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Ein Grenzgang zwischen Betörung und Grausamkeit: In drei Erzählungen lässt Y ko Ogawa ihre Figuren auf Fallstricken unberechenbarer Gefühle balancieren und lockt den Leser unmerklich in einen Strudel der Leidenschaft.
Jeden Tag sitzt Aya auf der Tribüne eines Schwimmbades und beobachtet, wie Jun vom Zehnmeterturm Kunstsprünge vollführt. Die beiden sind zusammen im Waisenhaus aufgewachsen und einander so nah, wie nur Geschwister es sein können. Doch dann tritt plötzlich etwas Fremdes an die Stelle des Vertrauten, ein mächtiges, quälend schönes Begehren, das Aya bald nicht mehr kontrollieren…mehr

Produktbeschreibung
Ein Grenzgang zwischen Betörung und Grausamkeit: In drei Erzählungen lässt Y ko Ogawa ihre Figuren auf Fallstricken unberechenbarer Gefühle balancieren und lockt den Leser unmerklich in einen Strudel der Leidenschaft.
Jeden Tag sitzt Aya auf der Tribüne eines Schwimmbades und beobachtet, wie Jun vom Zehnmeterturm Kunstsprünge vollführt. Die beiden sind zusammen im Waisenhaus aufgewachsen und einander so nah, wie nur Geschwister es sein können. Doch dann tritt plötzlich etwas Fremdes an die Stelle des Vertrauten, ein mächtiges, quälend schönes Begehren, das Aya bald nicht mehr kontrollieren kann. Stets sind es Beziehungen unter falschen Vorzeichen, anhand derer Y ko Ogawa die unergründliche Triebkraft menschlicher Empfindungen beschreibt: die lähmende Fremdheit, die eine Schwangere plötzlich ihrem Mann gegenüber empfindet, die Zuneigung zum Bruder, die sich erst im Moment des Abschiednehmens offenbart, oder die subtile Lust, mit der ein unglücklich verliebtes Mädchen einen Säugling quält. Mit der schwebenden Leichtigkeit ihrer Sprache verwischt Y ko Ogawa die Grenze zwischen Illusion und Wirklichkeit und lässt eine Welt voller Magie und naiver Gewalt entstehen.
Autorenporträt
Yoko Ogawa, 1962 in Okayama geboren, lebt mit ihrer Familie in Ashiya. Sie ist Autorin von zahlreichen Romanen und gilt als eine der wichtigsten japanischen Autorinnen ihrer Generation. Für ihr Werk wurde sie mit vielen Literaturpreisen ausgezeichnet, zuletzt mit dem begehrten Yomiuri-Preis.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Ekelwut und Schneefall
Yôko Ogawas kalte Präzision
Aya ist in Jun verliebt. Jeden Tag bewundert sie ihn heimlich bei seinen eleganten Übungen am Sprungturm. Die Heranwachsenden kennen sich seit Jahren, beide wohnen im Waisenhaus „Garten des Lichts”. Nur dass Aya die Tochter der Betreiber ist. Sie hasst ihre Eltern. Und das Verlangen nach Jun droht sie innerlich zu zerreißen. Die Schmerzen, die sie mit sadistischer Freude einem Baby zufügt, dienen ihr als Ventil – einmal füttert sie die kleine Rie mit verschimmelten Windbeuteln. Die Gründe für ihr Handeln bleiben ihr verborgen: „Ich wusste nicht einmal, woher diese Grausamkeit in mir kam. Deshalb starrte ich auf Juns Arme, seine Brust und seinen Rücken und empfand, obwohl Rie so krank und schwach war, kein bisschen Reue.”
Die Nähe von Quälen und Begehren bis an die Grenzen des Erträglichen auszuloten, ist das bestimmende Thema der 1962 geborenen japanischen Autorin Yôko Ogawa. Von Anfang an. Das zeigt nun eindrücklich der Band mit drei Erzählungen „Der zerbrochene Schmetterling”. Er versammelt ihre allerersten Geschichten. Sie sind in Japan in den Jahren 1988 bis 1990 erschienen. Seither hat Ogawa eine Vielzahl von Erzählungen geschrieben und bislang fünf Romane verfasst. Am bekanntesten dürfte „Hotel Iris” sein, über die sadomasochistische Beziehung der 17-jährigen Mari zu einem älteren Mann. Wobei der Leser entscheiden muss, ob der grausame Akt des Haarekämmens, den die Mutter an Mari vollführt, nicht die schlimmere Folter ist als all die subtilen Fesselspiele, die sich der Mann für das Mädchen ausdenkt.
Die drei Erzählungen, von denen „Das Schwimmbecken”, das die unerfüllte Liebe Ayas zu Jun erzählt, die raffinierteste ist, zeigen schon all die Sujets, die für Ogawa kennzeichnend sind. Im Mittelpunkt stehen Mädchen. Deren Eltern sind entweder bereits tot oder werden abgrundtief verachtet. Den Kontakt zu ihrer Umwelt und dem eigenen Körper haben sie verloren; sie sind innerlich erstarrt. Sich spüren können sie nur im Schmerz, Liebe empfinden nur für Kranke und Versehrte. Über den im Sterben liegenden Bruder sagt in „Das vollkommene Krankenzimmer” die Ich-Erzählerin: „Ich konnte mich nicht sattsehen, wie der Saft der Trauben seine reine, transparente Haut überzog. Dieser Anblick wirkte sehr anziehend auf mich.”
Ogawas Literatur der Qualen schenkt dem Leser nichts. Zieht einen in den späteren Werken die kalte Präzision der Sprache in Bann, ist in diesen ersten Erzählungen noch ein Zuviel zu bemängeln: Ein Zuviel an Essensresten. Ein Zuviel an körperlichem Schrund. Ogawa ist ekelwütig, ihre Faszination für das Morbide kippt allzu leicht um ins Kitschige, in den billigen Schauereffekt. So ist ihr Schreiben bis heute in Gefahr, Verfallspathos zu produzieren. Nötig hätte sie das nicht. Denn es gibt bei ihr auch leise Momente, wie etwa jenen, in dem Aya und Jun dem Fallen des Schnees zusehen. Ein rührendes Sinnbild für die Unschuld, die verloren gehen wird. FLORIAN WELLE
Yôko Ogawa
Der zerbrochene Schmetterling
Übersetzt von Ursula Gräfe und Kimiko Nakayama-Ziegler. Liebeskind Verlag, München 2007. 192 S., 18,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die nun auf Deutsch vorliegenden frühen Erzählungen Yoko Ogawas ordnet Florian Welle einer "Literatur der Qualen" zu. Eine Warnung, weil dem Leser, so der Rezensent, nichts erspart bleibt, wenn die Autorin vom Quälen und Begehren erzählt. Welle vermisst ein wenig die "kalte Präzision der Sprache" der späteren Ogawa. Die sich in den Texten stattdessen austobende "Ekelwut" geht ihm mitunter selbst zu weit an die Grenze zum "Verfallspathos". Dass Ogawa auch die leisen Töne beherrscht, weiß Welle indes genau.

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