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Wem kann man noch trauen? Der Regierung? Den Wirtschaftsunternehmen? Den Medien? Das Vertrauen in die Institutionen und ihre Führungskräfte ist auf einem historischen Tiefststand. Andererseits handeln wir mit digitalen Währungen, vertrauen Bots, unterhalten uns mit Smart Speakern. Die Vertrauensforscherin Rachel Botsman erklärt diesen von innovativen Technologien getriebenen Paradigmenwechsel. Sie beschreibt, wie sich die Welt in einem Zeitalter des "verteilten Vertrauens" neu ordnet. Worauf es jetzt ankommt? Untereinander, unseren Mitmenschen, Kunden und Firmenpartnern Vertrauensbrücken zu…mehr

Produktbeschreibung
Wem kann man noch trauen? Der Regierung? Den Wirtschaftsunternehmen? Den Medien? Das Vertrauen in die Institutionen und ihre Führungskräfte ist auf einem historischen Tiefststand. Andererseits handeln wir mit digitalen Währungen, vertrauen Bots, unterhalten uns mit Smart Speakern. Die Vertrauensforscherin Rachel Botsman erklärt diesen von innovativen Technologien getriebenen Paradigmenwechsel. Sie beschreibt, wie sich die Welt in einem Zeitalter des "verteilten Vertrauens" neu ordnet. Worauf es jetzt ankommt? Untereinander, unseren Mitmenschen, Kunden und Firmenpartnern Vertrauensbrücken zu bauen, um die entstandenen Vertrauenslücken zu überwinden. Botsman erläutert, wie es geht. Vertrauen Sie ihr.
Autorenporträt
Rachel Botsman ist eine weltweit anerkannte Expertin für Vertrauens- und Technologieforschung. Die preisgekrönte Autorin, Sprecherin und Dozentin an der Saïd Business School der Oxford University schreibt und kommentiert regelmäßig u. a. für The New York Times, Harvard Business Review, The Wall Street Journal und The Guardian.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.09.2020

Vertrauen und Hoffnung
Klimawandel und Digitalisierung: Schaffen wir das?

Das frühe 21. Jahrhundert lässt sich als Zeitalter der Transformation beschreiben. Mindestens zwei fundamentale Veränderungen muss die Menschheit bewältigen - davon eine nach vorn gerichtet, die andere als Erbe des erworbenen Wohlstands. Das sind die Digitalisierung und der Klimawandel. Beide werden Politik, Wirtschaft und Gesellschaft noch viele Jahre in Atem halten. Eine Transformation im Sinne eines geordneten, für alle transparenten Anpassungsprozesses erscheint reichlich unrealistisch. Zu viele Lebensbereiche sind vom digitalen und vom klimatischen Wandel erfasst.

Deshalb ist es charmant, dass sich zwei Autoren, die als Wissenschaftler zu bezeichnen zu kurz griffe, darum bemüht haben, anhand je einer Begriffsgeschichte Charakteristika beider Transformationen herauszuarbeiten. Rachel Botsman ist eine britische Publizistin und Dozentin an der Oxford University's Saïd Business School. Sie hat zwei Bücher geschrieben, die im englischsprachigen Raum weit verbreitet wurden. Eines davon ist "Who Can You Trust?", das nun in deutscher Fassung vorliegt. Sie stellt das Vertrauen in das Zentrum ihrer Überlegungen zum Kern der digitalen Transformation.

Auch Fred Luks lässt sich schwer auf eine Formel bringen. Der Hamburger ist Volkswirt, stand der Vereinigung Ökologischer Ökonomen vor, hat als Forscher, Nachhaltigkeitsmanager in einer Bank und Wissenschaftsmanager gewirkt und mehrere interessante Bücher zur Nachhaltigkeit zwischen feuilletonistischem Essay und dogmengeschichtlichem Lektürekurs veröffentlicht. In "Hoffnung - Über Wandel, Wissen und politische Wunder" verarbeitet er eine grundlegende Idee: Nicht immer bringen stringente Analysen den Nachhaltigkeitsdiskurs weiter, ohne Hoffnung drohen sie zu verpuffen.

Botsman und Luks gelingt es auf ganz unterschiedliche Weise, einen abstrakten Begriff zum Zentralgestirn der jeweiligen Transformation zu machen, die sie interessiert. Das Buch über das Vertrauen besticht durch ein abwechslungsreiches Spiel mit Wissensquellen (Lektüre, Erfahrungen, Interviews mit zentralen Figuren der Digitalisierung, Modelle). Dagegen beschränkt sich Luks auf das geschriebene Wort, wertet Thomas Morus, Ernst Bloch und Hans Jonas für seinen Zweck aus. Seine Herangehensweise bleibt mehr im Abstrakten. Botsmans Buch funktioniert wegen der ständig wechselnden Perspektiven zwischen Forschung, Alltag und Unternehmenssicht hervorragend. Beiden ist gemein, dass sie ihre Stichwortgeber verlassen, wenn sie diese für die wertvollsten Erkenntnisse zu ihrem Sujet ausgebeutet haben. Ein sympathischer, dem Journalismus verwandter Ansatz.

Was lernt man von Rachel Botsman? Zunächst analysiert sie die Vertrauenskrise in wirtschaftliche und politische Eliten, die durch Skandale entstanden ist: die VW-Dieselaffäre, die Panama Papers, den Pferdefleischskandal bei Tesco, die Deepwater-Horizon-Ölpest, Missbrauch in der katholischen Kirche. Gleichzeitig vertraue man sich Fremden als Taxifahrer (Uber), als Gastgeber (Airbnb) oder als Babysitter der eigenen Kinder (Urbansitter) an. "Ich glaube in der Tat, dass die wahre Disruption, die gerade stattfindet, nicht die Technologie an sich ist, sondern die massive Vertrauensverschiebung, die sie bewirkt", schreibt sie.

Botsman skizziert, wie technologisch-soziale Veränderungen große Innovationen ermöglicht haben, für die Menschen bereit sein mussten, einen Vertrauenssprung vorzunehmen. "Vertrauenssprünge erweitern das, was möglich ist, das, was man erfinden kann, und den Kreis der möglichen Erfinder", schreibt sie. An Alibaba, Blablacar oder Airbnb zeigt sie, wie Vertrauensbildung gelingen kann. An Facebook, Uber, Bitcoin und ihrer eigenen kriminellen Kinderfrau, wie sie misslingen kann. Im überraschendsten Kapitel führt sie vor, wie im Darknet Instrumente der Vertrauensbildung zu hochwertigerem Drogenkonsum geführt haben.

Luks, der zwischen analytischer Wachstumskritik und pragmatischer Nachhaltigkeit zu verorten ist, sieht "Hoffnung" auch als gedankliche Beschäftigung mit Fridays for Future. "Ich halte Panik und Wut für gute kurzfristige Motivatoren, aber denkbar ungeeignet als langfristige Leitlinie für Aktivitäten, die unsere Lage verbessern sollen." Auch unreflektierter Optimismus oder bequemer Pessimismus seien nicht der richtige Ansatz. "Auf lange Sicht brauchen wir Hoffnung."

Sie unterscheide sich vom Optimismus dadurch, dass sie mit Wissen gepaart sei. Wer Hoffnung habe, sei belehrbar. Wolle man aber in der ökologischen Wende Lebensstile ändern, müsse man berücksichtigen, dass der bestehende einem Herzenswunsch entspreche und es deshalb Hartnäckigkeit brauche. "Die westliche und im sozialökologischen Sinne ,imperiale' Lebensweise hat sich gleichsam zu Tode gesiegt, weil sie überaus attraktiv und gleichzeitig nicht global verallgemeinerbar ist", schreibt Luks. In der Folge führt er durch die zentralen Hoffnungsbücher "Utopia", "Das Prinzip Hoffnung" und die Thesen von Hans Jonas. Später bringt er die Kategorie des Wunders fruchtbar ins Spiel und reflektiert, wie aussichtsreich das Vorhaben einer Transformation eigentlich ist.

Beide Autoren belegen, dass sich die zwei großen Herausforderungen unserer Zeit sinnvoll mit den Begriffen Vertrauen und Hoffnung auf den Punkt bringen lassen. Auf dem Weg streift die Leserin kulturhistorische Facetten von der Vertrauensbildung maghrebinischer Händler bis zur Idee eines Wachstums ohne Fortschritt des Liberalen John Stuart Mill. Empfehlungen sind beide Bücher.

PHILIPP KROHN

Rachel Botsman: Wem kannst du trauen?, Plassen, Kulmbach 2020, 400 Seiten, 24,90 Euro.

Fred Luks: Hoffnung - Über Wandel, Wissen und politische Wunder, Metropolis, Marburg 2020, 142 Seiten, 12,80 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Vielversprechend findet Rezensent Philipp Krohn den Ansatz der britischen Wissenschaftspublizistin Rachel Botsman, die die digitale Transformation nicht nur aus technologischer Perspektive betrachtet, sondern auch aus einer mentalen, wie Krohn erklärt: Mit Blick auf die großen Ökonomie-Skandale (VW, Panama Papers, Deepwater Horizon) sieht sie das Vertrauen in die wirtschaftlichen und Politischen Eliten schwinden, während das in Fremde wachse. Interessant findet der Rezensent, wie sachlich Botsman etwa eine gelungene Vertrauensbildung bei Alibaba, Blablacar und Airbnb analysiere, eine misslungene dagegen bei Facebook, Uber und Bitcoin. Lustig, wie trocken Krohn auch Botsmans Arbeitsweise kommentiert, andere Autoren als Stichwortgeber auszuschlachten und dann nicht weiter zu beachten: "Ein sympathischer, dem Journalismus verwandter Ansatz."

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