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Über die letzten Jahre von Erich und Margot Honecker, die in Chile politisches Asyl fanden, ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Nun, zwei Jahre nach dem Tod Margot Honeckers, bricht ihr Enkel, Roberto Yáñez, das Schweigen. Erstmals spricht er von seinem Leben als »Lieblingsenkel« und erzählt, was nach dem Sturz des Großvaters und dem Zusammenbruch der DDR geschah. Roberto Yáñez, der Sohn von Sonja Honecker, wächst auf mit den Privilegien der Macht. Als die Mauer fällt, ist er 15 Jahre alt. Die geliebten Großeltern werden als Verbrecher gejagt. Er selbst fühlt sich verfolgt, auch nachdem…mehr

Produktbeschreibung
Über die letzten Jahre von Erich und Margot Honecker, die in Chile politisches Asyl fanden, ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Nun, zwei Jahre nach dem Tod Margot Honeckers, bricht ihr Enkel, Roberto Yáñez, das Schweigen. Erstmals spricht er von seinem Leben als »Lieblingsenkel« und erzählt, was nach dem Sturz des Großvaters und dem Zusammenbruch der DDR geschah.
Roberto Yáñez, der Sohn von Sonja Honecker, wächst auf mit den Privilegien der Macht. Als die Mauer fällt, ist er 15 Jahre alt. Die geliebten Großeltern werden als Verbrecher gejagt. Er selbst fühlt sich verfolgt, auch nachdem seine Familie nach Chile, in das Land seines Vaters, ausgereist ist. In der fremden Kultur findet er sich nur schwer zurecht. Nach der Trennung der Eltern zieht er zu Margot Honecker, die unbeirrt an den DDR-Glaubenssätzen festhält. Roberto bricht wiederholt aus ihren strengen Regeln aus und sucht auf der Straße ein neues Leben zwischen Kunst, Musik und Drogen. Aber seine Großmutter bleibtdie engste Bezugsperson in seinem Leben, immer wieder kehrt er zu ihr zurück. Erst als sie 2016 stirbt, kann er sich von der Last seiner Familiengeschichte befreien - und erzählen von den Glanzzeiten seiner Kindheit, vom Ende der DDR, wie es die Honeckers als Familie erlebt haben, und von den letzten Lebensjahren seiner Großeltern in Chile.
Autorenporträt
Yáñez, RobertoRoberto Yáñez, geboren 1974, aufgewachsen in Ostberlin, verließ Deutschland 1990 kurz nach dem Fall der Mauer. Seitdem lebt er in Chile, dem Land seines Vaters, als Maler, Dichter und Songwriter.

Grimm, ThomasThomas Grimm, geboren 1954 in Aue, ist Filmemacher und Publizist. Bereits 1987 begann er, Zeitzeugen-Interviews, insbesondere von DDR-Persönlichkeiten, aufzuzeichnen und gründete die Film- und Fernsehproduktionsfirma Zeitzeugen TV, die er bis heute leitet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.10.2018

Mein Opa Erich
Roberteo Yáñez, Enkel der Honeckers, hat ein Buch über seine Familie geschrieben
und damit eine heftige Diskussion entfacht: Was soll mit der Asche des einstigen DDR-Staatschefs passieren?
VON VERENA MAYER
Stimmen aus der deutschen Vergangenheit kommen oft unerwartet und aus den entlegensten Ecken. Gerade zum Beispiel aus Chile, von einem gewissen Roberto Yáñez. Der Name dürfte den wenigsten etwas sagen, schon eher der offizielle spanische, an dem man immer auch die Herkunft ablesen kann: Roberto Yáñez Betancourt y Honecker. Yáñez’ Eltern sind der Chilene Leo Yáñez Betancourt und Sonja Honecker, die Tochter von Erich Honecker.
Lange hörte man nichts vom Enkel des früheren DDR-Staatschefs. Nach der Wende war die Familie in die Heimat seines Vaters ausgewandert, wo auch Erich Honecker bis zu seinem Tod 1994 unterkam. Doch nun hat Roberto Yáñez seine Stimme erhoben: In einem Buch schildert er sein Aufwachsen mit dem Großvater und die Jahre als Erwachsener, die er zusammen mit seiner Großmutter in Chile verbrachte. Margot Honecker starb 2016. Und er lüftet ein Geheimnis: Dass die Urnen der Honeckers gar nicht bestattet sind. Der Enkel, sieht ihren Platz in Deutschland, auf einem Berliner Friedhof.
Yáñez, 44, erzählt seine Geschichte nicht zum ersten Mal. Vor einigen Jahren hat er sich vom Filmemacher Thomas Grimm durch Chile begleiten lassen und ihm offenbart, wo er wohnte und dass er mit Diplomatenkindern auf eine deutsche Schule ging. Danach lebte Yáñez mit Hippies in der Wüste, war Musiker, ein paar Jahre verdiente er gutes Geld als Immobilienmakler. Er nahm Drogen, trank Alkohol, rutschte immer wieder ab, wurde schließlich Maler und Dichter. In dem Film sieht man einen etwas korpulenten, lebhaft gestikulierenden Mann, dem man die Berliner Herkunft anhört, wenn er Worte wie „ebent“ sagt. Und man merkt, wie wenig Lust Yáñez hat, zu den Honeckers befragt zu werden.
Das ist nun anders. „Ich war der letzte Bürger der DDR“ lautet der Titel des Buches, darin geht es ausführlich um seine privilegierte Kindheit in Ostberlin. Wie er mit seinen Eltern in einer modernen Wohnung mitten in der Stadt lebte und immer wieder von einem Fahrer zu den Großeltern nach Wandlitz gebracht wurde, wo die SED-Elite ihre Häuser hatte, samt Personal, Schwimmhalle und Intershop mit Westprodukten. Die Fotos in dem Buch könnten aus einem x-beliebigen deutschen Familienalbum aus den frühen Achtzigerjahren stammen: ein Junge mit einem alten Mann auf einer Parkbank, mit einer alten Dame unterm Weihnachtsbaum. Ein grauhaariges Ehepaar an einem weiß gedeckten Kaffeetisch. Nur dass dies keine gewöhnlichen Großeltern waren, sondern die Repräsentanten einer Diktatur.
Die Sicht der Kinder und Enkel von totalitären Machthabern auf die Geschichte ist selten neutral. Entweder relativieren sie deren Rolle oder sie stellen sie besonders schonungslos dar, weil sie sich abgrenzen wollen. Der Historiker Martin Sabrow, Direktor am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam, der eine Honecker-Biografie geschrieben hat, nennt Yáñez’ Sicht „idyllisierend“. Honecker wird als Opa gezeichnet, der mit dem Enkel wandern ging, ihm zeigte, wie man Würstchen auf Holzspießen grillt oder auf einem gefrorenen See angelt. Und wenn Opa gute Laune hatte, durfte sich Roberto auf seinen Schoß setzen und DDR-Witze erzählen (worüber Honecker angeblich „herzlich lachen“ konnte).
Nur hin und wieder schleichen sich in den Bericht, der in der dritten Person geschrieben und mit Schilderungen von Zeitzeugen unterlegt ist, Details über Yáñez’ Berührungspunkte mit dem Machtapparat der DDR ein. So legte Roberto im Januar 1988 genau bei jenem alljährlichen Aufmarsch der Staatsführung für Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht eine Blume nieder, bei dem auch junge Bürgerrechtler demonstrieren wollten, mit dem berühmten Zitat von Rosa Luxemburg: „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.“ Honecker ließ die Leute von der Stasi verhaften. Und als Robertos kleine Schwester an einer Viruserkrankung starb, mussten ihre Ärzte „an Verhör grenzende Befragungen“ über sich ergehen lassen, die Chefin des Krankenhauses wurde entlassen.
Warum hat er das alles aufgeschrieben? Gibt es ein Bild von Honecker, das man noch nicht kennt? Und wie soll sich die Öffentlichkeit seiner Meinung nach an Erich und Margot Honecker erinnern? Yáñez gibt keine Interviews, eine geplante Reise nach Deutschland hat er aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Aber er will der SZ Fragen per Mail beantworten. Er habe einen „Teil seines Lebens“ abschließen wollen, schreibt er. Die Kritik von Opferverbänden, dass die einstige Ministerin für Volksbildung der DDR unbehelligt in Chile alt werden konnte, findet er „ein berechtigtes Anliegen“. Aber die Öffentlichkeit sollte über seine Großeltern auch wissen, „dass beide mit vielen anderen gegen das Dritte Reich gekämpft haben“. Leider hätten sie sich danach „tief geirrt in der Umsetzung des Marxismus von der Theorie in die Praxis“.
Sein Buch bietet nicht allzu viel Neues, füllt aber einige Leerstellen. Dass Honecker etwa aus der Berliner Untersuchungshaft, wo er wegen der Todesschüsse an der innerdeutschen Grenze saß, einen Brief an den „lieben Robi“ verfasste. „Das, was wir beide erlebt haben, war ein schöner Traum, den wir wohl nie vergessen werden“, schreibt Honecker darin, 1993 wurde er wegen seiner Krebserkrankung aus der Haft entlassen. Und Yáñez erzählt, wie er in Chile mit seiner Großmutter über Jahre in einer Art Wohngemeinschaft lebte. Sie bezog aus Deutschland 1500 Euro Rente, er ging für sie einkaufen oder begleitete sie auf Behördengängen, weil sie nur schlecht Spanisch sprach, „ich war ihr Beschützer, ihr privater Bodyguard“.
Konnte er mit den Großeltern denn über ihre Rolle in der DDR reden? Als Jugendlicher habe er das manchmal versucht, erfolglos. „Ich stand bei den beiden zwischen Tür und Angel“, schreibt Yáñez.
Über sich selbst will Yáñez nicht viel erzählen, nur, dass er zweisprachig aufwuchs und sich vorstellen könnte, wieder in Deutschland zu leben. Er verfolgt, was in seiner früheren Heimat passiert, findet vor allem die Umweltpolitik gut und nennt „Ausländerhass und Rechtsextremismus Produkte von schlechter Bildung und Ignoranz“. Und er will die Geschichte seiner Großeltern zu Ende bringen.
Um deren Urnen ranken sich wilde Gerüchte. Die einen sagen, dass sie in Santiago oder Valparaiso bestattet sind, die anderen glauben, dass Margot Honecker Erichs Asche bis zu ihrem Tod mit 89 Jahren bei sich zu Hause hatte, weil Honecker in seinem Geburtsort Neunkirchen im Saarland begraben werden wollte. Der Enkel behauptet nun, die Urnen stünden bei einem Freund. Die Honecker-Familie soll sich uneins sein, was mit der Asche passieren soll. Yáñez’ Mutter Sonja will sie wohl im Pazifik ausstreuen, Yáñez selbst findet, dass sie zurück nach Deutschland soll.
Wenn es nach Honeckers Enkel geht, sollen die Urnen nach Friedrichsfelde im Osten der Stadt. Auf den sogenannten Sozialistenfriedhof, auf dem sich die Gräber von berühmten Kommunisten aneinanderreihen, auch Walter Ulbricht ist hier begraben. Die Idee sorgt für Diskussionen in der Politik. Die einen befürchten, die Leute könnten an einem Grab Honeckers ihren Hass auf die DDR ausleben, andere finden, dass die Honeckers solche Ehren nicht verdient hätten. Der Linken-Politiker Gregor Gysi wiederum hält den Sozialistenfriedhof für ungeeignet, schon deswegen, weil dort seit der Wende keine Gräber mehr vergeben werden. Auch nach Einschätzung des Senats ist eine Beisetzung nicht möglich, da die Anlage unter Denkmalschutz stehe. Auch gebe es keinen Antrag der Familie für ein Grab.
Yáñez selbst will dazu nichts sagen. Und so liegt es an Historiker Sabrow, die Sache einzuordnen. Er plädiert für eine „gelassene Lösung“. Jeder habe das Recht auf ein Grab, „in Friedrichsfelde liegen andere SED-Funktionäre, warum sollte Honecker es nicht auch dürfen?“ Und die Bundesrepublik sei wohl nicht in ihrem demokratischen Bestand gefährdet, „wenn die Urnen der Honeckers auf einem Berliner oder Neunkircher Friedhof bestattet werden“.
Über DDR-Witze konnte Honecker
angeblich „herzlich lachen“ –
wenn er bei Laune war
Bild einer Familie: Der DDR-Staatsratsvorsitzende Erich Honecker beim Spaziergang mit Ehefrau Margot, Tochter Sonja und Enkel Roberto im Jahr 1977. Nach der Wende lebte die Familie in Chile, Erich Honecker starb dort 1994, seine Frau Margot 22 Jahre später.
Foto: Ullstein-Bild/ADN-Bildarchiv
Roberto Yáñez, 44,ist in Ostberlin geboren, was man immer noch hört, wenn er „ebent“ sagt. Nach einem verschlungenen Lebensweg malt er jetzt Bilder und schreibt Gedichte. Foto: Zeitzeugen TV/Insel Verlag
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»Offen zeigt der Deutsch-Chilene seine Zerrissenheit und versucht zugleich einen differenzierten Blick auf das Ende der DDR.«
Jutta Schütz, Sächsische Zeitung 14.09.2018
»Nachzulesen ist hier die Chronik eines bis in die Seele des Einzelnen wirkenden gesellschaftlichen Umbruchs, mit allen damit einhergehenden Verletzungen, Krisen, Ab- und Aufbrüchen. Das macht das Buch so wichtig.« Gunnar Decker neues deutschland 20181201