Nachkrieg und UnfriedenGedichte als Index 1945-1995Die »öffentlichen Gedichte« der Nachkriegszeit auf ihren Wirklichkeitsbezug durchsichtig zu machen, ist das Ziel dieser Anthologie. Unter der Mitwirkung der Autoren wurde versucht, die Anlässe des politischen und gesellschaftlichen Lebens herauszufinden, die die hier abgedruckten Gedichte ausgelöst haben, und sie gemäß der Chronologie ihrer Entstehung zu ordnen. Auf diese Weise werden die Texte so nahe an die Wirklichkeit herangerückt, daß sich aus der Gedichtabfolge die Kurve des geistigen und politischen Klimas der letzten fünfzig Jahr ablesen läßt. Sind die Lyriker der Realität gerecht geworden, haben sie den Erwartungen, den Forderungen, den Enttäuschungen dieses Vierteljahrhunderts eine Stimme gegeben, die über die Zeitungsnotiz hinaus die Erfahrungen des Augenblicks akut und dringlich macht, so daß die res publica, die »öffentliche Sache«, zur Sache jedes einzelnen wird? Die »öffentliche Sache« ist hier, zumindest seit 1949, die der Bundesrepublik, deren politische Entwicklung die Anthologie nachzeichnet.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.01.1997Fremdes Deutschland
"Nachkrieg und Unfrieden" heißt die Anthologie, die Hilde Domin 1970 herausgegeben hat; der Titel erinnert an Tolstois Roman "Krieg und Frieden". Ein Vierteljahrhundert später gab die inzwischen fast 85 Jahre alte Heidelberger Dichterin zusammen mit Clemens Greve eine Neuauflage der Lyriksammlung aus der Nachkriegszeit heraus, erweitert um fast noch einmal so viele Gedichte aus den letzten 25 Jahren. Für die junge Generation handelt es sich um eine Einführung in fremde Welten: Das soll einmal die Stimmungslage in Deutschland gewesen sein? Wohlstandskinder können viele dieser Gedichte ebensowenig nachempfinden wie manche Reaktionen ihrer Eltern und Großeltern; um so wichtiger ist es, sie zu lesen. Beim Vergleich der ersten mit der zweiten Auflage fällt auf, daß sich der Ton der neueren Gedichte geändert hat: Weniger Gefühl und Protest, mehr Pragmatismus und Ergebung in das scheinbar Unabänderliche. Doch bleibt die Herausgeberin selbst bei ihrem hoffnungsvollen "Trotzdem". MATTHIAS REUMANN
Nachkrieg und Unfrieden. Gedichte als Index 1945-1995. Hrsg. Hilde Domin und Clemens Greve. Erw. Ausgabe, Frankfurt am Main 1995 (Fischer-Taschenbuch 12526).
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Nachkrieg und Unfrieden" heißt die Anthologie, die Hilde Domin 1970 herausgegeben hat; der Titel erinnert an Tolstois Roman "Krieg und Frieden". Ein Vierteljahrhundert später gab die inzwischen fast 85 Jahre alte Heidelberger Dichterin zusammen mit Clemens Greve eine Neuauflage der Lyriksammlung aus der Nachkriegszeit heraus, erweitert um fast noch einmal so viele Gedichte aus den letzten 25 Jahren. Für die junge Generation handelt es sich um eine Einführung in fremde Welten: Das soll einmal die Stimmungslage in Deutschland gewesen sein? Wohlstandskinder können viele dieser Gedichte ebensowenig nachempfinden wie manche Reaktionen ihrer Eltern und Großeltern; um so wichtiger ist es, sie zu lesen. Beim Vergleich der ersten mit der zweiten Auflage fällt auf, daß sich der Ton der neueren Gedichte geändert hat: Weniger Gefühl und Protest, mehr Pragmatismus und Ergebung in das scheinbar Unabänderliche. Doch bleibt die Herausgeberin selbst bei ihrem hoffnungsvollen "Trotzdem". MATTHIAS REUMANN
Nachkrieg und Unfrieden. Gedichte als Index 1945-1995. Hrsg. Hilde Domin und Clemens Greve. Erw. Ausgabe, Frankfurt am Main 1995 (Fischer-Taschenbuch 12526).
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