es gibt mittlerweile (zum Glück) einiges an Literatur dieser Art. In den komfortablen 70er Jahren augewachsen, mag ich das zuweilen lesen, um zu sehen, was noch 30 Jahre vorher Menschen Unvorstellbares durchgemacht und ausgehalten haben, alles Wirklichkeit, keine Bellestristik, keine
Ausschmückungen, und natürlich auch, was man daraus lernen kann...
die Nazi-Vergangenheit wurde seitdem, mal…mehres gibt mittlerweile (zum Glück) einiges an Literatur dieser Art. In den komfortablen 70er Jahren augewachsen, mag ich das zuweilen lesen, um zu sehen, was noch 30 Jahre vorher Menschen Unvorstellbares durchgemacht und ausgehalten haben, alles Wirklichkeit, keine Bellestristik, keine Ausschmückungen, und natürlich auch, was man daraus lernen kann...
die Nazi-Vergangenheit wurde seitdem, mal schlecht, mal recht, aufgearbeitet, der Stalinismus eigentlich erst seit Gorbatschow, und ohnehin war man vom Kalten Krieg eingenommen, und so ist es gut, hier mal zwischen den Zeilen der Politik zu lesen, "wie es damals wirklich war".
Auch hier gilt höchster Repekt vor der wahren Geschichte, die der Autor von sich selbst erzählt. Trotzdem, wenn einen das Thema interessiert, kommt einem einiges nun schon bekannt vor: allzu junge Menschen, noch im Schüler-Alter, müssen an die Front, sie sind natürlich von der herrschenden Ideologie beeinflußt, kriegsbegeistert ist aber schon längst keiner mehr und auch eine militärische Ausbildung findet nur noch in Ansätzen statt. Fakt ist nur, die jungen Leute werden irgendwo "weit im Osten" abgeladen, niemand sagt ihnen, wo sie genau sind und daß sich alles längst in Auflösung befindet...
die Schilderungen sind wie oft, kurze und von daher verdauliche, nicht ausufernde und übersichtlich in Reihenfolge gebrachte, nunja, "Begebenheiten", im Grunde dramatisch, aber doch tausendfach geschehen, und in der Erinnerung Abels merkwürdig klar, knapp und prägnant, beinah sachlich, so "unglaublich" sie auch heute scheinen und so sehr, so sagt der Autor, man doch auch sonst vieles vergißt, was so lange her ist...
wenn da nicht diese "philosophischen Momente" wären: der endgültig allein und versprengt des nachts auf einem polnischen verschneiten Acker sitzende junge Soldat hat plötzlich den Gedanken, das erste Mal "frei" zu sein, und angesichts dessen, daß er sich nun durchschlagen und überleben muß, sagt er: "von Karl May habe ich mehr gelernt als in meiner überstürzten Rekruten-Ausbildung"- da muß man beinah schmunzeln, wenn es nicht so ernst wäre. Mal fühlt er sich dem Wahnsinn nahe, mal hat er ein schlechtes Gewissen beim Diebstahl eines Stück Käse...
er beobachtet an sich, was die beherrschenden Elemente Hunger, Flucht, Kälte und später Gefangenschaft mit dem Menschen machen, wie er und andere das alles nur noch instinktiv, abgestumpft, manchmal trance-artig überstanden haben, und daß es natürlich ein Riesenglück war, später überhaupt wieder zu den Heimkehrern zu gehören...
und so macht er die Bekanntschaft der Russen, beobachtet ihre "Sowjet-Menschen-Prägung" die mancherlei auch zuweilen hilfreiche Gleichgültigkeit mit sich bringt, aber bei den deutschen Gefangenen wie bei den russischen Aufsehern eben auch Momente, wo allgemein gültige Regungen wie Nähe, Nachsicht und Freundlichkeit unter der Ideologie beider Seiten wieder zum Vorschein kommen....
und so schlägt er schließlich den Bogen, indem er doch heute endlich zurückblicken, ordnen und vielleicht endlich auch ein bißchen verarbeiten kann und mag-- rührend, wie er seinen 75.Geburtstag unter das Motto "Russland" stellt und abermals philosphisch und fast wieder poltisch wird-- "was wir damals nur wie einen üblen Film wahrgenommen haben, hat vielleicht aus heutiger Sicht doch etwas an sich, aus dem man etwas über die Menschen gelernt hat und was sie im Innersten bewegt, was Ideologien, aber auch ´Sachzwänge` anrichten und was für die Zukunft daraus zu lernen ist", natürlich aber auch Traumatisierung und Spätfolgen, die jahrzehntelang öffentlich kein Thema waren.
Es ist dem Autor Dank und Respekt zu sagen, daß er es nun doch über 50 Jahre danach noch aufgeschrieben hat und auf den letzten Seiten wird dies kleine Buch von daher nochmal richtig großartig. Absolut lesenwert!