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Der junge Giovanni lebt allein mit Mutter und Schwester. Als die Mutter krank wird, und Giovanni neben der Schule Geld für die Familie verdienen muss, wird er in seiner Klasse zum Außenseiter. Nur Campanella, Sohn des Doktors und Giovannis bester Freund, hält zu ihm. Am Abend des Sternenfests finden sich die beiden Jungen plötzlich an Bord der Milchstraßenbahn wieder. Eine phantastische Reise durch den Nachthimmel beginnt, eine Reise voller Abenteuer und märchenhafter Wesen. Doch was hat es mit der Bahn tatsächlich auf sich?

Produktbeschreibung
Der junge Giovanni lebt allein mit Mutter und Schwester. Als die Mutter krank wird, und Giovanni neben der Schule Geld für die Familie verdienen muss, wird er in seiner Klasse zum Außenseiter. Nur Campanella, Sohn des Doktors und Giovannis bester Freund, hält zu ihm. Am Abend des Sternenfests finden sich die beiden Jungen plötzlich an Bord der Milchstraßenbahn wieder. Eine phantastische Reise durch den Nachthimmel beginnt, eine Reise voller Abenteuer und märchenhafter Wesen. Doch was hat es mit der Bahn tatsächlich auf sich?
Autorenporträt
Kenji Miyazawa (1896-1933), geboren in Hanamaki (Präfektur Iwate), ist einer der bekanntesten und beliebtesten Autoren Japans. Bis zu seinem Tod im Alter von 37 Jahren schrieb er zahlreiche Gedichte und Erzählungen. Zu seinen bekanntesten Werken zählen Das Gasthaus mit den vielen Aufträgen und Eine Nacht in der Milchstraßenbahn, der Klassiker der japanischen Kinderliteratur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.03.2022

Ein Pfad aus Sternenlicht
Kenji Miyazawa erzählt von einer Himmelfahrt

"Stark und wahr zu leben heißt, sich über die Galaxie in uns selbst bewusst zu werden", schrieb Kenji Miyazawa (1896 bis 1933) in seiner "Allgemeinen Einführung zur Bauernkunst". Der aus Hanamaki im rauen Norden Japans stammende Autor war Agronom, glühender Buddhist, Esperanto-Anhänger, Sozialreformer - und Schöpfer von erst postum in Japan berühmt gewordenen Gedichten und Kinderbüchern.

In ihnen vereinen sich auf der Suche nach der Alchemie des Glücks kosmische Subjektivität, Naturwissenschaft und Religion, Magie, Sternenkunde und Lebenshilfe. Sein Gedicht "Gebeugt vom Regen nicht und nicht vom Wind" wurde in seiner Heimat Tohoku zur Hoffnungsballade nach der Katastrophe von 2011.

"Eine Nacht in der Milchstraßenbahn" erzählt eine Initiationsgeschichte als Reise in einem intergalaktischen Zug. Helden des postum veröffentlichten Werks sind der Junge Giovanni aus ärmlichem Haus und sein einziger Freund Campanella aus einer Doktorenfamilie. Die ersten Kapitel leiten allegorisch in die Sternenreise ein: Der Schullehrer erklärt den "Silberfluss" oder "Himmelsfluss", wie Japaner die Milchstraße nennen, mittels Glitzerkörnern in einer konvexen Linse, den weltentrückten Laden eines Uhrmachers zieren eine Zentaurenfigur und eine Sternenkarte. Typisch für Miyazawa ist die Verbindung westlicher und östlicher, terrestrischer und extraterrestrischer Welten und der Elemente.

Von den Mitschülern gehänselt und ausgeschlossen von Aktivitäten beim sommerlichen Sternenfest, begibt sich Giovanni auf einen schwarzen Hügel. "Dass der Himmel so leer und kalt sei, wie der Lehrer in der Schule gesagt hatte", kann er nicht glauben: In der Tat strecken Sterne ihre Strahlenbeine nach ihm aus, er hört das Rattern eines Zugs und findet sich alsbald im Abteil eines Waggons der Milchstraßenbahn wieder. Ihm gegenüber sitzt Campanella.

Es folgt eine Schau des Universums, eine Reise auf der Nachtseite des Lebens entlang des Himmelsflusses. Sternenformationen ziehen als Bahnstationen und Schlaglichter der Denkbilder der Menschheit vorbei, Geschichte und Zeitlichkeit relativieren sich. Allmählich wird klar, dass es sich um einen Zug erlösungsbedürftiger Seelen handelt und der Silberfluss dem Styx ähnelt. Der grellen griechisch-christlichen Symbolik steht eine dezente buddhistische Kosmologie gegenüber.

Ein Vogelfänger, der sich zu den Jungen ins Abteil gesellt, ist eine ebenso tragische wie sympathische Figur. Da er als Jäger wider Willen Reiher am Milchstraßensand vom Himmel pflückt, die wie Schokolade schmecken, ist er gefangen im ewigen Kreislauf der Wiedergeburten.

In Miyazawas Utopia gedeihen eine sich selbst bestellende Landwirtschaft, Äpfel und Naschwerk ohne "Plackerei". Es ist nur ein Quasi-Schlaraffenland: Leitmotiv des Kinderbuchs ist die Empathie mit den Mitgeschöpfen, die wie der Vogelfänger schwanken zwischen dem Primat, zu überleben, und buddhistischen Lehren. Das planetarische Praktikum lehrt Giovanni die Ideale des Bodhisattva: Er möchte sich "statt seiner hundert Jahre in die leuchtende Milchstraßenebene stellen und für ihn Vögel fangen".

In der nächsten Episode, in der sich ein Geschwisterpaar und ihr Hauslehrer, Opfer eines an die Titanic erinnernden Unglücks, zu den Jungen setzen, vereinigen sich in Miyazawas synkretistischer Weltsicht buddhistisches Mitgefühl und christliche Nächstenliebe. Der Hauslehrer hätte, um seine Schützlinge und sich zu retten, andere wegstoßen müssen, zog es dann jedoch vor, gemeinsam mit ihnen vor Gott zu treten. Beim "Kreuz des Südens", sprich am christlichen Himmel, steigt das Trio aus. Andere rätselhafte Begegnungen schließen sich an.

In einer tragischen Wendung verlässt auch Campanella, mit dem Giovanni doch immer zusammenbleiben wollte, den Zug und somit vorzeitig das Reich der Lebenden. "Alle Welten und alle Geschichten" als Interdependenz der Lebewesen blitzen in Giovannis Trauer vor seinem innerem Auge auf. Er erkennt die Illusionshaftigkeit allen eigennützigen Seins. Beim Passieren der magellanschen Wolken kommt er zum Schluss, dass individuelles Glück nur erreicht werden kann, wenn die ganze Welt glücklich ist. Geläutert kehrt Giovanni von der Milchstraßenreise zurück und strebt fortan nach planetarer Achtsamkeit und universeller Wohlfahrt. Neben Jürgen Stalphs Übersetzung überzeugen Louise Heymans' Illustrationen: Sie machen das transparente blaue Reich der Milchstraße und Miyazawas poetische Anderswelt fast greifbar lebendig. STEFFEN GNAM

Kenji Miyazawa:

"Eine Nacht in der Milchstraßenbahn".

Aus dem Japanischen von Jürgen Stalph. Mit Bildern von Louise Heymans. Cass Verlag, Bad Berka 2021. 104 S., geb., 22,- Euro. Ab 9 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Steffen Gnam lässt sich von dem 1933 verstorbenen japanischen Dichter und Kinderbuchautor Kenji Miyazawa mitnehmen auf eine Reise mit der Milchstraßenbahn. Die Allegorie vom "intergalaktischen Zug" und der Initiationsreise eines Jungen aus armen Verhältnissen beinhaltet laut Gnam christliche wie buddhistische Elemente, Lehren und Weisheiten wie Empathie und Nächstenliebe. Die von Louise Heymann laut Gnam "überzeugend" illustrierte Reise findet der Rezensent so poetisch wie anregend.

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