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Indien, eine bewundernswerte Demokratie? - Keineswegs! Die renommierten Asien-Korrespondenten Georg Blume und Christoph Hein klagen an: Diskriminierung, Bereicherung und Gleichgültigkeit verschulden jedes Jahr den Tod von Millionen von Menschen, vor allem von Frauen und Kindern.Berichte über Gewalt und Hunger in Asiens drittgrößter Volkswirtschaft erwecken oft den Eindruck, es handele sich um entsetzliche Ausnahmen in einer prinzipiellen Erfolgsgeschichte. Aber als langjährige Kenner Indiens können Blume und Hein belegen: Das Gegenteil ist der Fall. In der wirtschaftlichen Blütezeit haben die…mehr

Produktbeschreibung
Indien, eine bewundernswerte Demokratie? - Keineswegs! Die renommierten Asien-Korrespondenten Georg Blume und Christoph Hein klagen an: Diskriminierung, Bereicherung und Gleichgültigkeit verschulden jedes Jahr den Tod von Millionen von Menschen, vor allem von Frauen und Kindern.Berichte über Gewalt und Hunger in Asiens drittgrößter Volkswirtschaft erwecken oft den Eindruck, es handele sich um entsetzliche Ausnahmen in einer prinzipiellen Erfolgsgeschichte. Aber als langjährige Kenner Indiens können Blume und Hein belegen: Das Gegenteil ist der Fall. In der wirtschaftlichen Blütezeit haben die indischen Eliten nicht in die Zukunft des Landes, in Bildung und gesellschaftlichen Fortschritt investiert. Die Folge: Misshandlungen, Vergewaltigungen und entwürdigende Lebensbedingungen sind vor allem für Frauen und Kinder an der Tagesordnung. Ausbeutung, Korruption, Vernachlässigung und Fehlplanung prägen den Alltag.Voller Sympathie für das Land und die Menschen, zugleich voller Zorn überdas unnötige Leid erheben Blume und Hein ihre Stimmen: Zu viele Menschen sterben einen unnötigen Tod. Nicht nur die indische Elite, auch der Westen trägt Mitschuld an der verzweifelten Lage. Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft müssen ihren Einfluss auf ihren internationalen Partner geltend machen. Denn Indien hat unsere kritische Aufmerksamkeit verdient.
Autorenporträt
Georg Blume ist seit 1985 Auslandskorrespondent. Er arbeitete - vor allem für DIE ZEIT und die tageszeitung (taz) - aus Peking, Tokio und Paris, 2009 zog er nach Delhi. Seit 2013 berichtet Blume für DIE ZEIT erneut aus Paris. Für seine Arbeit in China erhielt er 2007 den Liberty Award, für seine Tätigkeit in Indien wurde er 2012 mit dem Medienethik-Award META ausgezeichnet. Er ist Autor mehrerer China-Bücher.Christoph Hein ist Wirtschaftskorrespondent der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er promovierte in Münster, lebt seit 1999 in Singapur und arbeitet vor allem aus Indien. Hein schreibt über den gesamten asiatischen Raum und veröffentlichte mehrere Sachbücher, zuletzt über Burmas Wandel.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit dem neuen Buch "Indiens verdrängte Wahrheit" von Georg Blume und Christoph Hein hat Rezensent Tobias Matern eine aufgebrachte Streitschrift über die ungerechten Verhältnisse in Indien gelesen. Er folgt den eindringlich geschilderten Missständen, etwa über das Verhungern von Kindern, die Abtreibung von weiblichen Föten oder die landläufige Korruption und lobt das leidenschaftliche Bestreben der Autoren, diejenigen zu Wort kommen zu lassen, die sonst kaum gehört werden. Auch wenn hier kein vollständiges Bild des eindrucksvollen Landes geliefert wird, kann der Rezensent dieses kluge Buch Geschäftsreisenden und Politikern, aber auch Urlaubern, die hinter die Kulissen schauen wollen, nur unbedingt empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.06.2014

„Indien ist ein
Unrechtsstaat“
Ein großes Land und seine gigantischen Probleme
Narendra Modi hat ein eindrucksvolles Mandat bekommen. Indiens neuer Premierminister von der hindu-nationalistischen Partei BJP kann ohne Koalition regieren, der Gandhi-Familie und ihrer Kongresspartei hat er bei den Parlamentswahlen eine historische Niederlage beigebracht.
  Vor allem die muslimische Minderheit des Landes – in Indien mehr als 160 Millionen Menschen – zittert vor ihm, weil der Politiker religiös motivierte Unruhen in seinem Bundesstaat Gujrat im Jahr 2002 nicht unterband. Zwar wurde ihm nie eine direkte Beteiligung nachgewiesen, doch ein ehemaliger deutscher Botschafter in Delhi wollte ihm noch nicht einmal die Hand geben; seine Einreiseverbote in Europa und den USA wurden erst kürzlich aufgehoben.
  Modi ist in seinem Land ein gefeierter Reformer. Gujarat hat er in seinen Jahren als Ministerpräsident wirtschaftlich auf Erfolg getrimmt, der Bundesstaat gilt als Musterbeispiel der Effizienz. Genau deshalb haben ihm die Inder eine absolute Mehrheit anvertraut. Die Hoffnung, dass er das Wachstum wieder ankurbelt und die grassierende Korruption bekämpft, ist weit verbreitet, genau wie der Traum Hunderter Millionen Inder, in die Mittelschicht des Landes aufzusteigen.   
  Kann er diese Sehnsüchte befriedigen? Oder gibt es nicht eigentlich eine dringendere Agenda, die von Gerechtigkeit, Armutsbekämpfung, dem Kampf für benachteiligte Frauen handeln müsste? Die gibt es, das wird beim Lesen zweier neuer Bücher über das Land deutlich, das bald China als bevölkerungsreichste Nation des Planeten überholen wird.
  Georg Blume und Christoph Hein, die für Die Zeit und FAZ seit Jahren über Indien berichten, haben eine wütende Streitschrift vorgelegt. Ihre donnernde These: „Indien ist ein Unrechtsstaat, der jedes Jahr Millionen seiner Bürger auf dem Gewissen hat. Aber kaum jemand traut sich, das über die Weltmacht Indien zu sagen, diesen wertvollen Verbündeten des Westens.“ Das stimmt nur zum Teil. Wahr ist, was in dem Buch an Missständen genannt wird: In Indien verhungern Kinder, herrscht nach wie vor in vielen Bereichen ein archaisches Gesellschaftssystem, werden weibliche Föten abgetrieben, weil die Eltern für sie später eine horrend hohe Mitgift aufbringen müssten, sind nicht nur kastenlose Inder einer „systematischen Misshandlung“ ausgesetzt.
  Aber: Es stimmt nicht, dass sich kaum jemand traut, dies auch anzusprechen. Indische Magazine wie etwa Tehelka erfüllen vor allem einen Zweck: Missstände anprangern, ganze Ausgaben lang, Woche für Woche. Auch haben indische Zeitungen und Nachrichtensender durch ihre Berichterstattung über die brutale Massenvergewaltigung einer Studentin im Dezember 2012 und die anschließenden Proteste die Regierung mit dazu bewogen, endlich zu handeln, schärfere Gesetze zu verabschieden und die Täter in einem Schnellverfahren zur Rechenschaft zu ziehen. Die Autoren decken nichts auf, was sonst niemand benennt, aber sie schreiben mit einer mitreißenden Leidenschaft, die streckenweise in blanke Empörung umschlägt.
  Ihre Empathie bleibt dabei nie auf der Strecke, sie geben vor allem denjenigen eine Stimme, die selten gehört werden – etwa dem Slumbewohner aus Mumbai: „Korruption ist die Luft, die wir in Indien atmen. Ohne kann hier niemand leben“, sagt er über die Bürokratie, unter der vor allem die Ärmsten der Armen leiden. Schließlich müssen sie ihr karges Einkommen auch darauf verwenden, eigentlich selbstverständliche Leistungen zu erhalten.
  Blumes und Heins Buch ist als Lektüre eine gute Vorbereitung für Geschäftsreisende, Politiker auf Staatsbesuch und ja, auch für Urlauber, die Indien nicht ausschließlich als Sinnsucher, Bergsteiger und im Yoga-Kurs erkunden wollen. Es zeichnet kein umfassendes Bild, es handelt die vielen beeindruckenden Merkmale dieser die Sinne überflutenden Nation höchstens am Rande ab. Aber es zeigt einen bedrückenden, sehr präsenten Ausschnitt eines Schwellenlandes, den Mächtige lieber unter den Tisch fallen ließen.
  Amana Fontanella-Khan hat sich in ihrem Buch näher herangezoomt, sie beschreibt in einem einfühlsamen Porträt die bewegende Geschichte einer Frau, die gegen alle Normen kämpft. Eine Frau hat sich in aller Regel dem Willen des Mannes unterzuordnen, heißt es heute noch oft in Indien. Aber Sampat Pal, Anführerin der bekannten „Gulabi Gang“, die inzwischen mehr als 20 000 Mitglieder hat und durch ihre pinken Saris auffällt, hat sich dieser Norm nie gebeugt.
  Pal wächst in den 1970er-Jahren in der zentralindischen Region Bundelkhand auf. Ihr Alltag: Sie hört die Schreie einer Frau, die von ihrem betrunkenen Ehemann verprügelt wird, sie lernt Mädchen kennen, die mit alten Witwern verheiratet werden, und ist selbst erst zwölf Jahre alt, als sie eine arrangierte Ehe eingehen muss. Sie zieht zu ihrem Mann und den Schwiegereltern, soll den Haushalt schmeißen, gerät mit der Schwiegermutter aneinander, wirft ihr an den Kopf: „Was hast du gegen Frauen? Du bist selbst eine!“   
  Fontanella-Khan beschreibt den Kampf einer Frau, die sich gegen Behördenwillkür, Polizisten und prügelnde Ehemänner zur Wehr setzt und die eine Bewegung auf die Beine stellt, die sich mutig den gesellschaftlichen Zwängen widersetzt. Inzwischen ist Sampat Pal auch Politikerin, sie hat bei den Wahlen verloren, will aber wieder kandidieren. Eine indische Frau, die nie aufgibt, beschrieben in einer spannenden Nahaufnahme.
TOBIAS MATERN
  
Georg Blume und Christoph Hein: Indiens verdrängte Wahrheit. Streitschrift gegen ein unmenschliches System. Edition Körber-Stiftung, Hamburg 2014. 200 Seiten, 17 Euro.
Amana Fontanella-Khan: Pink Sari Revolution: Die Geschichte von Sampat Pal, der Gulabi Gang und ihrem Kampf für die Frauen Indiens. Hanser Berlin, 2014. 272 Seiten, 19,90 Euro.
Streckenweise schlägt die
Leidenschaft der Autoren in
blanke Empörung um
„Was hast du gegen Frauen?“,
fragt Pal die Schwiegermutter,
„du bist selbst eine!“
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