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»Gartenlust im Frühling«: endlich wieder Rasen mähen! Und zu Ostern Narzissen verschenken oder den ersten Rhabarberkuchen backen. Vor Pfingsten sehnsüchtig auf das Öffnen der roten Knospen der Päonie warten? Die wichtigste von Johannes Roths legendären Miniaturen aus dem Garten eines »unverdrossenen Liebhabers« gilt im Frühjahr aber dem Maiglöckchen: »Eines haben alle Maiglöckchen gemein, die kleinen im Wald, die feinen im Blumenkorb, die erlesenen in der Vase, die wuchernden im Garten: Sie läuten den Frühling ein, sie blühen den Liebenden. Im Wörterbuch der Blumensprache bleibt der Code für…mehr

Produktbeschreibung
»Gartenlust im Frühling«: endlich wieder Rasen mähen! Und zu Ostern Narzissen verschenken oder den ersten Rhabarberkuchen backen. Vor Pfingsten sehnsüchtig auf das Öffnen der roten Knospen der Päonie warten? Die wichtigste von Johannes Roths legendären Miniaturen aus dem Garten eines »unverdrossenen Liebhabers« gilt im Frühjahr aber dem Maiglöckchen: »Eines haben alle Maiglöckchen gemein, die kleinen im Wald, die feinen im Blumenkorb, die erlesenen in der Vase, die wuchernden im Garten: Sie läuten den Frühling ein, sie blühen den Liebenden. Im Wörterbuch der Blumensprache bleibt der Code für das Maiglöckchen unverschlüsselt: Du hast mich entzückt, als ich dich zum erstenmal sah.«
Autorenporträt
Johannes Roth, Jahrgang 1937, lebt in Frankfurt am Main.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.03.2012

Blattläuse und Schnecken lesen keine Gartenbücher

Wegerich zupfen, Löwenzahn vertreiben, Rhododendron setzen: Gärtnern ist harte Arbeit. Und das Ergebnis ist nicht immer so, wie es im Buche steht. Jenseits von Kräuterspirale und Komposthaufen gibt es noch ganz andere Gartenwelten zu entdecken.

Von Jörg Albrecht

Nun säen sie wieder. Anfang März juckt es eben in den Fingern. "Den Frühling auf der Fensterbank hervorlocken" empfehlen die einschlägigen Ratgeber. Warum nicht das Basilikum am Küchenfenster vorziehen? Weil das schon mal nichts werden kann. Außer bleichen Stengeln und anämischen Blättchen wird bei aufgedrehter Zentralheizung wenig Erfreuliches herauskommen. Das mit dem Frühbeet funktioniert auch nicht. Und Hand aufs Herz: Möchte man ein Kraut in die Suppe rühren, das auf frischem Pferdemist herangereift ist?

Mit den Gartentipps ist das meistens so: Einer schreibt sie vom andern ab, im Zweifelsfall von Gärtner Pötschke, der sich auch schon beim seligen Franz Böhmig bedient hat, der übrigens mit seinem "Rat für jeden Gartentag" einer der auflagenstärksten DDR-Autoren überhaupt war. Rückwärts lässt sich die Reihe zwanglos verlängern über den strammen Kompostfanatiker und Hitlergenossen Alwin Seifert, bis man am Ende vermutlich bei den mesopotamischen Hügelbeeten herauskommt.

Trotzdem ist es schön, dass immer wieder neue Gartenbücher erscheinen.

Berlin-Mitte zum Beispiel, um das soziokulturelle Klischee zu bedienen, ist auch schon seit ein paar Jahren dabei, die Laube wiederzuentdecken. Das Spektrum reicht inzwischen von Gabriella Papes Königlicher Gartenakademie in Dahlem ("gardening is the new sex") bis zum Guerillagärtner im Wedding. Irgendwo dazwischen, aber wohl näher an Gabriella Pape, beschreibt nun der Verleger Jakob Augstein sein "Glück, im Freien zu sein". Schön beobachtet hat er den Moment, in dem ein Mensch zum Gärtner wird. Das ist der, wenn sein Blick auf ein Stück Land fällt, und er beschließt: So kann das aber nicht bleiben. Was folgt, ist eine Frage des Charakters. Man könnte versucht sein, einen Dschungel zu schaffen, wie es der Schriftsteller Helmut Salzinger anstrebte, der im plattesten Niederelbegebiet Busch und Bäume wachsen ließ, wobei er bemüht war, sich den Menschen als handelndes Subjekt fortzudenken.

Augsteins Sache ist das nicht, im Gegenteil: "Das Leben des Gärtners ist der Ordnung gewidmet", schreibt er, "ohne Ordnung ist der ganze Garten nichts." Außerdem mag er keine Nutzpflanzen. Nicht mal Salbei, Rosmarin oder Lavendel. Das nennt man wohl ein Konzept. Wir folgen Jakob Augstein auf seinem Weg durch den Garten und die Jahreszeit, der entgegen der Tradition nicht im Winter oder Frühling beginnt, sondern im Herbst, wenn die Arbeit am lautesten ruft, weil so viel Ordnung geschaffen werden muss. Wir lernen einiges über Grobschluff und Mergel, viel über taxonomische Feinheiten und den vergeblichen Versuch, einen Teich anzulegen. Wir erfahren, dass der Autor eine tiefsitzende Abneigung gegen Nadelgehölze im Allgemeinen und die Eibe im Besonderen hegt.

Goethe wird häufiger als Hölderlin erwähnt, aber es kommen auch Ringo Starr und Johnny Cash vor. Recht ausführlich werden die Berliner Zwiebelhandlung Albrecht Hoch und die Hamburger Baumschule Lorenz von Ehren vorgestellt, bei denen Augstein treuer Kunde ist. Jedes Jahr ordert er an die zweitausend Zwiebeln und buddelt sie eigenhändig ein, was ihm natürlich zur Ehre gereicht. Ernster noch ist es ihm nur mit der Überzeugung, dass der Rhododendron "sozusagen der Anfang des Gartens ist". Für den Einstieg rät er zu größeren Solitären aus dem Bestand der erwähnten Baumschule von Ehren ("sicher die beste Baumschule, die ich kenne"), mit Ballen von 1000 Euro aufwärts. Man gewinnt jedenfalls den Eindruck, dass Jakob Augstein sein Thema gefunden hat.

Das lässt sich nicht immer sagen, wenn Journalisten über Gärten schreiben. Der "Spiegel" beispielsweise schwankt in solchen Fällen gern zwischen Fassungslosigkeit und Widerwillen. Allerdings bringt er es darin nicht zu jener Meisterschaft, die Germaine Greer auszeichnet. Eine Auswahl ihrer Gartenkolumnen, die sie in den siebziger Jahren unter dem Pseudonym Rose Blight für das britische Satiremagazin "Private Eye" schrieb, ist nun auf Deutsch erschienen. Der ausgewiesenen Feministin stößt so manches in der gärtnerischen Landschaft auf, "allen voran natürlich der grauenhafte Rhododendron, der, wenn er nicht gerade finster vor sich hintröpfelt, kurz in einem wirren Mischmasch aus Farben erblüht, wie man sie normalerweise nur bei Speck, Würstchen und weichgedünsteten Tomaten auf einem englischen Frühstücksteller findet". So kann man das also auch sehen.

Kinder im Garten hält Greer für die Pest, Nachbarn sowieso, Mitleid hat sie allenfalls mit jenen Verblendeten, die in der Hoffnung, ihren Geldbeutel zu schonen, Salat und Gemüse ziehen. Unter Anrechnung der eigenen Arbeitszeit sowie der notwendigen Investitionen in Land, Gerätschaften, Sämereien und Hilfsmittel aller Art kalkuliert sie den Preis einer einzelnen Erbse auf zehn Cent; die paar eigenen Kartoffeln kämen gleich so teuer, als ob man sie vergoldet hätte. Die Alternative, alles einzuebnen und in gepflegten Rasen umzuwandeln, ist Greer ebenfalls ein Graus: "Ein gepflegter Rasen ist das äußere Symbol einer triumphierenden Neurose und zeugt von Unterwerfung unter die Gedankenpolizei." Wer trotzdem nicht davon abzubringen sei, der sei am besten mit Kunstrasen bedient.

Da ist was dran. Ein Rasen ist kein Spaß. Sondern harte Arbeit. "Nichts entzückt das Auge so angenehm wie der Anblick zarten und haarfeinen Grases", schrieb der Kirchengelehrte Albertus Magnus um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts und empfahl schon damals, störende Unkräuter bei der Wurzel zu packen. Aber damit ist es nicht getan. Es muss die richtige Saatmischung her, es muss der Wegerich von Hand gezupft und der Löwenzahn vertrieben werden, es muss alle naslang gedüngt und gewässert, gemäht, vertikutiert, abgesandet, belüftet, geharkt und nachgesät werden, wenn von einem grünen Teppich die Rede sein soll. Und am Ende beugt sich der oberschlaue Nachbar über den Zaun und mokiert sich über die Monokultur; viel besser, schöner und ökologischer sei es doch, eine "Wiese" anzulegen.

Mit sanften Worten hat Johannes Roth, ehemals Mitarbeiter des F. A. Z.-Magazins, dieses Missverständnis getadelt; eine Neuauflage seiner Gartenkolumnen ist jetzt im Insel-Verlag erschienen. Man sollte ruhig deutlicher werden: Eine Wiese, wie sie dem Ahnungslosen vorschwebt, ist das Ergebnis jahrhundertelanger Weidewirtschaft auf kargen Böden und nicht eben dadurch herzustellen, dass man ein Beutelchen Blumenwiesensamen ausstreut, dessen Inhalt wiederum meist aus Ackerwildkräutern besteht, die sich dauerhaft auch nur halten können, wenn das Land regelmäßig mit dem Pflug umbrochen wird. Wer nun gar nichts tut, wird erleben, wie sich munter Quecke, Giersch und Ampfer ausbreiten; er hat dann vielleicht eine Schuttpflanzengesellschaft geschaffen, aber nichts, worüber Pflanzensoziologen in Schwärmen kommen würden.

Tiefere Kenntnis ökologischer Zusammenhänge ist unter Gartenbuchautoren die Ausnahme. Die meisten von ihnen prahlen stattdessen mit Listen von Spielarten und Cultivaren, die sie irgendwelchen Katalogen entnommen haben. Geht es in Richtung Praxis, heißt es gern: "Knoblauch vertreibt Blattläuse." Aber Blattläuse lesen keine Gartenbücher und falls doch, richten sie sich in der Regel nicht danach. Oder was soll man von folgendem Vorschlag halten? "Nichts schmeckt so gut und lecker wie ein leuchtend gelbes Ei, das von Ihren eigenen freilaufenden glücklichen Hühnern produziert wurde." Hühner im Garten sind der sicherste Weg, ihn in eine Brache zu verwandeln.

Etwas mehr Skepsis wäre schon hilfreich. Faulendes Wasser in schwarzer Plastikfolie ergibt noch keinen Naturteich, unter fünf Metern Breite ist keine Wildhecke zu haben. Man wünscht sich gelegentlich einen Autor, der die Nachfolge Jürgen Dahls antreten würde, der imstande war, weiter als bloß bis zum eigenen Zaun zu blicken: "In einer Welt, in der zur Herstellung eines Autos nicht weniger als 400 000 Liter Wasser gebraucht werden, ist es lächerlich, die Leute zu ermahnen, sie sollten das Eierkochwasser zum Blumengießen verwenden, um Wasser zu sparen", lautete eine seiner typischen Bemerkungen über das Kleingärtnerdasein.

Dass auch ein Gartenverständnis jenseits von Kräuterspirale und Komposthaufen existiert, zeigt ein Blick in den Bildband "Der japanische Garten" von Helena Attlee. Im Land der Kirschblüten kommt man häufig auch ohne aus, also ohne Blüten und wucherndes Grün, wie das Beispiel von Ryoan-ji nordwestlich von Kyoto zeigt. Fünfzehn Steine sind dort auf Moos gebettet und von penibel geharktem Quarzkies umgeben, derart angeordnet, dass von jedem Ort der Betrachtung aus immer nur vierzehn zu sehen sind, was dem Gedanken Ausdruck verleihen soll, dass Vollkommenheit zwar existiert, aber in dieser Welt nur schwer zu finden ist. Das Arrangement ist immerhin schon fünfhundert Jahre alt und soll außerordentlich beruhigend wirken.

Die merkwürdigste Neuerscheinung dieses Frühjahrs auf dem Gartensektor ist ein schmaler Band ohne jede Illustration, der den Titel "Das Geräusch einer Schnecke beim Essen" trägt. Die amerikanische Journalistin Elisabeth Tova Bailey, gelernte Gärtnerin, schildert darin, wie sie nach einer Virusinfektion schwer erkrankte und lange Monate ans Bett gefesselt war, unfähig, sich auch nur aufzurichten. In dieser deprimierenden Lage schenkt sie ihre gesamte Aufmerksamkeit dem Treiben einer Schnecke, die eine Besucherin samt einem Ackerveilchen im Topf vorbeigebracht hat. So tastend, wie der Gastropode seine neue Umgebung erkundet, so behutsam macht sich Bailey Gedanken, wie sie den Bedürfnissen ihres neuen Zimmergenossen gerecht werden kann. Er bekommt ein eigenes Terrarium mit Moosen und Tüpfelfarnen aus dem nahen Wald, wird mit Wasser, Champignons und Eierschalen versorgt und dankt dies irgendwann durch nächtliche Ablage eines Geleges, aus dem exakt hundertachtzehn Jungschnecken schlüpfen.

"Je vertrauter mir die Welt der Schnecke wurde, desto fremder wurde mir die Menschenwelt", schreibt Elisabeth Tova Bailey, "meine eigene Spezies war so groß, so gehetzt, so verwirrend." Sie bemerkt, dass ihre Besucher sich bewegen, als wüssten sie nicht, wohin mit ihrer Energie. Wilde Armbewegungen, unnötiges Kopfwackeln, es dauert immer, bis sie aufhören herumzuzappeln und sich setzen. Dann reden sie plötzlich von interessanteren Dingen und können sich eine Zeitlang konzentrieren, ehe die Ruhelosigkeit sie wieder erfasst. Nach solchen Besuchen bleibt die Kranke jedesmal erschöpft in ihrem Bett zurück und freut sich wieder am stillen Gleiten und Schleimen der Schnecke.

Das ist eine Erfahrung, die eigentlich jeder Gärtner machen sollte. Am ehesten gegen Abend, wenn die Dämmerung hereinbricht und die Farben schwinden, keine Gießkannen mehr zu schleppen und keine Wühlmäuse zu vertreiben sind. Einfach dasitzen, hinhören und beobachten, was geschieht. Das wird nicht viel sein. Oder doch erstaunlich viel, je nachdem. Emsig ist ja nicht nur der Gärtner. Am emsigsten ist der Garten, wenn er ausnahmsweise mal in Ruhe gelassen wird.

Nicki Trench: "Hühnerstall und Küchengarten". Landleben im eigenen Garten.

Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2012. 192 S., Abb., geb., 24,90 [Euro].

Johannes Roth: "Gartenlust im Frühling."

Insel Verlag, Berlin 2012. 86 S., Abb., br., 13,95 [Euro].

Rose Blight/ Germaine Greer: "Heckengeflüster".

Aus dem Englischen von Brigitte Walitzek. Schöffling Verlag, Frankfurt 2010. 160 S., geb., 14,95 [Euro].

Jakob Augstein: "Die Tage des Gärtners". Vom Glück, im Freien zu sein.

Mit Illustrationen von Nils Hoff. Carl Hanser Verlag, München 2012. 272 S., geb., 17,90 [Euro].

Elisabeth Tova Bailey: "Das Geräusch einer Schnecke beim Essen".

Aus dem Englischen von Kathrin Razum. Nagel & Kimche Verlag, Zürich 2012. 176 S., geb., 16,90 [Euro].

Annette Kretzschmar: "Mein wunderschöner Genussgarten". Ein Garten für Augen und Gaumen.

Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern 2012. 136 S., Abb., geb., 22,90 [Euro].

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»Leuter kleine Lobgesänge aufs Frühlingserwachen im Garten: mit Liebe zur Anekdote und kulturgeschichtlichen Momentaufnahmen...«