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Die Konflikte zwischen den Religionen, die einen gemeinsamen Ursprung haben, also den abrahamischen Religionen, bestimmen unsere Gegenwart in bisher nicht gekanntem Maß.
Peter Sloterdijk geht in seinem Essay zunächst der Frage nach, welche politisch-sozialen und psychodynamischen Voraussetzungen die Entstehung des Monotheismus bedingten. Gegen den Polytheismus der antiken Hochkulturen der Ägypter, Hethiter und Babylonier entstand der jüdische Monotheismus als eine Protesttheologie, als eine Religion des Triumphs in der Niederlage (insbesondere des babylonischen Exils). Blieb die Religion im…mehr

Produktbeschreibung
Die Konflikte zwischen den Religionen, die einen gemeinsamen Ursprung haben, also den abrahamischen Religionen, bestimmen unsere Gegenwart in bisher nicht gekanntem Maß.

Peter Sloterdijk geht in seinem Essay zunächst der Frage nach, welche politisch-sozialen und psychodynamischen Voraussetzungen die Entstehung des Monotheismus bedingten. Gegen den Polytheismus der antiken Hochkulturen der Ägypter, Hethiter und Babylonier entstand der jüdische Monotheismus als eine Protesttheologie, als eine Religion des Triumphs in der Niederlage (insbesondere des babylonischen Exils). Blieb die Religion im Judentum auf das eigene Volk begrenzt blieb, entfaltete das Christentum seine apostolische Botschaft mit einem universalen Verkündigungsgehalt. Der Islam verschärfte den offensiven Universalismus zum militärisch-politischen Expansionsmodus.

Welche Konfliktformen sind zwischen den drei Monotheismen denkbar? Sloterdijk beschreibt ihre Aufstellung, ihre Fronten und ihre Feldzüge in einem System verschiedener Grundmöglichkeiten, aus den Konstellationen des Anti-Paganismus, Anti-Judaismus, Anti-Islamismus und Anti-Christianismus, zu denen sich interne Spaltungen gesellen. Die Reaktionen auf die gegenseitigen Angriffe und die von außen sind unterschiedlich: Für das Judentum wurde ein souveränistischer Separatismus, mit defensiven Zügen, prägend, für das Christentum die Expansion durch Mission und für den Islam der Heilige Krieg.In der Gegenwart sind die drei Religionen aufgefordert, so demonstriert Sloterdijk anhand einer Neuinterpretation von Lessings Ringparabel, von friedlicher Koexistenz auf Gespräch umzustellen, Eiferkollektive müssen Parteien einer Zivilgesellschaft werden.
Autorenporträt
Peter Sloterdijk wurde am 26. Juni 1947 als Sohn einer Deutschen und eines Niederländers geboren. Von 1968 bis 1974 studierte er in München und an der Universität Hamburg Philosophie, Geschichte und Germanistik. 1971 erstellte Sloterdijk seine Magisterarbeit mit dem Titel Strukturalismus als poetische Hermeneutik. In den Jahren 1972/73 folgten ein Essay über Michel Foucaults strukturale Theorie der Geschichte sowie eine Studie mit dem Titel Die Ökonomie der Sprachspiele. Zur Kritik der linguistischen Gegenstandskonstitution. Im Jahre 1976 wurde Peter Sloterdijk von Professor Klaus Briegleb zum Thema Literatur und Organisation von Lebenserfahrung. Gattungstheorie und Gattungsgeschichte der Autobiographie der Weimarer Republik 1918-1933 promoviert. Zwischen 1978 und 1980 hielt sich Sloterdijk im Ashram von Bhagwan Shree Rajneesh (später Osho) im indischen Pune auf. Seit den 1980er Jahren arbeitet Sloterdijk als freier Schriftsteller. Das 1983 im Suhrkamp Verlag publizierte Buch Kritik der zynischen Vernunft zählt zu den meistverkauften philosophischen Büchern des 20. Jahrhunderts. 1987 legte er seinen ersten Roman Der Zauberbaum vor. Sloterdijk ist emeritierter Professor für Philosophie und Ästhetik der Staatlichen Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe und war in Nachfolge von Heinrich Klotz von 2001 bis 2015 deren Rektor.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.12.2007

Sloterdijk der Ägypter
Ein Essay über Toleranz im Verlag der Weltreligionen
Unlängst erst, auf einer Tagung, sprach der Ägyptologe Jan Assmann sehr charmant ein hartes Urteil. „Schon etwas übertrieben” erscheine ihm die Begeisterung, mit der Peter Sloterdijk sich auf seine, Assmanns, Thesen zum Gewaltpotential des Monotheismus stürze: Sloterdijk nehme ihn zu ernst. Das Publikum lachte, Jan Assmann war’s zufrieden, Peter Sloterdijk aber steht nun ohne Pointe da. Darauf nämlich läuft sein neuer Essay zu: auf ein Loblied der „Toleranzkultur ägyptischen Typs” zu Lasten der „Intoleranzkulturen des Nahen Ostens und Europas”, des Judentums, des Christentums und des Islam.
Wenige Seiten zuvor preist er „eine neue Serie religionskritischer Untersuchungen, von deren Tragweite das breitere Publikum noch wenig Notiz genommen hat”. In der Fußnote gesteht Sloterdijk, Assmanns „aufsehenerregende Bücher” seien zwischen 1997 und 2003 erschienen. So weit her kann es mit deren Neuheit und Unbekanntheit nicht sein; Sloterdijk aber braucht die Assmann’schen Thesen, um ohne den von ihm verworfenen Atheismus naturalistischer Prägung eine Antithese formulieren zu können zu den Monotheismen: „Worum es unter der Chiffre Ägypten allerdings gehen kann, ist die aktive Erinnerung an ein helleres religiöses Klima, in dem die Gifte der Feinderklärung an alternative Kulte noch nicht in die Umwelt eingeleitet waren.”
Gott und die Schule des Lachens
Um Erinnerung und Erhellung ist es dem Autor zu tun, nicht um Aufklärung im gewöhnlichen Sinne. Letztere deutet er als Fortsetzung, ja Zuspitzung christlichen Eifertums; Erhellung aber meint jenen Äon, den Sloterdijk ersehnt, meint „Welterhellung durch waches Leben, Wissenschaft und Kunst”. Damit sind die Gegenspieler des eifernden, auf Unterwerfung zielenden Denkens benannt. Ein solches Denken ist laut Sloterdijk (und Assmann) dem Eingottglauben eingeschrieben. Der personal gedachte Allerhöchste statuiere ein Untertänigkeitsverhältnis: „Ob sie es wollen oder nicht, den Menschen trägt die Suprematisierung des persönlichen Gottes ganz unvermeidlich einen inferioren Stand ein.”
Damit wären die ägyptischen Eulen endgültig nach Athen getragen. Damit aber sind auch jene Bahnen beschritten, die Sloterdijk mit seinem Buch im neuen „Verlag der Weltreligionen” vermeiden wollte – die Bahnen klassisch aufklärerischer Glaubenskritik eines Voltaire etwa oder Reimarus. Deren Ablehnung des Alten Testaments als des monotheistischen Geburtsfehlers kehrt hier wieder; am Berg Sinai sei „eine moralisch neue Qualität des Tötens erfunden” worden, das dem „Triumph eines Prinzips” diene, nicht dem Überleben eines Stammes.
Natürlich ist „Gottes Eifer” ein echter Sloterdijk, voll Sprachglanz und Erregungsfreude, Witz und Konfliktgier. Das Löcken wider den Common Sense fehlt nicht: Sloterdijk warnt, Maos Kulturrevolution im Blick, vor einem „Faschismus des Guten”, und er plädiert dafür, den Kommunismus mit seinen „über 100 Millionen ausgelöschten Leben” als „ko-absolutes Böses” dem Nationalsozialismus zur Seite zu stellen. Der religionspolitische Kern des Essays aber ist unoriginell und rechtschaffen hemdsärmelig.
Erhellender geht es an den Rändern zu. Dass das Judentum sich „des Andrangs seiner Bewunderer aus allen Lagern kaum erwehren” kann, ist unsensibel formuliert, trifft aber einen Teilaspekt der Wirklichkeit. Die vermeintlich philosemitische Fürsorge geht einher mit der wachsenden Unbeliebtheit des Islam. Dessen „integraler Militantismus” sorgt, so Sloterdijk, für die momentan radikalste Variante bewaffneten Eifertums, hervorgerufen durch Zorn, Stolz und Scham in der muslimischen Welt. Das Christentum wiederum verbinde „ein relatives Maximum an Verbreitung mit einem relativen Minimum an Intensität”. Es sei fortgeschritten auf dem Weg, den Sloterdijk allen Religionen empfiehlt: Es habe sich transformiert von einem „Eiferkollektiv” in eine Partei.
Sympathisch ist, dass der Humor die Metamorphose antreiben soll. Sloterdijk begreift ihn als „Schule der Mehrwertigkeit”, weil man im Lachen eine „dritte Perspektive” jenseits von Betroffenheit und Desinteresse einnehme. Er folgert: „Die Zivilisierung der Monotheismen ist abgeschlossen, sobald die Menschen sich für gewisse Äußerungen ihres Gottes, die unglücklicherweise schriftlich festgehalten wurden, schämen wie für die Auftritte eines im allgemeinen sehr netten, doch jähzornigen Großvaters, den man seit längerem nicht mehr ohne Begleitung in die Öffentlichkeit lässt.”
Sympathisch ist diese Hoffnung – die dänischen Mohammed- und die iranischen Holocaust-Karikaturen haben allerdings bestätigt, dass es neben dem humanen auch ein zersetzendes Gelächter gibt. Und weshalb Scham hier Humor auslösen soll, bei den islamistischen Eiferern hingegen Scham und Zorn zusammengedacht werden, ist so unerfindlich wie die Scheu des Philosophen, dem agnostischen Kind einen Namen zu geben. Sloterdijks Glaubenskritik der konventionellen Sorte mag sich anschließen, wer die Prämisse teilt: dass Transzendenz das Produkt sei vielfacher Verkennung. Dieser will Sloterdijk wehren mit Humor und Kunst, mit neuen Parteiungen, alten Einseitigkeiten und unerhörten Vokabeln. Er immerhin weiß: „Das Risiko, dabei ein Eiferer gegen das Eifern zu werden, gehört zum Geschäft.” ALEXANDER KISSLER
PETER SLOTERDIJK: Gottes Eifer. Vom Kampf der drei Monotheismen. Verlag der Weltreligionen, Frankfurt am Main 2007. 218 Seiten, 17,80 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit gespitzten Fingern bespricht Rezensent Alexander Kissler Peter Sloterdijks Anti-Monotheismus Buch, das er als " Glaubenskritik der konventionellen Sorte" verwirft, obschon es sich, wie er schreibt, hier um einen "echten Sloterdijk, voll Sprachglanz und Erregungsfreude, Witz und Konfliktgier" handelt. Doch zu wohlfeil und tendenziös scheint ihm manche These, zu gläubig auch Sloterdijks Ägyptenkonzept an Jan Assmanns Thesen orientiert zu sein, dass sogar Assmann selbst den Informationen des Rezensenten zufolge, darüber schon öffentlich ins Frotzeln kam. Das alte Ägypten nämlich steht Sloterdijk, wie Kissler schreibt, als positives Referenzmodell der "Intoleranzkultur des Nahen Ostens" gegenüber, dem der abendländische Monotheismus entsprang. Doch diesen religionspolitischen Kern der Erörterung findet der Rezensent ebenso "unoriginell" wie "rechtschaffen hemdsärmelig". Erhellender gehe es an den Rändern der Sloterdijkschen Argumente zu, obwohl auch hier immer wieder populistische und unsensible Formulierungen für den Geschmack des Rezensenten echtem intellektuellen Genuss im Wege stehen.

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»Der zivilisatorische Weg läutet die Zeit des Nach-Eifers ein. Dazu müssten aber die Eiferer die apokalyptischen und weltmörderischen ebenso wie die persönlichen Selbstmord-Fantasien aufgeben und an einer gestaltbaren Welt teilhaben wollen. ... Die drei letzten Studien Derrida ein Ägypter, Zorn und Zeit, und Gottes Eifer ... führen psychologische, gesellschaftstheoretische und kulturwissenschaftliche Perspektiven ... zusammen.« Hans-Jürgen Heinrichs DIE WELT