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"Die amtlichen Schriften zeigen, in welchem Maße Goethes Lehen von seinem Wirken in staatlichen .Ämtern bestimmt war. Sie verdeutlichen, wieviel Zeit er für das notwendige Aktenstudium, für Gutachten, amtliche Schreiben, Dienstreisen, Sitzungen, Gespräche, für die Last der Verwaltungsarbeit überhaupt aufzubringen hatte. In Band 27 wird Goethes amtliche Tätigkeit seit der Rückkehr aus Italien bis 1832 dokumentiert. Bis ins hohe Alter hat sich Goethe den übernommenen Pflichten intensiv gewidmet. Er wirkte bei Einzelgeschäften im Bereich des Geheimen Consiliums bzw. des Staatsministeriums mit und…mehr

Produktbeschreibung
"Die amtlichen Schriften zeigen, in welchem Maße Goethes Lehen von seinem Wirken in staatlichen .Ämtern bestimmt war. Sie verdeutlichen, wieviel Zeit er für das notwendige Aktenstudium, für Gutachten, amtliche Schreiben, Dienstreisen, Sitzungen, Gespräche, für die Last der Verwaltungsarbeit überhaupt aufzubringen hatte. In Band 27 wird Goethes amtliche Tätigkeit seit der Rückkehr aus Italien bis 1832 dokumentiert. Bis ins hohe Alter hat sich Goethe den übernommenen Pflichten intensiv gewidmet. Er wirkte bei Einzelgeschäften im Bereich des Geheimen Consiliums bzw. des Staatsministeriums mit und war in der Schloßbau- und der Wasserbaukommission leitend tätig; er übernahm die Theaterleitung und vor allem die Oberaufsicht über alle unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst. Der Kommentar stellt die Bedeutung von Goethes amtlicher Tätigkeit im Zusammenhang seiner Biographie dar. In der Einführung werden die behördengeschichtliche Entwicklung in den einzeinen Arbeitsbereichen nachgezeichnet, die Arten und Formen der Schrittstücke erläutert und Goethes Arbeitsweise als Kollege und Chef charakterisiert."
Autorenporträt
Goethe, Johann WolfgangJohann Wolfgang Goethe, am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren, absolvierte ein Jurastudium und trat dann in den Regierungsdienst am Hof von Weimar ein. 1773 veröffentlichte er Götz von Berlichingen (anonym) und 1774 Die Leiden des jungen Werthers. Es folgte eine Vielzahl weiterer Veröffentlichungen, zu den berühmtesten zählen Italienische Reise (1816/1817), Wilhelm Meisters Lehrjahre (1798) und Faust (1808). Johann Wolfgang Goethe starb am 22. März 1832 in Weimar.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.08.2011

Wie man einen Staatsbankrott abwendet
Das Hofgenie im Geheimen Consilium und bei der Schuldenkrise: Der neue Kommentar zu den amtlichen Schriften zeigt Johann Wolfgang Goethe als Finanzexperten
In Goethes Welt gab es natürlich auch schon den Finanzminister. In seiner späten „Novelle“ wird gleich zu Beginn ein Fürst gezeigt, der, bevor er zur Jagd aufbricht, „besonders mit dem Finanzminister anhaltend arbeitete“. Die herbstliche Messe in der Residenzstadt, über die der Weg der Jagdgesellschaft danach führt, lässt die wohlgefälligen Betrachter dann erkennen, wie es gerade zu dieser Jahreszeit darauf ankomme, „dass man mehr empfange als gebe; dies zu bewirken ist am Ende die Summe des ganzen Staatshaushaltes, so wie der kleinsten häuslichen Wirtschaft“. In der Landesherrschaft der „Novelle“ achtet man auf eine gute Handelsbilanz als Basis geordneter Staatsfinanzen.
Erinnerte Goethe sich, als er das im Winter 1826/27 niederschrieb, an seine eigene Tätigkeit in den Finanzbehörden des Herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach 45 Jahre zuvor? Jedenfalls wusste der Dichter und Staatsmann Goethe, wovon er schrieb. Denn als er auf herzoglichen Befehl am 11. Juni 1782 ins Leitungsgremium der weimarischen „Kammer“, eintrat, handelte es sich um nichts Geringeres als die Abwendung eines fürstlichen Bankrotts.
Dieser hatte sich lange angekündigt, der Haushalt des Herzogtums war seit dem Regierungsantritt von Carl August 1775 im Defizit, sodass der Bruder des Herzogs schon unkte: „Mich schauderts vor der Idee des Ruins“. Ein billiger Kredit aus der Schweiz, wo nur vier Prozent verlangt wurden, hatte das Problem nur aufschieben können, auch wenn man den günstigen Zinssatz dazu benutzte, anderen Gläubigern, zum Beispiel der Gräfin Giannini, Oberhofmeisterin der Herzogin, auf ihre 8000 Reichstaler ebenfalls nur noch vier statt wie bisher fünf Prozent zu bezahlen: lieber weniger Geld als gar keins! Heute nennt man das sanfte Umschuldung.
Das Defizit hatte nicht nur Ursachen in der Großzügigkeit des Landesherren, der beispielsweise seinem neuen Favoriten Goethe 1776 aus der eigenen Schatulle ein komplettes „neues Ameublement“ bezahlte, es hatte auch eine strukturelle Seite. Weimar gab zu viel für sein Militär aus, wovon besonders der auch als Kriegskommissar wirkende Geheimrat Goethe ein Lied singen konnte. Zur Abwendung des „zu besorgenden Derangements“, also der Zahlungsunfähigkeit der herzoglichen Kammer, war ein großer Wurf nötig: „Denn kläglicher ist kaum etwas zu gedencken, als ein derangierter hoher Reichsfürst und wehe dem Lande, das einem so unglücklichen Herrn zugehört!“ Carl August flehte, man möge ihm die Schande ersparen, seine Diener nicht mehr besolden zu können. Dass er Goethe nach der Ablösung des Kammerpräsidenten (so nannte man damals einen Finanzminister) von Kalb, dem man Untreue vorwarf und also zum Sündenbock machte, ins Kammerdirektorium eintreten ließ, zeigt, dass es dem Herzog um entschiedene Maßnahmen ging – für laufende Geschäfte hätte er sein Hofgenie nicht gebraucht.
Dass wir diese Krise und ihre wenigstens vorläufige Überwindung heute noch vor Augen haben, verdanken wir natürlich vor allem der Goethe-Forschung, denn sonst hätten die Geldnöte eines deutschen Zwergstaates kaum viel Historikerfleiß auf sich gezogen. Und so trifft es sich gut, dass in diesem Sommer der Krise endlich auch der Kommentar zur Edition von Goethes „Amtlichen Schriften“ in der großen Frankfurter Ausgabe des Deutschen Klassiker Verlages fertig geworden ist. Ihr Text, mit knappen, sachhaltigen Einleitungen herausgegeben von Reinhard Kluge, Irmtraud und Gerhard Schmid, liegt in zwei umfänglichen Bänden seit 1998 und 1999 vor. Sie übertreffen den ersten Anlauf einer Ausgabe aus den fünfziger Jahren bei weitem; vor allem für Goethes nachitalienische Zeit bieten sie Pionierarbeit.
Der jetzt vorgelegte Stellenkommentar der drei kundigen Herausgeber hätte weitere zwei oder drei Bände von zusammen 2500 Seiten eingenommen, und so hat der Verlag sich entschlossen, ihn nur noch als CD-Rom im pdf-Format vorzulegen. Verlegerisch ist das vollkommen begreiflich, denn das Publikum für diese Quellen und Apparate ist winzig; hilfreich wäre es freilich, der Verlag würde recht bald auch die schon gedruckten Texte von zusammen mehr als 2100 Seiten in gleicher Form nachliefern, damit man beides, Text und Kommentar, nebeneinander am Bildschirm benutzen kann. Für derartige, technisch aufwendige und spezialisierte Vorhaben dürfte im Übrigen künftig ohnehin die junge Disziplin der digitalen Philologie zuständig werden. Dem Buchhandel entgeht dadurch fast nichts.
Obwohl es um Goethe geht, sind seine „Amtlichen Schriften“ durchaus von allgemeinem historischen Interesse. Hier spiegelt sich die paternalistische, Großes und Kleines gleichermaßen behandelnde Verwaltungspraxis der absolutistischen Staaten, denen Deutschland um 1800 kulturell so viel verdankt. Da Goethe als Mitglied des Geheimen Consiliums in der obersten, kollegial verfassten Leitungsbehörde bis 1785 regelmäßig mitarbeitete – er nahm an 500 von 620 Sitzungen teil, die insgesamt 23000 Vorgänge erledigten –, spiegelt selbst der winzige Ausschnitt, der davon den Weg in seine Werkausgaben gefunden hat, den ganzen Umfang der Geschäfte.
Wer hier blättert, stößt auf Dramatisches wie Preußens Druck, im Weimarer Land Soldaten werben zu dürfen, oder die eindringlich erörterte Frage, ob bei Kindsmord die Todesstrafe angemessen sei (was Goethe bekanntlich bejahte), ebenso wie auf die Bagatellen eines unordentlichen Alltags: Auf einer durchs Herzogtum führenden Straße hatte man jüdische Kaufleute beleidigt, was streng geahndet wurde, weil Weimar die lukrativen Straßengelder nicht einbüßen wollte; mal ging es um kostspielige Wildlederhosen für Soldaten, mal um Pensionen für die Witwen von Staatsdienern oder um trunkene Studenten. Fürstliche Unarten, wie die von Carl August so geliebten Wildschweinjagden über Bauernland, versuchte Goethe seinem Herren allerdings in Privatbriefen auszureden.
Der Umfang der Geschäfte, mit denen der geniale Favorit sich befasste, bleibt staunenerregend bis heute, ebenso die Methodik seiner Arbeit. So veranlassten ihn die verwickelten Finanzverhältnisse des in drei Landesteile mit drei ständischen Separatkassen und zwei fürstlichen Kammern organisierten Herzogtums zu einer historischen Übersicht zur Geschichte des Steuerwesens in Sachsen seit dem hohen Mittelalter, deren knappe Präzision Max-Webersche Qualitäten aufweist, und zwar 1782, in dem Moment, als er in die Weimarer Kammer eintrat.
Bergbau, Straßen- und Wasserbau, Militärfragen, Finanzprobleme – Goethes amtliche Tätigkeit, die sich erst nach seiner italienischen Reise ganz auf Künste und Wissenschaften konzentrierte, wurde zu einer umfassenden Schule in sozialer Wirklichkeit. Wenn Faust ganz am Ende der Tragödie einen Kanal anlegt und dem Meer Land abgewinnt, mag man daran denken, dass Goethe als Wasserbaukommissar einen Fluss reguliert hat, die Saale bei Dornburg.
Und dabei muss man sich klar machen, dass diese „Amtlichen Schriften“, also die den formalen Konventionen des absolutistischen Verwaltungsstaates folgenden Goetheschen Schriftstücke, noch gar nicht den gesamten Umfang seiner Tätigkeit abdecken: Eine Zeitlang hat der Dichter für seinen Herzog geheime diplomatische Korrespondenz eigenhändig kopiert, als es nämlich um 1780 darum ging, einen „Fürstenbund“ kleinerer deutscher Landesherren zwischen Preußen und Österreich zu schaffen. So hat Goethe einmal im Leben auch die Erfahrung eines beachtlichen außenpolitischen Vorgangs machen können.
Als ganz nach innen gerichteten Verwaltungsmann, Theaterintendanten, Bibliotheks-, Zeichenschul- und Universitätsaufseher erlebt man Goethe dann vor allem in der zweiten Lebenshälfte; nach 1815 wurde ihm mit der „Oberaufsicht über die unmittelbaren Anstalten für Wissenschaft und Kunst in Weimar und Jena“ ein eigenes Ressort mit dem Titel „Staatsminister“ zugeschnitten. Goethe als Chef, der ebenso streng wie fürsorglich sein konnte, sich aber vor allem nie hinters Licht führen ließ, also vollkommene Beherrschung der Materien bewies, zeigt einen Praktiker des politischen Handelns, der mehr vom Tagesgeschäft verstand als eigentlich alle anderen deutschen Schriftsteller von Rang.
Man begreift, dass ein Kommentar, der ein Aufgabenfeld solcher Fülle erschließen muss, nicht ganz kurz ausfallen kann. Dabei ist er nicht einmal besonders ausführlich. So bleiben die Erläuterungen zur Weimarer Finanzreform der Jahre 1783/84 im Umfang deutlich hinter der Darstellung einer ausgezeichneten Dissertation über Carl Augusts erste Regierungsjahre von Marcus Ventzke von 2004 zurück. Die Lösung der Krise konnte nur im Einklang mit den Ständen der drei Landesteile Weimar, Jena und Eisenach gefunden werden: Diese fanden sich bereit, die Kammerschulden von über 130 000 Reichstalern zu übernehmen; im Gegenzug wurde die von den Landeskassen zu leistenden Militärausgaben mehr als halbiert, von 63 000 auf 30 000 Taler. Möglich wurde dies durch die Reduktion vor allem der Infanterie, deren Bestand von 19 Offizieren und 500 Mann auf sieben Offiziere und 248 Mann fiel. Die dabei anfallenden Pensionskosten minderten den Spareffekt, doch war deren natürliche Reduktion im Lauf der Zeit natürlich schon eingerechnet.
Früher hat man diesen Vorgang schlicht „Goethes Finanzreform“ genannt; Marcus Ventzke hat auf die kollegiale Verfassung auch der Kammerkommission und die geringen Entscheidungsspielräume hingewiesen und Goethes Anteil dementsprechend minimiert. Der Kommentar zu den „Amtlichen Schriften“ bezieht hier eine mittlere Position: Nicht umsonst habe der Herzog die außerordentliche Aufgabe, schwierigste Verhandlungen mit den Ständen zu führen, seinem engsten Vertrauensmann übertragen. Für Goethe-Leser bleibt das fast egal, denn ihnen muss es ja um den Erfahrungsgehalt gehen, der hinter jeder Zeile seiner Werke steht.
Und so wird der Leser der „Novelle“ sich auch daran freuen, dass dieses Spätwerk ihm neben einer uralten Stammburg ein wohlausgebautes modernes Residenzschloss zeigt. Denn wenn er in den „Amtlichen Schriften“ weiterliest, stößt er unweigerlich auf Goethes bis heute sichtbarste amtliche Tätigkeit, seine Mitwirkung an der Schlossbaukommission. Dass Weimar, dessen Residenz 1774 abgebrannt war, bis 1803 eines der elegantesten klassizistischen Schlösser Deutschlands bekam, kann bis heute jeder Besucher sehen. Voraussetzung für diesen Kraftakt aber war die Ordnung der Staatsfinanzen, die 1783 eingeleitet wurde. GUSTAV SEIBT
JOHANN WOLFGANG GOETHE: Amtliche Schriften. Kommentar und Register zu Band 26 und 27 der Frankfurter Ausgabe. Herausgegeben von Reinhard Kluge, Gerhard und Irmtraud Schmid. Deutscher Klassiker Verlag, Berlin 2011. CD mit drei pdf-Dateien, zusammen 2500 Seiten, 35 Euro.
„Mich schauderts vor der Idee
des Ruins“, klagte ein
Verwandter des Herzogs
Als Chef war Goethe so streng wie
fürsorglich, vor allem ließ er
sich nicht hinters Licht führen
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