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Nicht nur die Einleitung einer Psychotherapie erfordert ein besonderes Handlungs-und Bewußtseinsrepertoire seitens des Therapeuten, sondern auch ihre Beendigung und damit die zielgerichtete und reflektierte Einleitung der Endphase - und dies um so mehr in einer Zeit, in der die Dauer einer Behandlung stark durch enge finanzielle Rahmenbedingungen eingeschränkt ist.
Der Therapeut muß heute viel mehr als früher Zeitmanagement lernen, und das umfaßt ein individuell am Patienten orientiertes fachkundiges und ökonomisches Beendigungshandeln. Überraschenderweise gibt es über die Beendigungsphase
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Produktbeschreibung
Nicht nur die Einleitung einer Psychotherapie erfordert ein besonderes Handlungs-und Bewußtseinsrepertoire seitens des Therapeuten, sondern auch ihre Beendigung und damit die zielgerichtete und reflektierte Einleitung der Endphase - und dies um so mehr in einer Zeit, in der die Dauer einer Behandlung stark durch enge finanzielle Rahmenbedingungen eingeschränkt ist.

Der Therapeut muß heute viel mehr als früher Zeitmanagement lernen, und das umfaßt ein individuell am Patienten orientiertes fachkundiges und ökonomisches Beendigungshandeln. Überraschenderweise gibt es über die Beendigungsphase in der Therapie kaum Literatur, und selbst von den »Großen« der Psychoanalyse liegt nur wenig Systematisches vor, möglicherweise, wie Eva Jaeggi in ihrem Vorwort meint, weil Therapeuten selbst gerne dem Thema Abschied und Trennung ausweichen.

Die Autorin beginnt mit einer Darstellung des »Beendigungswissens« für den Praktiker, in der die theoretischen und methodischen Voraussetzungen ebenso beschrieben werden wie einzelne technische Strategien, die zu einer fachgerechten und von beiden Seiten gewollten Beendigung führen. Ein historischer Rückblick auf die Erkenntnisse seit Freud, Ferenczi und Balint bis heute beendet den Grundlagenteil. Im Hauptteil erfolgt eine schulenspezifische Gegenüberstellung des jeweiligen Beendigungshandelns einzelner therapeutischer Richtungen, wobei ausgesuchte Fallbeispiele die jeweils unterschiedlichen Vorgehensweisen und Probleme illustrieren. Die Vignetten stammen aus den vier verbreitetsten Therapierichtungen, nämlich aus der Psychoanalyse, der Gestalt-, der Gesprächs- und der Verhaltenstherapie.

»Es ist das besondere Merkmal einer therapeutischen Beziehung, daß sie auf ihre möglichst baldige Beendigung hin ausgerichtet ist.« (nach Otto Rank)

Stimmen zum Buch

»Frau Müller-Ebert ist es auf einfühlsame Weise gelungen, in ihren Interviews auch sehr persönliche Ebenen bei den von ihr befragten Therapeuten anzusprechen, was die Lektüre spannend macht und zur Selbstreflexion anregt. ... [Ihr] Verdienst ... liegt darin, sich dem Thema "Trennungskompetenz" in klinischer Hinsicht differenziert und zielgerichtet zu nähern ...«
Oliver Kugele (Psychotherapie im Dialog, 06/2007)

Autorenporträt
Johanna Müller-Ebert, Dr., ist Diplompsychologin und Psychotherapeutin. Seit fast 20 Jahren ist sie als Psychotherapeutin in freier Praxis tätig und leitet ein staatlich anerkanntes Weiterbildungsinstitut für Psychotherapie. Sie ist darüber hinaus Lehrbeauftragte an der Universität Hildesheim und der TU Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.2001

Wie beende ich das Gespräch?

An Büchern über das Lob der Therapie ist kein Mangel. Es gibt kaum einen Sektor der Sachbuchlandschaft, der sich so berechenbar immer wieder neu regeneriert wie jener der Identitäts- und Beziehungsliteratur. So unausschöpfbar die Seele ist, so zahlreich sind die Methoden, ihre Abgründe behandlungstechnisch zu überbrücken. Mag der Buchmarkt ringsum seine Einbrüche verzeichnen - therapeutische Führer, die durch die ganz persönliche Sinnkrise führen, haben krisenfeste Konjunktur. Nun weiß jeder, der im Therapiegeschäft zu Hause ist: Eine Therapie zu beginnen, ist nicht schwer, eine zu beenden jedoch sehr. Um so erstaunlicher, daß die Kunst des Beendens von Therapien bisher kaum Autoren gefunden hat. Lag es daran, daß man fürchtete, mit einem Schlag könne der Therapiebuch-Boom in sich zusammenbrechen, wenn erst einmal einer schreibt, wie man auch alleine klarkommen kann? Die Psychologin Johanna Müller-Ebert hat nun beherzt das Tabu gebrochen und die Lunte an den Markt der Seelenführer gelegt ("Trennungskompetenz". Die Kunst, Psychotherapien zu beenden. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2001. 313 S., geb., 59,- DM). In der Tat neigen Psychotherapeuten bekanntermaßen nicht dazu, ihren Patienten frühzeitig den Laufpaß zu geben. Am schwersten mit der von den Krankenkassen geforderten zeitlichen Begrenzung der Therapie tun sich laut Müller-Eberts "explorativer Studie" die Gesprächstherapeuten. Gespräche, Gespräche, Gespräche - das scheint vielen der letzte Weg, wenn es nichts mehr zu sagen gibt. Schließlich haftet jeder Hermeneutik etwas tendenziell Bodenloses an: Läßt sich nicht auf jedes Gespräch, selbst auf ein noch so abschließend gemeintes, durch ein Zusatzgespräch ein neues Licht werfen, das wiederum eine Neuauflage des schon Besprochenen notwendig erscheinen läßt? Wie ein Ende finden, wenn doch das kleinste Sterbenswörtchen ausreicht, um den Faden wieder von vorne aufzunehmen? Der Sachverhalt wird von der in einer städtischen Institution tätigen Gesprächspsychotherapeutin folgendermaßen beschrieben: "Ich meine, es gibt natürlich Leute, die richten sich hier ein und bleiben zehn Jahre, wenn wir nicht aufpassen." Aber was heißt schon "aufpassen"? Die Frage ist doch gerade, ob Gesprächstherapeuten wegen der Unabgeschlossenheit ihrer Materie überhaupt in der Lage sind, Abschied vom Gespräch zu nehmen. Für Müller-Ebert liegt der gesprächspsychotherapeutischen Trennungsschwäche denn auch ein methodisches Defizit zugrunde: Wegen ihrer "klientenzentrierten" Ausrichtung sei die Gesprächspsychotherapie in puncto Beendigung im Prinzip auf die Initiative des Klienten angewiesen. Da aber auch der Klient ein sprechendes Wesen ist, kann es mit seiner Trennungskompetenz ebenfalls nicht weit her sein. Auch für ihn gilt doch: Wer einmal spricht, muß weitersprechen. Leider führen Müller-Eberts Unterweisungen zur "Trennungskompetenz" aus dieser Aporie nicht wirklich heraus. Deren Dramatik ließe sich wahrscheinlich nur dadurch abmildern, daß der Klient es schafft, für seinen Gesprächsbedarf unterderhand den Ansprechpartner zu wechseln. Auf diese Weise könnte sich die Gesprächsszene ändern, ohne daß der Haushalt des Redens ins Ungleichgewicht geriete. Gestalttherapie und Psychoanalyse, die beiden anderen von Müller-Ebert erforschten Therapieformen, kommen in bezug auf die "Kunst des Beendigens" deutlich besser weg. Die gesuchte Fertigkeit entwickele sich hier wie dort aus den emotionalen Reaktionen des Therapeuten auf den Patienten ("Gegenübertragung"). Seine Sensibilität für das Beziehungsgeschehen ("Prozeß") erlaube es dem Gestalttherapeuten wie dem Psychoanalytiker, "Beendigungsindizien" wahrzunehmen und daraufhin das "Beendigungshandeln" einzuleiten. Das für die eigene Arbeit so wichtige Know-how entnähmen diese Therapeuten zumeist den Trennungserfahrungen, die sie in der Lehrtherapie machten. Ihr Kompetenzvorsprung verdanke sich deshalb alleine der Tatsache, daß sie eine Lehranalyse absolvieren müßten, nicht aber einer systematischen Aneignung von Fachwissen. Ein solches Fachwissen sei nämlich weder Teil der psychoanalytischen noch der gestalttherapeutischen Ausbildung. Gewiß gibt es den Disput zwischen Rank, Freud und Frenczi um den therapeutischen Nutzen der Terminsetzung sowie jene in den siebziger und achtziger Jahren unternommenen Versuche, Kriterien über den Abschluß einer psychoanalytischen Therapie zusammenzutragen. Aber all dies konnte die Sehnsucht nach dem Ende offensichtlich nicht erfüllen. Die trennungstheoretische Misere spitzt eine resignierte Gestalttherapeutin zu, der niemand beigebracht hat, wie man einen Patienten zu gegebener Zeit wieder los wird: "Keiner hat mir je ,tschüs' gesagt."

BETTINA ENGELS

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kaum etwas ist schwerer an einer Therapie, als sie zu beenden. Der schwierigste Fall unter den Therapien ist dabei die Gesprächstherapie, weiterreden kann man, wie jeder weiß, unendlich. Psychoanalyse und Gestalttherapie haben durch die Erfahrung des Therapeuten mit seiner eigenen (notwendig beendeten!) Lehrtherapie einen gewissen "Kompetenzvorsprung". Dem Problem sucht nun, ein wenig geschäftsschädigend, die Therapeutin Johanna Müller-Ebert abzuhelfen, indem sie therapeutische Vorschläge zur Beendigungskompetenz unterbreitet. Oder dann auch doch nicht: leider bleiben auch die "Unterweisungen" der Trennungsexpertin, wie Bettina Engels findet, der "Aporie" vom unbeendbaren Gespräch verhaftet. Was das Buch zuletzt leistet, immerhin, ist eher die kompetente Beschreibung des Beendigungsproblems.

© Perlentaucher Medien GmbH