Wo stehen die ältesten Kölner Bäume? Welche Süßigkeiten naschten Kinder im römischen Köln? Warum gab es im Mittelalter ein Stück Köln im Herzen von London? Und welcher Kölner stellte schon im 19. Jahrhundert die Weichen für die Fast-food-Restaurants von heute? Dieses Buch bietet eine kompakte Zusammenfassung der Kölner Geschichte und ist doch ganz anders als alle bisher erschienenen Übersichten. Das Autorenpaar betrachtet die Stadt nie isoliert, sondern immer eingebunden in ein Geflecht internationaler Beziehungen. Sichtbar wird ein europäisches Zentrum, dessen Energien seit vielen Epochen über Ländergrenzen und Meere hinweg wirken und das umgekehrt von weit entfernten Gesellschaften beeinflusst wird. Ein roter Faden zieht sich von der kosmopolitischen Kolonie der Mutter Neros bis zur heutigen Vielvölkerstadt mit mehr als 180 Nationalitäten und 150 Religionen. Eine einzigartige Hommage an eine viel geliebte Stadt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.05.2015Die Hexe sorgt für Quote
Eine Stadt in Biographien servieren zu wollen fußt wohl auf der bizarren Annahme, der Genius Loci der Jahrtausende habe sich wie Sediment gesammelt und stehe nun für eine immerhin sekundäre Einheitlichkeit von irgendetwas. Wie sehr das Lückenhafte des Unterfangens mit Händen zu greifen ist, führt das Kölner Beispiel aber geradezu vor. Sechs von zwanzig Vorzeigekölnern leben noch. Und man hätte sich auch einmal fragen können, warum die Kölner selbst ihr "Seidenmachergässchen" in "Seidenmacherinnengässchen" umgetitelt haben: weil Seidemachen Frauenarbeit war - und Frauen in den Brunnen der Vergangenheit kaum Spuren hinterlassen haben. Charlotte Roche ("Feuchtgebiete") kommt so als "Imi", Zugewanderte, und Quotenfrau ins Buch, das als Frauen sonst noch eine Hexe (Katharina Henoth), eine Heilige (Edith Stein) und Alice Schwarzer aufzubieten hat. Dafür fehlen neben Kardinal Frings Literaten, auch weibliche, en masse, Gelehrte, Komponisten, Sportler und Industrielle. Böll, immerhin, war als Spaziergänger ein Reiseführer nicht nur für Besucher, sondern auch für Leser, aber selbst über ihn erfährt man kaum mehr als das Bekannte. Als Handschmeichler auf dem Nachttisch freilich kann das Buch mit seiner liebevollen Leinenbroschur nicht Köln, wohl aber manche abendliche Entdeckung vermitteln: zu Typischem wie Schokolade (Stollwerck) und Eau de Cologne (Johann Maria Farina) ebenso wie eher weniger Bekanntem, dem Revolutionär Raveaux etwa und dem reisenden Museumsgründer Wilhelm Joest.
mbe
"Köln. Eine Stadt in Biographien" von Christoph Driessen. Erschienen in der Reihe: Merian Porträts. Travel House Media, München 2014. 176 Seiten, einige Abbildungen. Gebunden, 16,99 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Eine Stadt in Biographien servieren zu wollen fußt wohl auf der bizarren Annahme, der Genius Loci der Jahrtausende habe sich wie Sediment gesammelt und stehe nun für eine immerhin sekundäre Einheitlichkeit von irgendetwas. Wie sehr das Lückenhafte des Unterfangens mit Händen zu greifen ist, führt das Kölner Beispiel aber geradezu vor. Sechs von zwanzig Vorzeigekölnern leben noch. Und man hätte sich auch einmal fragen können, warum die Kölner selbst ihr "Seidenmachergässchen" in "Seidenmacherinnengässchen" umgetitelt haben: weil Seidemachen Frauenarbeit war - und Frauen in den Brunnen der Vergangenheit kaum Spuren hinterlassen haben. Charlotte Roche ("Feuchtgebiete") kommt so als "Imi", Zugewanderte, und Quotenfrau ins Buch, das als Frauen sonst noch eine Hexe (Katharina Henoth), eine Heilige (Edith Stein) und Alice Schwarzer aufzubieten hat. Dafür fehlen neben Kardinal Frings Literaten, auch weibliche, en masse, Gelehrte, Komponisten, Sportler und Industrielle. Böll, immerhin, war als Spaziergänger ein Reiseführer nicht nur für Besucher, sondern auch für Leser, aber selbst über ihn erfährt man kaum mehr als das Bekannte. Als Handschmeichler auf dem Nachttisch freilich kann das Buch mit seiner liebevollen Leinenbroschur nicht Köln, wohl aber manche abendliche Entdeckung vermitteln: zu Typischem wie Schokolade (Stollwerck) und Eau de Cologne (Johann Maria Farina) ebenso wie eher weniger Bekanntem, dem Revolutionär Raveaux etwa und dem reisenden Museumsgründer Wilhelm Joest.
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"Köln. Eine Stadt in Biographien" von Christoph Driessen. Erschienen in der Reihe: Merian Porträts. Travel House Media, München 2014. 176 Seiten, einige Abbildungen. Gebunden, 16,99 Euro.
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