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Beim Versuch, im Jahr 1926 einen neuen Rekord im Alleinflug aufzustellen, schafft es John Robert Shaw bis Alaska. Doch dann gerät er in einen Sturm und gilt fortan als verschollen. Völlig unvermutet wird John 17 Jahre später gefunden - 17 Jahre, in denen er mit den Inuit gelebt hat, in einer Einöde aus ewigem Eis und Schnee. Nun sieht er sich gezwungen, zum zweiten Mal ein völlig neues Leben zu beginnen ... Ein bewegender Roman über die Macht der Liebe und den Mut, den eigenen Träumen und Passionen zu folgen.

Produktbeschreibung
Beim Versuch, im Jahr 1926 einen neuen Rekord im Alleinflug aufzustellen, schafft es John Robert Shaw bis Alaska. Doch dann gerät er in einen Sturm und gilt fortan als verschollen. Völlig unvermutet wird John 17 Jahre später gefunden - 17 Jahre, in denen er mit den Inuit gelebt hat, in einer Einöde aus ewigem Eis und Schnee. Nun sieht er sich gezwungen, zum zweiten Mal ein völlig neues Leben zu beginnen ... Ein bewegender Roman über die Macht der Liebe und den Mut, den eigenen Träumen und Passionen zu folgen.
Autorenporträt
Julie Harris, geboren 1957, lebt in Queensland, Australien. Die alleinerziehende Mutter zweier Kinder war unter anderem als Theaterautorin und Regisseurin tätig, bevor sie sich ganz der Schriftstellerei zuwandte. "Der lange Winter am Ende der Welt" ist ihr dritter Roman. Er erschien erstmals 1996 in deutscher Übersetzung und wurde auf Anhieb ein großer Erfolg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.06.1996

Der mit dem Walroß tanzt
Allein unter Inuit: Julie Harris surft auf der Ethno-Welle

Und ewig schäumt die Ethno-Welle. Der Tag, an dem selbst der unverwüstlich wirkende Kino-Cowboy der Marlboro-Werbung seinen Platz im Canyon erstmals an eine fröhliche Multikulti-Musikertruppe abtreten mußte, bedeutete einen weiteren Etappensieg der längst kommerziell gesteuerten One-World-Bewegung. Kaum ein Zivilisationsmensch, dem der Blick in die Augen eines südamerikanischen Indios oder eines Tibeter Mönches nicht eine dunkle Ahnung seiner eigenen, Generationen zuvor verlorenen Ursprünge beschert. Indigen ist in, und ein Beleg dafür ist die etwa zeitgleich aufgekommene Political-Correctness-Debatte.

"Die Verwendung von Begriffen, die heute als unangemessen gelten", teilt uns die Australierin Julie Harris in einer Anmerkung zu ihrem dritten Roman mit, sei "nicht als Herabsetzung irgendeiner Gruppe gedacht". Die politische Korrektheit müsse der historischen geopfert werden; wurde doch in der von ihr beschriebenen Epoche ein Begriff verwendet, der in unserer "aufgeklärten Ära" diskreditiert ist. Die Rede ist von dem Wort "Eskimo".

Harris wäre diese Erklärung erspart geblieben, hätte sie das Flugzeug ihres Helden John Shaw in den Neunzigern auf eine Insel vor Alaska stürzen lassen. Statt dessen datierte sie seine Bruchlandung auf 1926, und der unaufgeklärte Pilot sah sich umgeben von Eskimos - und nicht, wie wir es heute besser wissen, von Inuit. Mit ihnen sollte Shaw siebzehn Jahre verbringen, bis er von der US-Marine geborgen würde. Genug Zeit also für den homo faber, sich mit dem fremden Kulturkreis vertraut zu machen. Robinson, Livingstone und Kevin Costner lassen grüßen.

Keine Frage, daß das Kind der Industriegesellschaft trotz anfänglicher Abneigung gegen eine gute Tasse frischen Seehundblutes geläutert aus seiner Eiszeit hervorgeht. "Ich war nicht vermißt, Betty-Sue", erklärt er seiner Krankenschwester und späteren Biographin. "Ich wurde gefunden. Von mir." Julie Harris bedient sich des schlichten Strickmusters der klassischen Back-to-nature-Literatur. Um so erstaunlicher, daß das fertige Produkt voller Laufmaschen steckt. Acht Jahre habe es gedauert, erzählt Betty-Sue, aus Johns Aufzeichnungen und Berichten "eine Geschichte aus einem Guß zu machen". Diese freilich suchen wir vergebens. John ist kein Saint-Exupéry, und er selbst bekennt, "nicht der beste Tagebuchschreiber der Welt" zu sein.

Krankenschwestern dagegen neigen offenbar zum Kitsch. "John wußte, daß es allein der Glaube war, der die Herzen weiterschlagen ließ und das Licht der Zufriedenheit aufrechterhielt, das ständig in diesen dunklen Augen leuchtete", berichtet Betty-Sue. Ansonsten erfahren wir, daß die Eskimos/Inuit ab und zu nicht näher beschriebene Feste feiern und sich "gern so zum Sterben" hinlegen, Erfahrungen, die auch ein Pauschal-Kurzreisender hätte machen können. Dafür liest man um so mehr über Johns Vorleben in South Carolina, das die Autorin in einer Art Handlungs-Fetischismus mit so vielen dramatischen Ereignissen ausstattet - grausige Unfälle, Tod des Vaters, Kinderlähmung der Schwester und so weiter -, daß eine Daily Soap daraus Stoff für ein Jahr beziehen könnte.

Nicht nur Johns Gespür für Windstärken beeindruckt, wenn er mit verblüffender Exaktheit schildert, wie er "von einem Windstoß von hundertdreißig Stundenkilometern" erfaßt wird. Sein Hang zur Transzendenz, verstärkt durch häufigen Kontakt zum Medizinmann, beschert ihm Visionen von Walroßherden sowie regelmäßige Besuche seines verstorbenen Kumpels Bobby. Auch der tote Paps schaut vorbei und teilt Beruhigendes mit: "Deine Zeit ist noch nicht um, mein Sohn."

Es deutet sich in solchen Szenen schon an, daß Julie Harris sich als Meisterin der, so sei unterstellt, unfreiwilligen Komik erweist - ganz sicher nicht ohne tatkräftige Hilfe der Übersetzung. Immer wieder stößt man auf herrliche Stilblüten. "Die Menschen hier sterben oder kommen durch Unfall um", konstatiert John einmal; und wenn er, der beim Absturz einen Arm verloren hat, in einem Wutanfall seine Eskimofrau würgt, sieht man "an ihrer Kehle die roten Abdrücke meiner Hände". Niemand, so erinnert er sich an anderer Stelle an sein Geburtshaus, "hatte Rosen, die so dufteten wie die Teerosen, die am Strauch rechts neben dem Klohäuschen wuchsen". Auf dieses Geruchserlebnis verzichtet der Rezensent nur zu gerne. JÖRG THOMANN

Julie Harris: "Der lange Winter am Ende der Welt". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Joachim Maass. Ernst Kabel Verlag, Hamburg 1996. 314 S., geb., 44,- DM.

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"Ein Entwicklungsroman, der Seinsfragen stellt und sie tröstlich beantwortet: Überleben macht Sinn.", Neue Westfälische