In 'Der ewige Spießer' von Ödön von Horváth wird das Leben des durchschnittlichen Bürgers in der Zwischenkriegszeit Deutschlands auf eindringliche Weise dargestellt. Der Roman enthüllt die Klischees, die den Alltag der Menschen prägen, und zeigt die gesellschaftlichen Normen, die den Charakter des 'Spießers' formen. Von Horváths literarischer Stil zeichnet sich durch seine präzise Beobachtungsgabe und seinen scharfen sozialkritischen Blick aus. Er versteht es, die scheinbar unscheinbaren Details des Alltags in einer Weise zu beleuchten, die dem Leser die Absurdität der bürgerlichen Welt vor Augen führt. Das Buch ist ein eindrucksvolles Zeugnis der Schattenseiten der Gesellschaft seiner Zeit und eröffnet einen tiefen Einblick in die Psyche des Menschen und seine Sehnsüchte nach Normalität und Konformität. Ödön von Horváth, ein in Berlin geborener österreichisch-ungarischer Schriftsteller, war selbst Zeuge der politischen Unruhen und sozialen Veränderungen, die das Deutschland der Zwischenkriegszeit prägten. Seine eigene Erfahrung mit den Auswirkungen von Autoritarismus und gesellschaftlicher Unterdrückung spiegelt sich in seinem Werk wider. Von Horváth war bekannt für seine kritische Haltung gegenüber dem zeitgenössischen bürgerlichen Lebensstil und konnte mit seiner präzisen Beobachtungsgabe und seinem feinen Gespür für die Psychologie der Menschen die Leser fesseln. Für jeden, der an einer tiefgründigen Analyse der menschlichen Natur und der gesellschaftlichen Normen interessiert ist, ist 'Der ewige Spießer' von Ödön von Horváth ein absolutes Muss. Das Buch liefert nicht nur einen fesselnden Einblick in die Zwischenkriegszeit in Deutschland, sondern regt auch zum Nachdenken über die universellen Themen von Konformität, Normalität und den Mechanismen der Gesellschaft an. Von Horváths Meisterwerk wird den Lesern eine einzigartige und bereichernde Leseerfahrung bieten.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.11.2016Mir sagt das Barock
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Wenn man von München aus nach Barcelona möchte, um auf der dortigen Weltausstellung reiche Frauen kennenzulernen, muss man irgendwann in Milano umsteigen. So tat es 1929 Ödön von Horváths Held Alfons Kobler. Im Zug von Verona war er mit dem Wiener Korrespondenten Schmitz, einem „Mann der Feder“, ins Gespräch gekommen. Ein Wort gibt das andere: „Aber das beste wird sein, wir bleiben am Bahnhof. Denn in Milano ist es um Mitternacht stockfinster, und wir werden nichts sehen vom gotischen Mailänder Dom usw. ...“ – „Ich bin auf Gotik sowieso nicht scharf.“ – „Mir sagt das Barock auch mehr.“ – „Mir sagt auch das Barock nichts.“ So sind die Werte entwertet, bestenfalls ein Nachhall, meistens nur Hauch. Sie sagen den im Lebenskampf Gehetzten nichts.
Für dieses Hörspiel aus dem Jahr 1992 (Fassung: Traugott Krischke, Regie: Claude Pierre Salmony) wurde Ödön von Horváths 1930 erschienener Roman „Der ewige Spießer“ ganz in Dialoge aufgelöst. Und diese werden auf beglückende Weise klug gespielt, unangestrengt und kunstvoll in einem. Da die soziologischen Kommentare des Erzählers, die erläuternden Kurzbiografien fehlen, müssen die Sprecher all dies mittels der Stimme, der Intonation ausdrücken. Das gelingt, und wie! Jörg Hube ist Alfons Kobler, Fritz Muliar spricht den Schmitz. Beide sind 2009 verstorben. In dieser Revue des Geredes mit dabei: Louise Martini, Walter Schmidinger, Peter Simonischek.
JBY
Ödön von Horváth: Der ewige Spießer. Hörspiel mit Jörg Hube, Louise Martini, Walter Schmidinger u.a. Christoph Merian Verlag, Basel 2016. 1 CD, 70 Minuten, 16,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Wenn man von München aus nach Barcelona möchte, um auf der dortigen Weltausstellung reiche Frauen kennenzulernen, muss man irgendwann in Milano umsteigen. So tat es 1929 Ödön von Horváths Held Alfons Kobler. Im Zug von Verona war er mit dem Wiener Korrespondenten Schmitz, einem „Mann der Feder“, ins Gespräch gekommen. Ein Wort gibt das andere: „Aber das beste wird sein, wir bleiben am Bahnhof. Denn in Milano ist es um Mitternacht stockfinster, und wir werden nichts sehen vom gotischen Mailänder Dom usw. ...“ – „Ich bin auf Gotik sowieso nicht scharf.“ – „Mir sagt das Barock auch mehr.“ – „Mir sagt auch das Barock nichts.“ So sind die Werte entwertet, bestenfalls ein Nachhall, meistens nur Hauch. Sie sagen den im Lebenskampf Gehetzten nichts.
Für dieses Hörspiel aus dem Jahr 1992 (Fassung: Traugott Krischke, Regie: Claude Pierre Salmony) wurde Ödön von Horváths 1930 erschienener Roman „Der ewige Spießer“ ganz in Dialoge aufgelöst. Und diese werden auf beglückende Weise klug gespielt, unangestrengt und kunstvoll in einem. Da die soziologischen Kommentare des Erzählers, die erläuternden Kurzbiografien fehlen, müssen die Sprecher all dies mittels der Stimme, der Intonation ausdrücken. Das gelingt, und wie! Jörg Hube ist Alfons Kobler, Fritz Muliar spricht den Schmitz. Beide sind 2009 verstorben. In dieser Revue des Geredes mit dabei: Louise Martini, Walter Schmidinger, Peter Simonischek.
JBY
Ödön von Horváth: Der ewige Spießer. Hörspiel mit Jörg Hube, Louise Martini, Walter Schmidinger u.a. Christoph Merian Verlag, Basel 2016. 1 CD, 70 Minuten, 16,90 Euro.
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»Der Roman besticht durch die Hellsichtigkeit, die im neuen Spießer bereits den Phänotypus des künftigen fanatischen Nazi aufscheinen lässt.« SÜDDEUTSCHE ZEITUNG