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Dieses Buch handelt vom Zauber und von den Abgründen der Kindheit, vom schmerzhaften Prozeß des Wachstums, der unausweichlichen Loslösung von den anderen. Es ist das Protokoll einer Selbstbefreiung.

Produktbeschreibung
Dieses Buch handelt vom Zauber und von den Abgründen der Kindheit, vom schmerzhaften Prozeß des Wachstums, der unausweichlichen Loslösung von den anderen. Es ist das Protokoll einer Selbstbefreiung.
Autorenporträt
Peter Weiss wurde am 8. November 1916 in Nowawes bei Berlin geboren und starb am 10. Mai 1982 in Stockholm. Zwischen 1918 und 1929 lebte er in Bremen, wo er das Gymnasium besuchte. 1929 kehrte die Familie Weiss nach Berlin zurück, musste jedoch 1934 emigrieren. Die erste Station bildete London, darauf folgte 1936 die SR. In diesen Jahren widmete sich Peter Weiss vorwiegend der Malerei - 1937/1938 studierte er Malerei an der Kunstakademie in Prag. In dieser Zeit besuchte er Hermann Hesse während zweier längerer Aufenthalte in der Schweiz. Die dritte und letzte Emigrationsstation bildete 1939 Schweden, wo Peter Weiss zunächst in Alingsås, ab 1940 in Stockholm wohnte. Hier setzte er seine Tätigkeit als Maler fort. 1947 hielt er sich als Korrespondent einer schwedischen Tagesszeitung in Berlin auf. Seine Artikel versammelte er 1948 zu seiner ersten Buchpublikation. Der Band erschien posthum 1985 unter dem Titel Die Besiegten. Ab diesem Zeitraum entstanden, in schwedischer Sprache, die ersten Prosaarbeiten, Gedichte, und Dramen. Zu den wichtigsten Erzählungen aus dieser Schaffensperiode zählen Die Situation aus dem Jahre 1956 sowie das 1980 unter dem Autorenpseudonym Sinclair veröffentlichte Buch Der Fremde. Keines seiner Manuskripte wurde jedoch von einem schwedischen Verlag zur Publikation angenommen. Mitte der fünfziger Jahre begann Peter Weiss in deutscher Sprache zu schreiben. 1960 erschien sein erstes Prosabuch Der Schatten des Körpers des Kutschers. Zu Beginn der siebziger Jahre wand sich Peter Weiss wieder der Prosa zu. Zwischen 1975 und 1981 erschien der dreibändige Roman Die Ästhetik des Widerstands, deren letzter Band begleitet wird von Notizbücher 1971 - 1980. Ihm wurde posthum der Georg-Büchner-Preis für das Jahr 1982 zuerkannt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.05.2003

Der Schandfleck
Christian Nickel liest aus Peter Weiss' "Abschied von den Eltern"

Die Frankfurter haben ein kurzes Gedächtnis. Sonst wäre der Arkadensaal im Goethe-Museum wohl ausverkauft gewesen, als Christian Nickel, Frankfurts umjubelter Peer Gynt und Peter Steins Faust, dort wieder zu Gast war. Oder war es der Prosa-Text von Peter Weiss, der das Publikum abschreckte? Christoph Perels, der scheidende Direktor des Freien Deutschen Hochstifts, hatte den Schauspieler auf die beiden autobiographischen Bände in der Bibliothek Suhrkamp aufmerksam gemacht: Die Erzählung "Abschied von den Eltern" und der Roman "Fluchtpunkt" sind über den berühmten Stücken und der "Ästhetik" des Autors weitgehend in Vergessenheit geraten. Nickel, der in dieser Spielzeit in drei Rollen am Münchner Residenztheater gastiert, entschied sich für den älteren der beiden Texte, mit dem der Maler Weiss seinen Förderer Hermann Hesse auch von seinen literarischen Fähigkeiten überzeugte.

"Abschied von den Eltern" ist 1961 erschienen. Anlaß war "die Erkenntnis eines gänzlich mißglückten Versuchs von Zusammenleben, in dem die Mitglieder einer Familie ein paar Jahrzehnte lang beieinander ausgeharrt hatten", bekennt Weiss. Dies wurde ihm nach dem Tod des Vaters bewußt, der die Mutter nicht lange überlebte. Als "Portalfiguren" seines Lebens schildert Weiss (1916 bis 1982) das allzu selbstbewußte Elternpaar: den Vater, einen tatkräftigen jüdischen Textilfabrikanten, der seiner Familie auch im Londoner, Prager und im schwedischen Exil eine sichere Existenz bieten konnte, und die Mutter, eine ehemalige Schauspielerin, deren Gesicht sich immer wieder in eine "Wolfsfratze" zu verwandeln schien. Anziehung und Abstoßung kennzeichnen die Beziehung des hypersensiblen Sohnes zu seinen Eltern, von denen er sich weder verstanden fühlte noch zu lösen vermochte.

Leitmotiv des Textes ist das "selbstgewählte Exil". Im ersten Elternhaus war es die Laube im Garten, im zweiten der Dachboden, auf den sich der Sohn zurückzog, um seinen Phantasien freien Lauf zu lassen. Nachtgespenster und dominante Freunde suchen ihn heim, die Pubertät setzt masochistische und inzestuöse Sehnsüchte frei, bis der Vater ihn von der Träumerei in die "Realität des Daseins" zwingt. Doch der Sohn versagt als Lehrling im Warenhaus und Volontär im Kontor des Vaters. Weiss flüchtet erst in die Musik, dann in die Malerei, aber seine Mutter fürchtet seine düsteren Bilder. Mit dem Tod der Schwester beginnt die Auflösung der Familie schon vor der Emigration. In ihrer Mitte fühlt sich das erzählende Ich als "Schandfleck", der immer wieder von den Eltern aufpoliert werden muß, weil er mit sich selbst nicht fertig werden kann.

Es ist ein ätzender Text: obsessiv in seiner Thematik, manisch in der narzißtischen Nabelschau und schonungslos in der Selbst-Analyse. Ähnlich wie Kafkas "Brief an den Vater" gibt sich diese Erzählung als Dokument einer Selbstbefreiung, nur daß Weiss den befreienden Akt beim Verfassen des Textes schon 20 Jahre hinter sich hatte. Nickel hat die 170 Seiten auf anderthalb Stunden Lesezeit kondensiert und ihnen soviel Leben wie möglich abgerungen. Vor allem hat er dem neurotischen Wühlen eines hypertrophen Ichs im infantilen Sumpf die Schwerkraft genommen und der verquälten Selbsttherapie Frische eingehaucht. Um diesen Text lesend zu verkraften, muß man wohl mindestens so dickfellig sein wie seine "Portalfiguren".

CLAUDIA SCHÜLKE

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»Peter Weiss hat wenige Leser, aber große Wirkungen.« DER SPIEGEL