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"Ein überwältigend sympathisches Erinnerungsbuch." Stuttgarter Nachrichten Es ist ein einzigartiges Leben, und es ist die Geschichte einer ganzen Generation: eine Kindheit im Krieg, eine grausame Flucht, ein mühsamer Neuanfang, eine unvollständige Ausbildung, eine rasante Karriere und eine große, lebenslange Liebe.
Peter Härtling macht sich seine eigene Vergangenheit bewusst und erzählt ungemein fesselnd, wie aus dem Flüchtlingskind und Frühwaisen ein junger Journalist, ein erfolgreicher Lektor und Verlagsleiter und schließlich ein viel gelesener und vielfach ausgezeichneter Schriftsteller
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Produktbeschreibung
"Ein überwältigend sympathisches Erinnerungsbuch." Stuttgarter Nachrichten
Es ist ein einzigartiges Leben, und es ist die Geschichte einer ganzen Generation: eine Kindheit im Krieg, eine grausame Flucht, ein mühsamer Neuanfang, eine unvollständige Ausbildung, eine rasante Karriere und eine große, lebenslange Liebe.

Peter Härtling macht sich seine eigene Vergangenheit bewusst und erzählt ungemein fesselnd, wie aus dem Flüchtlingskind und Frühwaisen ein junger Journalist, ein erfolgreicher Lektor und Verlagsleiter und schließlich ein viel gelesener und vielfach ausgezeichneter Schriftsteller wurde. Zahlreiche Persönlichkeiten haben seinen Lebensweg gekreuzt, einige haben ihm ihren Stempel aufgedrückt, und seine Frau Mechthild, mit der er seit 1959 verheiratet ist, unterstützte ihn auch in dem einen großen Entschluss: sich ganz dem Schreiben zu widmen.

Wie Recht er damit hatte, zeigt gerade auch dieses ergreifende Buch, das viele Motive aus Peter Härtlings literarischem Werk ins Leben zurückholt und zugleich zeigt, wie das Leben in die Literatur führt und die Literatur aus dem Leben entspringt.
Autorenporträt
Härtling, Peter
Peter Härtling, geboren am 13. November 1933 in Chemnitz, Gymnasium in Nürtingen bis 1952. Danach journalistische Tätigkeit; von 1955 bis 1962 Redakteur bei der 'Deutschen Zeitung', von 1962 bis 1970 Mitherausgeber der Zeitschrift 'Der Monat', von 1967 bis 1968 Cheflektor und danach bis Ende 1973 Geschäftsführer des S. Fischer Verlages. Seit Anfang 1974 freier Schriftsteller. Peter Härtling erhielt 2003 für sein Gesamtwerk den Deutschen Bücherpreis. Er lebte bis zu seinem Tod 2017 in Mörfelden-Walldorf.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.11.2003

Ein Sitzchen im Leben
Peter Härtling läßt sich fortreißen / Von Friedmar Apel

Ein Landgericht hat kürzlich versucht, den Rechtsfrieden durch die Behauptung zu stärken, Autobiographien seien Sachbücher, weil sie für sich in Anspruch nähmen, tatsächlich Geschehenes wiederzugeben (F.A.Z. vom 20. August). Die Literatur aber weiß, seit sie sich als Individuation versteht, spätestens seit Goethe, daß das ein "kaum Erreichbares" voraussetzt: "daß nämlich das Individuum sich und sein Jahrhundert kenne, sich, inwiefern es unter allen Umständen dasselbe geblieben, das Jahrhundert, als welches sowohl den Willigen als Unwilligen mit sich fortreißt, bestimmt und bildet".

Peter Härtling, Jahrgang 1933, gehört einer Generation an, die wie keine andere des 20. Jahrhunderts in Kindheit und Jugend fortgerissen wurde, gleichviel ob willig oder unwillig. Da nimmt es nicht wunder, daß Härtling der Idee einer Kontinuität des Ich zutiefst skeptisch gegenübersteht: "Es liegen fünfzig Jahre zwischen uns, ein halbes Jahrhundert, und der, mit dem ich mich fragend auseinandersetze, weiß nichts von mir, während ich viel von ihm vergessen, verdrängt habe. Manchmal muß ich ihn erfinden, wenn ich nichts finde, manchmal erzähle ich ihn um." Nicht einmal die Wahrheit des subjektiven Erlebens ist gesichert, geschweige denn die Tatsächlichkeit eines Ich. Im autobiographischen Schreiben entsteht vielmehr ein neues Erleben, in dem allenfalls das Leid eine Kontinuität hat: "Alte, vergessene Wunden beginnen wieder zu schmerzen."

Die Wahrhaftigkeit der Selbsterkundung ist für Härtling gerade darin gegeben, daß sich die Gedankengewohnheit eines mit sich selbst identischen Ich im Prozeß des erinnernden Schreibens auflöst: "Ich sage ich, und das Ich entfaltet ein Echo, aus dem ein Ich nach dem anderen springt und wieder verstummt, verschwindet. Alle meine Ichs. Mit ihnen erkunde ich meine Unrast, meine Verwandlungen, meine Verluste und Bereicherungen." Für Härtling ist das nicht lediglich eine Frage des Erinnerungsvermögens und der Erzähltechnik, sondern hat eine politische und moralische Dimension. Kaum je mußte eine Generation die früh gebildeten Ideale so schnell wieder in Frage stellen. So fragt sich Härtling, ob er es denn gewesen sein kann, der seine Freiheit darin sah, für den Führer zu sterben. Die idealistische Seite der nationalsozialistischen Jugendpolitik stellt er einläßlich und redlich dar, zu den "Überlebenslügnern" will er bei aller Einsicht in die Unzuverlässigkeit des Gedächtnisses nicht gehören. Das grenzt freilich im Rückblick auf die Wahrnehmung des Flüchtlingskindes von 1946 sachte an mnemotechnisches Pharisäertum: "Schon erzählte jeder seine Geschichte um, mehrten sich die Widerstandskämpfer gegen Hitler, schon baute jeder auf die vorsätzliche Vergeßlichkeit des anderen."

Aber Härtling macht ebenso deutlich, daß er die aufrechte Haltung und das Neinsagen nicht allein sich selbst und der eigenen Erfahrung der Nazizeit verdankt, sondern daß er sie an der Literatur, zunächst vor allem aus dem Pathos eines Wolfgang Borchert, erlernt und eingeübt hat. Fortan umgibt ihn selbst die Aura des Literaten und läßt ihn ruhig ertragen, was für seine bildungsbürgerlich denkende Familie "ein soziales Debakel" ist: der Abgang vom Gymnasium und die Tätigkeit als Bürobote in einer Korkenfabrik. Gerade so aber wird Härtling in der beengten schwäbischen Provinz die Literatur zur Sphäre unbegrenzter sinnlicher Erfahrung. "Ich atmete Meer ein, ließ mich von Albatrossen tragen, grub mich ins Fleisch von schwarzen Huren, las Rimbaud, Baudelaire . . ." Die Öffnung zur Welt vollzieht sich dann für den jungen Volontär der "Nürtinger Zeitung" durch Werk und Person Helmut Heißenbüttels, zugleich findet er im "Yamin" seiner frühen Gedichte ein Ich, mit dem man sich davonstehlen kann. Die Bücher der literarischen Heroengeschichte der Bundesrepublik, sie werden bei Härtling aufgestellt wie Gedenktafeln, auf denen auch das Leiden verzeichnet ist. Aus einem Brief Celans überliefert er: "Unsere Begegnung damals - wann? - in Stuttgart: unser Schmerz hat gelacht, wir haben uns verstanden."

Es sind die Zeiten der Anfänge, der Aussichten und der Übergänge, an die sich Härtling am lebhaftesten erinnert. Mit Hans Bender und Heinrich Vormweg will er bei der "Deutschen Zeitung" "das beste Feuilleton machen, ein Forum für Kenner und Leidenschaftliche". Beim "Monat" im frisch eingeschlossenen West-Berlin genießt er noch einmal die Euphorie des Anfangens, der erneuten Öffnung der Welt in den "Erinnerungen der Weitgereisten", die sich in den Sechzigern in Berlin einfinden.

Er sieht sich als einen rezeptiven Geist, aber auch als Betriebsnudel. Wo etwas losgeht, ist Härtling dabei. Er kennt sie alle, und fast alle werden erwähnt, was die Lektüre streckenweise mühselig macht, denn manche stehen da nur in der Reihe auf dem Papier herum. Zu Personen werden die berühmten Namen am besten in den Anekdoten der Berliner Geselligkeit. Wenn Härtling berichtet, wie er und Peter Szondi mit ihren Armen ein "Sitzchen" formten und, selbst vom Weine beseligt, die trunkene Ingeborg Bachmann zu ihrem Nachtquartier trugen, wäre man gern dabeigewesen. Sich einhaken ist überhaupt ein bei Härtling wiederkehrender Ausdruck des Verbindens. Dabei hat er über niemanden wirklich Böses oder Hämisches zu berichten. Fast scheint es, als hätte er die Maxime des Büroboten beibehalten: "in freundlichem Gleichmaß die Verbindung zwischen Vorgesetzten - und alle sind Vorgesetzte - aufrechtzuerhalten".

Die leitende Tätigkeit beim S. Fischer Verlag nimmt in dem Buch merkwürdig geringen Raum ein, obwohl sich Härtling gerade da eine aktivere Rolle im Kulturbetrieb zuschreibt. Sein Ich der Zeit von 1967 bis 1973 erscheint ihm "so entfernt wie nie vorher oder nachher. Es steckt so fest in seiner Rolle, die ich schon nicht mehr spielen mochte. Der Mann von fast vierzig. Ein Macher. Auch ein Mächtiger, obwohl ihm Macht nicht geheuer ist." Mechthild, seine lebenslange Liebe, die in den Aufzeichnungen auf rührendste Weise präsent ist, sagt da einmal mehr: "Versuch's." Härtling kündigt und probiert wieder Anfänge, die aber, so suggeriert zumindest das Verhältnis von Fern- und Naherinnerung, schon den Übergang zum Alter markieren. Auch in den letzten Seiten aber, in denen die Gegenwart des alten Mannes mit seinen Zipperlein und Mühseligkeiten in den Vordergrund rückt, hebt Härtling noch die Momente von Anarchie und Aufbruch hervor, wenngleich die gelegentlich nur noch als Schülertheater stattfinden. Aber auch das sind für Härtling leidenschaftliche Momente des "Noch einmal", Momente eines Lebens aus und mit der Literatur und der Liebe.

Peter Härtling: "Leben lernen". Erinnerungen. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003. 378 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.12.2003

Der Betriebsnudelauflauf dampft
Anekdoten, Anekdoten, Anekdoten: Peter Härtling erzählt sein Leben
Peter Härtling erzählt mit Vorliebe die Biographien von kanonisch abgesicherten Kulturheroen nach: Franz Schubert, Friedrich Hölderlin, E. T. A. Hoffmann, Robert Schumann. Jetzt also Peter Härtling. Nach siebzig Lebensjahren blickt der Autor zurück. Plastisch beschreibt er seine Chemnitzer Kindheit im Dritten Reich und seine Jugend als Flüchtlingskind, das nach einer Odyssee über Wien im schwäbischen Nürtingen ankommt. Der Vater stirbt in einem Kriegsgefangenenlager, die Mutter nimmt sich das Leben. Die Schilderung dieser Jugend eines Frühwaisen sind der gelungenste Teil von Härtlings Erinnerungen. Der Autor lässt eine Epoche wieder auferstehen, erinnert sich an entbehrungsreiche Zeiten.
Härtling ist ein geübter Erzähler. Nicht zu viel Analyse, einfache Diktion, vor allem aber Anekdoten, Anekdoten, Anekdoten. Der Mensch setzt sich im Großen und Ganzen zusammen aus „Gemüt”, „Herz” und „Seele”, wenn er Pech hat, schwärt irgendwo in seinem unübersichtlichen Innern noch eine „Wunde”. Das Leben ist ein Volkslied. Schnell entfacht der Leser auf einer imaginären Tonspur ein knisterndes Kaminfeuerchen. Härtling lesen ist unglaublich gemütlich.
Früh entwickelt sich das elternlose Kind zum leidenschaftlichen Leser. Der Bildungshunger des Waisen ist unersättlich. Kultur wird zum elitären Distinktionsmerkmal des fremden Flüchtlingskindes: „Selbstverständlich wußte ich mehr über Rilke, Trakl und Borchert als die Banausen, und Max Herrmann-Neisse kannten sie nicht einmal dem Namen nach.” Seine Ersatzväter sucht sich Härtling unter Künstlern und Intellektuellen. Das wird sich niemals ändern. In seiner Jugend verfügte Härtling über starke rebellische Energien. Seine Liebe zu Wolfgang Borchert und seine kompromisslose Abneigung gegen die faschistischen Literaturvorstellungen eines Deutschlehrers lassen ihn aus eigenem Entschluss vom Gymnasium gehen.
Ohne Abitur, ohne Studium lernt er den Journalismus von der Pieke auf. Vom lokalen Scheunenbrandreporter wird er schnell zum globalen Debattierfeuilletonisten. Härtling ist ein hochbegabter Netzwerker, verschickt seine Gedichte an jeden etablierten Lyriker, der eine feste Postadresse hat. Er hat ein großes Talent für dauerhafte Freundschaften. Seine Karriere ist fulminant, er kennt jeden und ist stolz darauf. Er ist sensibel für die Machtstrukturen der verwalteten Kultur: „Ich war mir durchaus bewußt, jeden Tag mit einem Dichter zusammenzuarbeiten, der für uns jüngere Schreiber eine Macht darstellte”, schreibt er über Hans Bender. Härtling navigiert geschickt in diesen Strukturen. Kaum dreißig, wird er Mitherausgeber der Zeitschrift „Monat”, danach schnell Cheflektor des S. Fischer Verlages und schließlich dessen Geschäftsführer. Mit vierzig zieht er sich zurück, um sich ausschließlich dem Schreiben zu widmen. Der Strom der literarischen Preise reißt nicht mehr ab.
Journalist, Lektor, Dichter, Romancier. Der Mann weiß, was er will. Er will Kultur. Seine Erinnerungen an das literarische Milieu der Republik sind eine tour de force durch Akademien, Jurys, Poetentreffs, Colloquien, Stipendiatenkemenaten, Elfenbeinturmzimmerchen, Lektorate und an tausend literarischen Stammtischen vorbei. Überhaupt, die literarischen Stammtische. Hier ballt sich das gesamte Spießertum der Mandarinkaste: Das rituelle Debattieren über Gott und die Welt, wichtigtuerisch spreizen sich die Pfauenräder, neblig dampft der Betriebsnudelauflauf. Links der Szondi, rechts der Bondy, und Härtling immer mittendrin. Kennt dieser Dichter wohl einen einzigen Maurer, Schreiner oder Elektriker? Können solche Männer auch einen Wandschrank aufhängen?
Einen Vers habe ich noch
Der Kulturbetrieb wird zu Härtlings Ersatzfamilie. Sein zweites Zuhause wird die Berliner Akademie der Künste. Heutzutage gibt es die allgegenwärtigen Talkshow-Wiedergänger, doch darf man bei all diesem blutleer flimmernden Schrecken nicht vergessen, dass es die Spezies des Mannes auf dem Podium, der zu allem und jedem etwas zu sagen hat, schon sehr viel länger gibt. Härtling war sicherlich eines ihrer hartnäckigsten Exemplare. Mikrophon? Einen Vers habe ich noch! „Die Einladungen häuften sich. (...) Ich versuchte, halbwegs vernünftig über die Rederunden zu kommen.” Härtling liest seine Gedichte in laufende TV-Kameras, Kathodenstrahl und Hexameter, und der Dichter fragt sich kein einziges Mal, ob da etwas vielleicht nicht zusammengehen könnte.
Über große Strecken ist Härtlings Erinnerungstext nur die flache Wahrheit aus der Gelehrtenrepublik. Die letzten zweihundert Seiten lesen sich so spannend wie eine Unterschriftenliste gegen den Nato-Doppelbeschluss. Bei all dem hochkarätigen Namedropping würde man nur zu gerne an Großvater Härtlings Ohrensessel rütteln. Natürlich ist es hochinteressant zu lesen, wie zwei angetrunkene Herren mit imposanter Publikationsliste im Lebenslauf die komatös betrunkene Ingeborg Bachmann ins Bett schaffen und das Maximum an Lebensfülle erreichen, wenn sie der betäubten Dichterin fürsorglich die Schuhe ausziehen. Nur: Worin genau unterscheidet sich eine solche Anekdote von einem einfühlsamen Bericht über Dieter Bohlens Missgeschick beim Beischlaf? Härtling sagt nicht viel mehr als: Ich bin dabei gewesen. Hauptsache Kultur.
Seine erste Tat als Cheflektor im S. Fischer Verlag wird die Wiederentdeckung und Veröffentlichung von Keyserlings „Wellen” aus dem Jahre 1911 sein. Auf dem Pflasterstrand werden die ersten Mao-Bibeln umhergereicht, und Härtling verlegt den Grafen von Keyserling. Als Verleger wird er immer besser im Wiederentdecken als im Neuentdecken sein. Es ist, als hätte der Vollwaise das väterliche Gesetz in der Bücherwand des Bildungsbürgertums entdeckt und folgte ihm nun blindlings.
Diese biedere, dozile Geisteshaltung schlägt sich im Stil des Autors nieder, ja ist eigentlich konstituierend für sein Werk. Härtlings Schaffen ist die Geburt der gehobenen Unterhaltungsprosa aus dem Geiste der akademischen Tischrede. Aus leeren Augen starren einen die Marmorbüsten der Dichterfürsten und genialischen Tonsetzer an. In der Schilderung und Beurteilung seiner so geliebten Kultur findet Härtling selten Formulierungen jenseits von vorgestanzter CD-Booklet-Prosa. Man liest den wiederkäuenden Kulturdiskurs vom genialischen Mozart, vom coelestischen Schubert, von dreihundert Jahren hilflosen Feuilletonphrasen. Selbst aus der Beschreibung einer avantgardistischen Performance wird bei Härtling noch feuriger Zigeunerkitsch: „Wir trafen uns in Vostells Atelier, der zündete seine präparierten Bilder an, und das Feuer fraß Spuren, schwarze Rinnsale, die sich in den großen, schwarzen Augen seiner spanischen Frau spiegelten.” Olé.
Das erste Kapitel dieser Erinnerungen trägt den Titel „Das alte Kind”. Peter Härtling schildert darin, wie er als kleines Kind vor dem Spiegel seinen hochrespektierten Großvater imitierte. Als junger Autor wird er davon träumen, wie Mozart zu schreiben. Nicht etwa wie Schönberg, Berg oder gar, Gott bewahre, Bill Haley. Er wird sein Leben lang Maß nehmen an den gipsernen Ahnen, nicht an seinen Zeitgenossen. Peter Härtling ist ein Mann von gestern. Von diesem Gestern vermag er in seinen besten Momenten auf unterhaltsame Weise zu erzählen.
STEPHAN MAUS
PETER HÄRTLING: Leben lernen. Erinnerungen. Verlag Kiepenheuer und Witsch, Köln 2003. 378 Seiten, 22,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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"Ein unaufdringlicher und gleichermaßen aufrichtiger Blick auf die Geschichte einer ganzen Generation."
Südkurier

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Ausgesprochen gern hat Rezensent Friedmar Apel Peter Härtlings biografische Selbsterkundung gelesen. Ihre Wahrhaftigkeit beziehen diese Erinnerungen für ihn aus der Tatsache, dass er ihren Autor im Verlauf der Lektüre dabei beobachten kann, wie sich "im Prozess des erinnernden Schreibens" die "Gedankengewohnheit eines mit sich selbst identischen Ich" auflöst. Hier erkennt der Rezensent die politische und moralische Dimension, mit der der 1930 geborene Härtling sein Leben befragt: von der nationalsozialistischen Jugendpolitik über erste Erfahrungen mit dem Literaturbetrieb bis zum Aufstieg in das Innere dieses Betriebs: als mächtiger Lektor und erfolgreicher Autor. Es seien, stellt Apel fest, die Zeiten der Übergänge, an die sich Härtling am lebhaftesten erinnere. Dass Härtling fast alle, die er kennt, in seinen Erinnerungen auch erwähnt, macht die Lektüre für den Rezensenten gelegentlich etwas mühsam. Doch immer wieder beglückt sie ihn auch. Zum Beispiel wenn die berühmten Namen in den Anekdoten der Berliner Geselligkeit zu Personen werden: Wie die trunkene Ingeborg Bachmann, welcher der selbst angetrunkene Härtling zusammen mit Peter Szondi mit den Armen einst ein "Sitzchen" formte, um sie darauf zu ihrem Nachtquartier zu tragen. Ach, wie gern wäre der Apel dabei gewesen.

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»Sehr privat und politisch zugleich ... Ein immenser Erinnerungsschatz, an dem sich auch Jüngere bereichern können.« Grit Schor Aachener Nachrichten