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Unmittelbarkeit, Risiko, Authentizität
Das Hotel Istanbul und die Bar ohne Namen liegen nur einen Steinwurf von der syrischen Grenze entfernt. Dort treffen sich alle, die Interesse am Krieg haben: Wijbe, der als holländische Ein-Mann-NGO Wolldecken ins Kriegsgebiet schmuggelt. Zwei Briten, die Selfies mit Krieg posten wollen. Der Schweizer Raimondo, genannt "the Kid", dem es zu Hause viel zu langweilig ist. In der Lobby dieser "Zentrale des Wahnsinns" sitzt der Hacker Ahmed, der die Trips an die Front organisiert, und spielt mit einem Miniroboter.
Fritz Schaap sucht die raue, dunkle
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Produktbeschreibung
Unmittelbarkeit, Risiko, Authentizität

Das Hotel Istanbul und die Bar ohne Namen liegen nur einen Steinwurf von der syrischen Grenze entfernt. Dort treffen sich alle, die Interesse am Krieg haben: Wijbe, der als holländische Ein-Mann-NGO Wolldecken ins Kriegsgebiet schmuggelt. Zwei Briten, die Selfies mit Krieg posten wollen. Der Schweizer Raimondo, genannt "the Kid", dem es zu Hause viel zu langweilig ist. In der Lobby dieser "Zentrale des Wahnsinns" sitzt der Hacker Ahmed, der die Trips an die Front organisiert, und spielt mit einem Miniroboter.

Fritz Schaap sucht die raue, dunkle Seite unserer Gegenwart. Er findet sie an den Schauplätzen unserer Alpträume im Nahen Osten und in Nordafrika. Die Geschichten, die er dort aufspürt, erzählen von einem Leben in der Region jenseits der alltäglichen Fernsehbilder - von Kriegstouristen, denen der Erzähler an der syrischen Grenze begegnet, von "Heiligen Trinkern" in Gaza, vom schwulen Palästinenser Saleh aus Tel Aviv. Schaap zieht mit seinem regimekritischen Freund Husam durch das Damaszener Nachtleben und trifft Menschenhändler im Sinai. Kurz vor dem Arabischen Frühling liebt, trauert und trinkt er sich durch Kairo, und in Alexandria schreibt er sich an einer Salafistenschule ein, die Nachwuchsgotteskrieger aus dem Westen ausbildet.

In sieben Stories erzählt Fritz Schaap von Menschen im Nahen Osten und von einer Region im Umbruch, die gerade das Weltgeschehen prägt.

Autorenporträt
Schaap, Fritz§Fritz Schaap, 1981 in Berlin geboren, studierte erst Literatur- und Kommunikationswissenschaften, später Journalismus und Islamwissenschaften in Leipzig und Berlin, Damaskus und Alexandria. Er arbeitet als Reporter für den Spiegel, die Zeit, das SZ-Magazin, die NZZ und viele andere mehr. Für seine Reportagen wurde er mit dem CNN Award, dem Deutschen Journalistenpreis und dem Prälat-Ungar-Preis ausgezeichnet sowie den Medienpreis der Kindernothilfe ausgezeichnet.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2017

28. Reisen in den Albtraum

Ein palästinensischer Rechtsanwalt ist Trinker und brennt heimlich Schnaps, obwohl er dafür von den islamischen Autoritäten Knast und Schlimmeres zu befürchten hat. Ein anderer Palästinenser ist schwul und fristet ein Dasein als Illegaler auf dem Straßenstrich von Tel Aviv, nachdem er im Westjordanland von der eigenen Familie gejagt, eingesperrt und gefoltert wurde. Ein regimekritischer junger Syrer flüchtet sich in Damaskus in Drogen und Partys, weil ihn die Angst vor dem Militärdienst zu erdrücken droht. Ein anderer junger Syrer hat sich in der Türkei in Sicherheit gebracht und organisiert von einem Grenzort aus Ausflüge an die syrische Front. Seine Kunden: Kriegstouristen aus Amerika und Europa; junge Männer, die ihr komfortables Leben in Demokratie und Freiheit langweilt. "Am Anfang hast du schon Angst, aber irgendwann nimmt es dich mit, irgendwann kommst du drauf, und dann ist es total geil", sagt einer von ihnen, nachdem er - unter Begleitschutz - im umkämpften Aleppo war.

Von Menschen, die dem Albtraum, der uns tagtäglich in Fernsehbildern aus dem Nahen Osten erreicht, gerne entrinnen würden, es aber nicht können, und von solchen, die sich ihm freiwillig als Abenteurer, Journalisten und selbsternannte Gotteskrieger aussetzen, handeln die sieben Geschichten, die in "Hotel Istanbul" des Journalisten Fritz Schaap versammelt sind. Sie sind im Stil von Reisereportagen verfasst und basieren auf wahren Begegnungen.

Es ist eine düstere und oft bittere Lektüre. Schaap, Jahrgang 1981, ist seit vielen Jahren für verschiedene Zeitungen und Magazine im Nahen Osten unterwegs. Nichts ist gut in dieser kriegsgeschüttelten Region. Der Arabische Frühling war in Wirklichkeit der Beginn eines neuen politischen Winters, und statt Hoffnung herrschen Wut und Resignation. Und so wird viel geraucht und getrunken in diesem Buch, während Schaap mit Leuten wie dem Anwalt aus Gaza über religiösen Irrsinn redet oder mit dem jungen Syrer aus Damaskus über dessen Trauer, nicht so lieben und leben zu dürfen, wie er es

gerne würde. Die Schicksale dieser Menschen besitzen vielleicht keinen Nachrichtenwert im klassischen Sinn. Doch in ihren Lebensgeschichten spiegelt sich die gesamte Tragödie des Nahen Ostens wieder, und deshalb ist es großartig, dass Schaap ihnen eine Stimme gibt. Keiner seiner Protagonisten bricht aus dem Albtraum aus und geht nach Europa. Antworten auf die Frage, warum so viele andere ihr Leben riskieren, um genau das zu tun, geben seine Erzählungen dennoch.

Karen Krüger

Fritz Schaap: "Hotel Istanbul: Stories". Knaus, 272 Seiten, 18 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Schaaps Geschichten basieren auf realen Erlebnissen, sind für sein Buch 'Hotel Istanbul' jedoch fiktionalisiert worden. Das nimmt ihnen nichts von ihrer Überzeugungskraft. Im Gegenteil.« dpa