März 1973: Nach der Auflösung der French Connection tobt in Marseille ein blutiger Bandenkrieg um die Nachfolge von Mafiaboss Antoine Guérini. In dieser aufgeheizten Atmosphäre wird der dynamische Geschäftsmann Maxime Piéri vor dem Casino von Nizza mit zehn Kugeln hingerichtet. Der Held der Résistance, vormals rechte Hand der Guérini-Brüder und dann zum Frachtreeder konvertiert, scheint seiner Mafiavergangenheit erlegen zu sein. So jedenfalls die bevorzugte Version von Polizei und Justiz, wo man an einer echten Untersuchung nicht interessiert ist.Mit dem Fall betraut wird der unerfahrene Commissaire Théodore Daquin, der in Marseille seinen ersten Posten antritt. Er stößt auf dubiose Aktivitäten von Piéris Frachtern im Mittelmeer, die offenbar nicht nur Erz und Getreide transportieren. Und in Zusammenarbeit mit einem anonymen Partner schien der Reeder sich soeben für den Einstieg in ein heiß umkämpftes neues Geschäftsfeld zu rüsten. Daquin bleiben genau fünfzehn Tage, die ihm im Rahmen eines beschleunigten Verfahrens für seine Ermittlung zustehen, um sich in das Labyrinth der lokalen Geheimnisse, des Seefrachtgeschäfts und der internationalen Finanzkreisläufe einzuarbeiten. Eine Herkulesaufgabe im Angesicht einer undurchsichtigen Gemengelage und einer ihm fremden, bedrohlichen Stadt.In ihrem neusten Roman (Orig. Gallimard 2015) schickt Dominique Manotti ihren Protagonisten Théo Daquin in seine Vergangenheit - in eine Affäre, die nicht nur sämtliche unterirdischen Netzwerke von Marseille und Nizza umfasst, sondern vor allem die obskure Welt des Erdölhandels. Meisterhaft gestaltet die Wirtschaftshistorikerin das gigantische ökonomische und geopolitische Fresko einer hochkomplexen Epoche, die bereits das Gesicht des 21. Jahrhunderts erahnen lässt.
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
Sylvia Staude kennt die üblichen Themen der französischen Krimiautorin Dominique Manotti: Lug, Betrug und Korruption im großen Stil. Das Interesse der gelernten Historikerin gelte dabei stets den mächtigen Figuren im Hintergrund, etwa Firmenbossen, Politikern oder Präsidenten. Diesmal drehe sich alles um den Ölhandel, und auch beim neuen Fall von Théodore Daquin gehe es intrigant und tödlich zu. Die Figur des Kommissars selbst ist komplex und glaubwürdig gezeichnet, lobt Staude. Überhaupt lasse sich Manottis Roman gut lesen, "kühl, knapp, schnörkellos" und zugleich pointiert seien die Sätze. Nur scheinbar verzichte die Autorin auf Ausschmückungen, denn "die Atmosphäre schlüpft dennoch durch die Hintertür hinein", wie die Rezensentin bemerkt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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