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Sind Bündnis 90/Die Grünen auf dem Weg zu einer neuen Volkspartei? Und wie viel alternative Prinzipienfestigkeit kann sich eine Partei leisten, die breitere Bevölkerungsschichten vertreten will? Die Antworten auf diese Fragen sind nicht nur für die Zukunft der Partei entscheidend, sie bedeuten auch wichtige Weichenstellungen für die deutsche Politik. Dieses Buch beleuchtet, wo die Grünen herkommen, wie sie sich verändert haben und was ihre neue Rolle sein könnte. Eine kritische Bestandsaufnahme von Errungenschaften und Defiziten einer der wichtigsten politischen Kräfte in Deutschland. Mit…mehr

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Produktbeschreibung
Sind Bündnis 90/Die Grünen auf dem Weg zu einer neuen Volkspartei? Und wie viel alternative Prinzipienfestigkeit kann sich eine Partei leisten, die breitere Bevölkerungsschichten vertreten will? Die Antworten auf diese Fragen sind nicht nur für die Zukunft der Partei entscheidend, sie bedeuten auch wichtige Weichenstellungen für die deutsche Politik. Dieses Buch beleuchtet, wo die Grünen herkommen, wie sie sich verändert haben und was ihre neue Rolle sein könnte. Eine kritische Bestandsaufnahme von Errungenschaften und Defiziten einer der wichtigsten politischen Kräfte in Deutschland. Mit Beiträgen von und Interviews mit Hatice Akyün, Philipp Amthor, Rayk Anders, Dietmar Bartsch, Matthias Berninger, Ole von Beust, Rudolf Bühler, Louisa Dellert, Joschka Fischer, Otto Fricke, Katrin Göring-Eckardt, Hendrik Haase, Florian Hahn, Antje Hermenau, Miriam Hollstein, Reinhild Hugenroth, Carlo Jordan, Winfried Kretschmann, Renate Künast, Heiko Lietz, Oswald Metzger, Luisa Neubauer, Mona Neubaur, Bischof Franz-Josef Overbeck, Cem Özdemir, Boris Palmer, Gunda Röstel, Wolfgang Schäuble, Annette Schavan, Rezzo Schlauch, Christoph Schmitz, Olaf Scholz, Monsignore Pirmin Spiegel, Frank-Walter Steinmeier, Luise Steinwachs, Jürgen Trittin, Eva Maria Welskop-Deffaa und Marie-Luise Wolff.
Autorenporträt
Jahrgang 1977, ist Publizist und schreibt über politische Themen und Aspekte der gegenwärtigen Transformation. Der Politikwissenschaftler war u. a. Bundesgeschäftsführer der Jungen Union, persönlicher Mitarbeiter des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl, Referatsleiter im Bundesverkehrsministerium und Herausgeber des Fachmagazins politik&kommunikation. Jahrgang 1968, ist Gründer und Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft The Partners. Nach dem Studium der katholischen Theologie und Politikwissenschaft an der FU Berlin war er u. a. Vorstandsreferent der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen und ist seitdem in Führungspositionen in der Wirtschaft und den Medien tätig, zusätzlich arbeitet er als Supervisor und Coach.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit großem Interesse hat Rezensent Robert Probst zwei Bücher zum derzeitigen Erstarken der Grünen gelesen. Die hier vorliegende Sammlung aus vielen Meinungen ergeben zwar kein "klares Bild", so der Kritiker, aber eben doch eine echte "Bestandsaufnahme", wie sie im Titel versprochen wird. Dabei wird ebenso an die Anfänge der Grünen im Bundestag erinnert wie durch einige Spitzenpolitiker die heutige Bedeutung der Grünen eingeschätzt, betont der Rezensent. Ihm gefällt, dass auch die Frage, ob "das System" die Grünen, oder die Grünen "das System" mehr verändert haben, sehr unterschiedlich beantwortet wird. Der Kritiker hat in den Ausführungen auch ein veritables "Hausaufgabenheft" für die Grünen gesehen, an dem sie sich zur Weiterentwicklung abzuarbeiten hätten. Dass so manches Mal auch eine gewisse "Schärfe" zu spüren ist, war für ihn ganz in Ordnung.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.11.2020

Verbotspartei oder Ermöglichungspartei?
Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Grünen nach 40 Jahren in der politischen Arena

Was erlauben die Grünen! Sind sie eine Verbotspartei oder eine Ermöglichungspartei? Fühlen sie sich wohler in der Opposition oder regieren sie lieber? Wie sehen sie sich selbst? Und wie werden sie gesehen? Georg Milde und Michael Wedell haben sich umgehört. Dabei bilden der Politikwissenschaftler mit Fokus auf die gegenwärtigen Transformationsprozesse in Politik und Gesellschaft und der Partner der Unternehmensberatung Brunswick Group ein schwarz-grünes Duo: Milde als früherer Bundesgeschäftsführer der Jungen Union und persönlicher Mitarbeiter Helmut Kohls, Wedell als früherer Vorstandsreferent der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Die Antworten zur Frage von Wahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Grünen, die Milde und Wedell zusammengetragen haben, spiegeln sich in der Breite ihres Autorenkreises: Sie reicht von den derzeitigen Inhabern der beiden höchsten Staatsämter über aktuelle wie frühere Mitglieder des Bundeskabinetts, des Bundestages und von Landtagen sowie Parteivorsitzende bis zu Vertretern aus Medien, Wirtschaft, Verbänden und Kirchen.

Frank-Walter Steinmeier ruft in Erinnerung, was die "Süddeutsche Zeitung" - heute den Grünen sicher nicht feindlich gegenüberstehend - am 15. Januar 1980 zur offiziellen Gründung auf Bundesebene schrieb: Wer den Gründungskongress in allen Phasen erlebt habe, dem müsse die Vorstellung, die Entscheidung über eine neue Regierung, ja gar die innen- und außenpolitische Handlungsfähigkeit einer Bundesregierung solle im Zweifel von dieser Organisation abhängen, grelle Albträume verursachen. Was seitdem geschehen ist, fasst Steinmeier in der Formel: "Die Grünen haben das Land verändert - und das Land hat die Grünen verändert."

Diese wechselseitige Beeinflussung hängt nicht zuletzt mit den grünen Erfolgen zusammen. Auch in Steinmeiers Augen hat keine Idee die Politik der Grünen so geprägt wie Umwelt und Ökologie. Sie hätten diese neben dem Sozialen, dem Liberalen und dem Konservativen als vierten Fixpunkt in der Politik etabliert. Steinmeier nimmt zu Recht an, aus grüner Sicht empfinde man darüber Genugtuung. Aber er gibt zu bedenken, dass leichte Siege in der Politik selten seien.

Dies gilt einmal mehr mit Blick auf die kommenden Bundestagswahlen. Nicht nur bleibt ungewiss, wie stark die Grünen dann wirklich werden. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie in Umfragen zur Mitte einer Legislaturperiode neue Höchststände erreichten, um diese schließlich doch nicht an den Wahlurnen zu erleben. Und selbst wenn dies im Herbst 2021 anders sein sollte und die Grünen zum dritten Mal in ihrer Parteigeschichte an einer Bundesregierung beteiligt sein sollten, womöglich zum ersten Mal zusammen mit der Union, dann sollten sie erst recht beherzigen, was Steinmeier ihnen ins Stammbuch schreibt: Mit ihren Erfolgen wachse ihre Verantwortung - nämlich die, andere Interessen nicht zu übersehen und andere Bedürfnisse nicht geringzuschätzen, die Gesellschaft über das eigene Thema nicht auseinanderzutreiben, sondern zusammenzubringen.

Wolfgang Schäuble gibt sich weniger als Mahner, mehr als Analytiker. Bereits bei ihrem ersten Einzug in den Bundestag 1983 hatte er beobachtet, dass sie schon damals den anderen Parteien ähnlicher waren, als ihnen lieb schien - auch sie hätten von charismatischen Persönlichkeiten gelebt. Dabei hat er nicht nur Otto Schily und Joschka Fischer im Blick, sondern gerade auch Frauen wie Petra Kelly, Antje Vollmer oder Marieluise Beck. Sichtbarster Ausdruck der Veränderungen, die Grüne im Parlament bewirkten, ist für Schäuble in der Folge der gewachsene Anteil weiblicher Abgeordneter.

Hier verknüpft er Beobachtungen aus der Vergangenheit mit der Analyse der Gegenwart: Während sich die Regularien zur Gleichberechtigung der Geschlechter innerparteilich durchgesetzt hätten, sei anderes schnell wieder verschwunden, womit man den Parlamentarismus revolutionieren wollte. Das gilt nach Schäuble für das Rotationsprinzip wie für die anfänglich geübte Presseöffentlichkeit bei Fraktionssitzungen - was angesichts des Twitter-Gezwitschers aus Sitzungen heute gar nicht mehr so revolutionär erscheine. Sinnvoll sei der grüne Ansatz genauso wenig gewesen, wie es die Twitter-Unsitte sei, der Unterschied sei nur: Vom einen würden wir es heute bereits wissen.

Und die Grünen selbst? Was sagen sie über sich? Joschka Fischer zu befragen hat den Charme, dass er allmählich auch aus einer Außenperspektive heraus über seine Partei sprechen kann. So äußert er im Gespräch mit Milde und Wedell nicht nur die verbreitete Einschätzung, dass sich die Grünen gewaltig verändert hätten und in der Mitte der Gesellschaft angekommen seien. Vielmehr dreht Fischer diese Erkenntnis um: "Die Mitte der Gesellschaft ist bei den Grünen angekommen." Beides ist in der Tat richtig.

Bei Fischer schließt sich daran ein Aber an, das aufhorchen lassen sollte: Ob nicht nur die Partei, sondern auch ihre Anhänger und Wähler schon so weit seien, das Land durch eine Krise wie die aktuelle führen zu können, bleibe abzuwarten. Daher wünscht er sich von den Grünen, dass sie ihre Kreativität und Erfahrung darauf verwenden, Antworten zu suchen, wie die Zeit nach Corona aussehen muss. Die entscheidende Frage lautet für Fischer: "Haben wir die Illusion, dass alles wieder so wird, wie es einmal war, oder gilt es, Dinge wirklich neu zu machen?" Die Antwort der Grünen dürfte darüber entscheiden, ob sie als Verbots- oder als Ermöglichungspartei wahrgenommen werden.

THOMAS SPECKMANN.

Michael Wedell und Georg Milde (Hrsg.): Avantgarde oder angepasst? Die Grünen - eine Bestandsaufnahme.

Ch. Links Verlag, Berlin 2020. 352 S., 20,- [Euro].

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