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Can techniques traditionally thought to be outside the scope of literature, including word processing, databasing, identity ciphering, and intensive programming, inspire the reinvention of writing? The Internet and the digital environment present writers with new challenges and opportunities to reconceive creativity, authorship, and their relationship to language. Confronted with an unprecedented amount of texts and language, writers have the opportunity to move beyond the creation of new texts and manage, parse, appropriate, and reconstruct those that already exist. In addition to explaining…mehr

Produktbeschreibung
Can techniques traditionally thought to be outside the scope of literature, including word processing, databasing, identity ciphering, and intensive programming, inspire the reinvention of writing? The Internet and the digital environment present writers with new challenges and opportunities to reconceive creativity, authorship, and their relationship to language. Confronted with an unprecedented amount of texts and language, writers have the opportunity to move beyond the creation of new texts and manage, parse, appropriate, and reconstruct those that already exist. In addition to explaining his concept of uncreative writing, which is also the name of his popular course at the University of Pennsylvania, Goldsmith reads the work of writers who have taken up this challenge. Examining a wide range of texts and techniques, including the use of Google searches to create poetry, the appropriation of courtroom testimony, and the possibility of robo-poetics, Goldsmith joins this recentwork to practices that date back to the early twentieth century. Writers and artists such as Walter Benjamin, Gertrude Stein, James Joyce, and Andy Warhol embodied an ethos in which the construction or conception of a text was just as important as the resultant text itself. By extending this tradition into the digital realm, uncreative writing offers new ways of thinking about identity and the making of meaning.
Autorenporträt
Kenneth Goldsmith is the author of ten books of poetry and founding editor of the online archive UbuWeb (ubu.com). He is the coeditor of Against Expression: An Anthology of Conceptual Writing and the editor of I'll Be Your Mirror: The Selected Andy Warhol Interviews, which was the basis for an opera, "Trans-Warhol," that premiered in Geneva in March of 2007. An hour-long documentary of his work, Sucking on Words, premiered at the British Library. He teaches writing at The University of Pennsylvania and is a senior editor of PennSound, an online poetry archive.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.10.2011

Wie unoriginell!
Wider die Schwemme formelhafter Romane aus dem Seminar: Kenneth Goldsmith lehrt „unkreatives Schreiben“
Jorge Luis Borges hat von einem französischen Schriftsteller erzählt, der Cervantes’ „Don Quijote“ noch einmal schreiben möchte. Er will das Buch jedoch nicht kopieren oder Cervantes imitieren, sein Vorhaben ist viel radikaler: Ohne sich genau an den „Quijote“ zu erinnern, will er ein neues Werk schreiben, das mit dem alten Buchstabe für Buchstabe übereinstimmt. Bis zu seinem Tod gelingt ihm dann aber nur das neunte, das 38. und ein Fragment des 22. Kapitels des ersten Teils.
Eine kuriose Idee. Und doch eine, die immer mehr Anhänger findet. So schrieb etwa der britische Künstler Simon Morris in einem Blog zehn Monate lang jeden Tag eine Seite aus Jack Kerouacs „On the Road“ ab. Die Blog-Rolle veröffentlichte er dann unter dem Titel „Getting Inside of Jack Kerouac’s Head“ als Buch – und zwar genau in der Reihenfolge, in der sie im Netz präsentiert wurde: Kerouacs letzte Seite ist hier die erste, alles beginnt mit der Seitenzahl 408.
Doch warum kopiert Morris in mühsamer Handarbeit, wenn er auch einfach mit „Alles markieren >Kopieren >Einfügen“ hätte arbeiten können? In einem digitalen Umfeld droht die von Borges beschriebene geheimnisvolle Kreativität des Wieder-Schöpfens schnell in den banalen Alltagsgebrauch von Tastaturbefehlen umzuschlagen.
Kenneth Goldsmith, der in seinem wahnwitzigen Werk „Day“ auf 836 Seiten die ganze New York Times vom 1. September 2000 abgeschrieben und das bemerkenswerte „UbuWeb“ initiiert hat, stellt sich dieser Frage nun mit einem neuem Essayband: „Uncreative Writing“. In seiner Poetik der literarischen Unkreativität versucht er zu erklären, wie sich die künstlerischen Verfahren des Situationismus, der Konzeptkunst und des Oulipo in einem digitalen Medienumfeld umsetzen lassen.
Der unkreative Dichter, so seine Antwort, muss heute jemand sein, der vorgefundenes Sprachmaterial kompiliert und arrangiert, der existierende Alltagstexte zweckentfremdet und in neue Kontexte stellt. Als Meisterin dieses Verfahrens preist er Vanessa Place, die tagsüber als Rechtsanwältin langweilige Tatsachendarstellungen für Strafverfahren schreibt. Abends, nach getaner Arbeit, verwandelt sie sich dann in eine Schriftstellerin, die ihre Akten durch digitale Umformatierung zu literarischen Werken macht. Phantastische Konzeptkunst, die noch aus den fadesten Arbeitsumständen unkreative Funken schlägt. Im unkreativen Schriftsteller vereinigen sich für Goldsmith die trockene Expertise des Sekretärs und die gesetzlose Gesinnung des Piraten: Er ist eine pedantische Schreibkraft, die Texte zusammenträgt, sortiert, archiviert, transkribiert und vervielfältigt – und ein Copyright-Freibeuter, der fremde Werke hortet, plündert und in die eigenen Texte schmuggelt.
Aber warum will er eigentlich kein kreatives Genie sein? Ganz einfach: Der spätestens mit Edward Youngs 1759 veröffentlichten „Conjectures on Original Composition“ installierte Glaube an den Wert geniehafter Kreativität hat im Zeitalter von „Kreativdirektoren“, die professionell Waschmittel oder Romanplots verkaufen, an Plausibilität verloren. Laut Goldsmith soll sich der Künstler gar nicht erst bemühen, hier in einen Originalitätswettbewerb einzutreten.
Da die „Kreativwirtschaft“ die einstmals gottähnliche Schöpferkraft des Dichters profaniert und damit entwertet hat, sieht er das genuine Handlungsfeld des Dichters nun eben in der radikalen Unkreativität — in der Hoffnung, dass diese sich dann in einem geheimnisvollen dialektischen Umschlag in eine höhere, unangreifbare Kreativität verwandelt. Auch der Unkreative möchte heimlich ein Genie sein – darauf hat Marjorie Perloff vor kurzem in ihrem Buch „Unoriginal Genius“ hingewiesen (University of Chicago Press, Chicago 2010).
Für die Hyperinflation von Kreativität ist auch die amerikanische Universität verantwortlich: Wer sich in Nordamerika mit dem Gedanken trägt, diplomierter Schriftsteller zu werden, kann an jeder größeren Hochschule das Studienfach Creative Writing mit einem Master of Fine Arts abschließen. Wie umfassend diese Studiengänge für kreatives Schreiben mit ihren poetologischen Programmen („Show Don’t Tell“, „Find Your Voice“) die nordamerikanische Literatur der Nachkriegszeit geprägt haben, hat der Stanford-Professor Mark McGurl in einer einflussreichen Studie rekonstruiert („The Program Era. Postwar Fiction and the Rise of Creative Writing“. Harvard University Press).
Goldsmith sieht in den Studiengängen für kreatives Schreiben eine Hauptursache für die Schwemme formelhafter Romane und vorhersehbarer Lyrik, kurz: für literarische Unoriginalität. Kompromisslos hat er daraus die Konsequenz gezogen: Seit 2004 lehrt er an der University of Pennsylvania unkreatives Schreiben. Der Kurs besteht aus wenigen Übungen: Fremde Texte per Hand abtippen, Hörstücke und Fernsehsendung transkribieren, Drehbücher für (bereits verfilmte) B-Movies verfassen.
Ob seine Lehrmethode tatsächlich zu einer überlegenen Form des Schreibens führt, bleibt unklar; aber immerhin: Goldsmith hat beobachtet, dass das Abschreiben von Wettermeldungen bei seinen Studenten tatsächlich zu einer höheren Aufmerksamkeit gegenüber literarischen Texten führt. Wer einen Text mühsam abschreiben muss, liest ihn auf ganz andere Weise. Die Exerzitien unkreativen Schreibens münden damit in einer Einsicht, die schon Walter Benjamin formuliert hat: Das Abschreiben von Büchern ist keineswegs ein stupides Kopieren, sondern die „unvergleichliche Bürgschaft literarischer Kultur“. Das hätte auch Borges’ Zustimmung gefunden: Sein Erzähler erkennt in dem halsbrecherischen Versuch der Wieder-Schöpfung des „Quijote“ eine erfrischende Wiederbelebung der „verkümmerten Kunst des Lesens“.
CARLOS SPOERHASE
KENNETH GOLDSMITH: Uncreative Writing. Managing Knowledge in the Digital Age. Columbia University Press, New York 2011. 260 Seiten, 22,50 US-Dollar.
Allzu fad ist die Einheitskost,
von der die nordamerikanische
Literatur nicht lassen kann
Der amerikanische Schriftsteller Philip Roth 1968 als Stipendiat in der Künstlerkolonie Yaddo im Staate New York. Foto: Bob Peterson/Time Life Pictures/Getty
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