den tiefsten Tiefen unseres unvernünftigen, vernunftlosen Unterbewusstseins emporsteigt, und selbst wenn sie für einen kurzen Augenblick einen Regenbogen bilden und mit dem Licht eines anderen Regenbogens in Berührung kommen, lösen sie sich genauso schnell und unerklärlich wieder in Luft auf.“
An solchen Stellen ist es schwer, nicht das Vertrauen zu dieser Erzählerin zu verlieren. Aber aus den Augenwinkeln erkennt man doch, wie sich eher nebenbei ein hinreißendes Motiv in Popovas Geschichten sedimentiert. Fast als hätte sie es unabsichtlich entdeckt, während die eigentliche Ausgangsfrage – „Wo befindet sich der Ort, an dem es einer Person erlaubt ist, ein neues Terrain der Möglichkeiten abzustecken?“ – unbeantwortet bleibt. Warum wird jemand in den unendlichen Netzwerken des Wissens die Erste, die etwas Unvorhergesehnes wagt? Statt zu einer Antwort darauf, entwickeln sich Popovas Diskursbegründer-Biografien zu Geschichten über zu heftig, großzügig und unerwidert Liebende. Oft sind es homosexuelle Lieben, besonders zwischen Frauen, die so stark wie gesellschaftlich unmöglich sind.
Eines der schönsten Kapitel handelt von der Freundschaft der Transzendentalisten Margaret Fuller und Ralph Waldo Emerson. Bei aller Seelenverwandtschaft wird es dem Dichter irgendwann der Intimität zu viel und sogar ihm gehen die Worte aus: „Anderen mag es taugen“, schreibt er an Fuller: „doch mir liegt es nicht, Beziehungen zur Sprache zu bringen (…), wenn du mich fragst, wie ich über dich & mich denke, stürzt mich das in Verwirrung.“
Aus der Masse des Wissens, das Popova umpflügt, wölbt sich eine leise komische Universalie heraus: Der verschwenderisch ungelenke Umgang großer Geistesmenschen mit ihren Gefühlen. Ein Thema, das man wiederum nicht als trivial missverstehen sollte. Mit großen Fragen zu starten und sich auf erstaunlichen Nebengleisen des Wissens wiederzufinden gehört auch zu den typischen Erlebnissen des Internetdenkens. Zwischen Chaos und Struktur, Kitsch und Großartigkeit, Nervosität und ganz langem Atem schwankend gehören die Essays von Maria Popova zu seinen lieblichsten Blüten.
MARIE SCHMIDT
„Wenn du mich fragst, wie ich
über dich & mich denke,
stürzt mich das in Verwirrung.“
Maria Popova:
Findungen.
Aus dem Englischen
von Stefanie Schäfer,
Heike Reissig und
Tobias Rothenbücher.
Diogenes, Zürich 2020.
864 Seiten, 28 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension

Rezensentin Susanne Billig empfiehlt dieses 864-seitige Trumm der bulgarischen Autorin und Bloggerin Maria Popova mit leisen Einschränkungen. Interessiert streift die Kritikerin mit der Autorin durch die Philosophie- und Kulturgeschichte der letzten Jahrhunderte, begegnet Geistesgrößen wie der Astronomin und Frauenrechtlerin Maria Mitchell, der Literaturkritikerin Margaret Fuller oder dem Transzendentalisten Ralph Waldo Emerson und bewundert, wie "hingebungsvoll" Popova deren Lebenslinien nachspürt. Großartig findet Billig auch die Verbindungen, die die Autorin immer wieder knüpft, etwa wenn sie nachweist, dass fast alle Porträtierten sich homoerotischen Neigungen hingaben, mit ihren "Geschlechterrollen haderten" oder politisch kämpften. Ein paar Längen verzeiht die Rezensentin diesem prächtigen und "inspirierenden" Werk gern.

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