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Das Höhlengleichnis des großen Philosophen der Griechen Platon ist allgemein bekannt, es wurde zu dem Vorbild für sechs weitere Höhlengleichnisse aus Antike und byzantinischem Mittelalter. Während das von Aristoteles noch relativ bekannt ist, gilt das für die fünf weiteren Höhlengleichnisse nicht mehr.Der vorliegende Band enthält die Urtexte der sieben Höhlengleichnisse mit deutscher Übersetzung, jedes einzelne Gleichnis wird genau interpretiert.Thema des letzten Kapitels ist die Weiterwirkung bis in das 20. Jahrhundert hinein; es werden zum Beispiel die Anspielungen bei Friedrich Dürrenmatt,…mehr

Produktbeschreibung
Das Höhlengleichnis des großen Philosophen der Griechen Platon ist allgemein bekannt, es wurde zu dem Vorbild für sechs weitere Höhlengleichnisse aus Antike und byzantinischem Mittelalter. Während das von Aristoteles noch relativ bekannt ist, gilt das für die fünf weiteren Höhlengleichnisse nicht mehr.Der vorliegende Band enthält die Urtexte der sieben Höhlengleichnisse mit deutscher Übersetzung, jedes einzelne Gleichnis wird genau interpretiert.Thema des letzten Kapitels ist die Weiterwirkung bis in das 20. Jahrhundert hinein; es werden zum Beispiel die Anspielungen bei Friedrich Dürrenmatt, Clive Staples Lewis oder Luigi Pirandello zitiert und erläutert.Den Abschluß bilden die kurzen Worte des Begründers der neuzeitlichen Philosophie, René Descartes, zum Wesen der Höhle. So erschließt der Band das literarische Genus der Höhlengleichnisse über einen Zeitraum von rund 2 500 Jahren europäischer Geistesgeschichte.
Autorenporträt
Wilhelm Blum, Dr. phil., Jahrgang 1943, hat Klassische Philologie, Geschichte und Philosophie studiert. Anschließend war er tätig in der Erwachsenenbildung, an der Universität und an Gymnasien. Derzeit ist er Lehrer am Maximiliansgymnasium in München. Er ist Autor zahlreicher Bücher und Aufsätze zu verschiedenen Themen der Geistesgeschichte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.05.2005

Die Höhle als Erkenntnisort
Stationen eines Urbilds von der Antike bis ins Medienzeitalter
Seit Platon ist die Höhle ein philosophischer Ort, der aber nicht nur Philosophie und Theologie, sondern auch Dichtung, bildende Kunst und Theater des Abendlandes tiefgreifend geprägt hat. Immer wieder - schon in der Antike - ist die Höhle mit dem Mutterleib verglichen worden, aus dem wir vom Dunkel ins Licht gelangen. „Höhle also, und wieder Höhle, wo immer das Menschsein vom Denker und Dichter gründlich erwogen wurde”, schreibt Max Kommerell in seinem Buch über Calderón, in dessen Schauspielen die Höhle in der Tat eine unermessliche Rolle spielt, zumal in seinem berühmtesten Stück „Das Leben ein Traum”. Der Thronfolger Sigismund wächst da in einem als Höhle gestalteten Turm auf und durchlebt, aus ihm befreit, den von tiefen Irritationen begleiteten Kursus vom Schein zum Sein, der uns aus dem Gleichnis im siebten Buch des platonischen „Staats” vertraut ist - nun freilich in christlicher Metamorphose. Und eben diese hat das Höhlengleichnis schon seit frühchristlicher Zeit erfahren.
Nicht nur ein Höhlengleichnis gibt es nämlich, sondern aus Antike und Frühmittelalter sind uns sieben Variationen überliefert, darunter eine von Papst Gregor dem Großen aus dem sechsten Jahrhundert. Ihnen geht Wilhelm Blum in einer konzentrierten Studie nach. Sie enthält die griechischen und lateinischen Originaltexte, deren Übersetzungen, einen sorgfältigen und doch leserfreundlichen Kommentar und schließlich eine knappe Geschichte dieses Urbildes von Empedokles, den Plotin als Erfinder des Gleichnisses bezeichnet hat, bis zu Pirandello und Dürrenmatt, der es dezidiert auf den Kopf stellt.
Faszinierend zumal die Ausführungen über Kaspar Hauser, den die Zeitgenossen gewissermaßen im Lichte des Höhlengleichnisses gesehen haben, eine Lesart, die sich schon in der Version des Arnobius aus dem 3. Jahrhundert nach Christus vorbereitet. Dort ist bereits der Weg eines jungen Menschen vorgezeichnet, der in einer Erdhöhle ohne Licht und Laut von außen aufwächst und nun in die Welt geworfen wird, die ihm ein großes Rätsel ist.
Sehr viel wird dem Leser hier für wenig Geld auf gut hundertzwanzig Seiten geboten, und so sollte er nicht undankbar meckern, wenn er einiges aus der Wirkungsgeschichte des Gleichnisses vermisst, etwa einen Abschnitt über Calderón, den Höhlenallegoriker par excellence, oder über Jean Pauls „Unsichtbare Loge”, wo ein Knabe in einer „Platos-Höhle” einem „unterirdischen Pädagogium” ausgesetzt wird und schließlich seine „Auferstehung” erlebt.
Blum möchte nicht konkurrieren mit Konrad Gaisers grundlegendem (italienischem) Buch über die Geschichte des Höhlengleichnisses von 1985. Er beschränkt sich auf exemplarische Stationen dieser Geschichte, und sie leuchten bei ihm in wohltuender Klarheit auf. Besonders fesselnd, wie er das platonische Höhlengleichnis nicht nur aus seinem unmittelbaren Textzusammenhang heraus interpretiert, sondern schon den Dialog „Phaidon” in seinem Lichte deutet: die Gefängniszelle des Sokrates als „vorweggenommene Höhle aus dem siebten Buch der Politeia”, in die - wie am Ende des Gleichnisses - der aus dem Licht der Wahrheit in das Dunkel der Höhle Zurückgekehrte von den in ihrer Schatten- und Scheinwelt Gebliebenen umgebracht wird.
Mancher heidnisch gesinnte Altphilologe mag Wilhelm Blum die christliche Färbung seines Buches verübeln, denn für ihn ist der tiefgründigste Gestalter des Höhlengleichnisses nicht Platon, sondern Gregor von Nyssa aus dem vierten Jahrhundert, bei dem der Aufstieg aus der Höhle zum Bild der Transzendenz in ihrem aktiven Vollzug wird, als das Überschreiten der Grenzen der immanenten Welt. Blum, der noch dem aussterbenden Geschlecht der gelehrten Gymnasiallehrer angehört - er wirkt am prominenten Münchener Max-Gymnasium - kommt seine lange didaktische Erfahrung zugute, ohne dass er der déformation professionelle des Schulmeisters - Pedanterie und Besserwisserei verfällt.
Man möchte wünschen, dass Blum die Gedankenlinien seines Büchleins weiterspinnt, denn das Höhlengleichnis hat ungemeine Aktualität gewonnen. Es fehlt uns noch eine Variation für das Medienzeitalter. Leben wir denn nicht wie Platons Höhlenmenschen in einer Welt neuer mediengezeugter Scheinbilder, nehmen wir nicht in unseren Fernseh-Höhlen die Wirklichkeit nur so wahr, wie sie uns auf der Mattscheibe erscheint - ist nicht, mit Baudrillard zu reden, das „Simulakrum” der Angelpunkt unserer Welterfahrung?
DIETER BORCHMEYER
WILHELM BLUM: Höhlengleichnisse. Thema mit Variationen. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2004. 124 Seiten, 14,50 Euro.
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Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dieter Borchmeyer sympathisiert derart mit Wilhelm Blums Studie über "Höhlengleichnisse", dass er es schonmal prophylaktisch gegen potenzielle Leserkritik verteidigt: "Sehr viel wird dem Leser hier für wenig Geld auf gut hundertzwanzig Seiten geboten, und so sollte er nicht undankbar meckern, wenn er einiges aus der Wirkungsgeschichte des Gleichnisses vermisst." Was genau geboten wird, informiert der Rezensent, sind die griechischen und lateinischen Originaltexte der bekannten Variationen des Höhlengleichnisses aus Antike und Mittelalter nebst Übersetzungen, Kommentaren und einer Rezeptionsgeschichte des Motivs von Empedokles bis Dürrenmatt. Die didaktische Erfahrung des Gymnasiallehrers mache das Buch zu einer gut verdaulichen Abhandlung, die bei aller Präzision und Sorgfalt "nicht in Pedanterie und Besserwisserei" verfällt, wie der Rezensent vermerkt. Ankreiden könne man Blum allenfalls die "christliche Färbung" seines Werkes. Ansonsten hofft der hoch zufriedene Borchmeyer aber auf eine Fortsetzung, die sich der Aktualität des Höhlengleichnisses im Kontext des medialen Zeitalters annimmt.

© Perlentaucher Medien GmbH