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Der Hohlweg, ein in die Landschaft versunkener Weg, führt in eine weitverzweigte Unterwelt, Tunnel der Menschheit. Unzählige Schritte und Wagenspuren haben sich über Jahrhunderte tief in den Grund eingesenkt, Wasserläufe durchspülen den weichen Stein, er wird zu einer Kluft in der Zeit.Was als Pilgerpfad oder Gang zu den Märkten und der See seinen Anfang nahm, gräbt sich tief in das Gedächtnis der Natur: Das verborgene Wegenetz der Hohlwege ist stiller Zeuge steten menschlichen Fortschreitens. Der Wanderer heute, der den Hohlweg betritt, geht unversehens in den Fußstapfen seiner urzeitlichen…mehr

Produktbeschreibung
Der Hohlweg, ein in die Landschaft versunkener Weg, führt in eine weitverzweigte Unterwelt, Tunnel der Menschheit. Unzählige Schritte und Wagenspuren haben sich über Jahrhunderte tief in den Grund eingesenkt, Wasserläufe durchspülen den weichen Stein, er wird zu einer Kluft in der Zeit.Was als Pilgerpfad oder Gang zu den Märkten und der See seinen Anfang nahm, gräbt sich tief in das Gedächtnis der Natur: Das verborgene Wegenetz der Hohlwege ist stiller Zeuge steten menschlichen Fortschreitens. Der Wanderer heute, der den Hohlweg betritt, geht unversehens in den Fußstapfen seiner urzeitlichen Vorgänger, er vertieft den Weg und fällt zugleich aus der Zeit.2005 erkundet Robert Macfarlane mit seinem Freund Roger Deakin die zugewucherten Hohlwege in South Dorset. Die Schattenwelt merkwürdiger Konturen lässt ihn nicht mehr los und er kehrt schon sechs Jahre später, nach dem frühen Tod Deakins, mit dem Künstler Stanley Donwood und dem Schriftsteller Dan Richards zurück in diese Gegend. Was sich wie die Lebenslinien auf der Handfläche in das Antlitz der Natur gesenkt hat, entpuppt sich als Schutzzone für verborgenes, wimmelndes Leben und als Raum für Abenteuer der drei Wanderer: Richard fällt vom Fahrrad, Bäume müssen hochgeklettert werden, im Gestrüpp funkeln Augenpaare unbekannter Kreaturen und hoch über ihnen fegt der Sturm, während die Männer auf dem Grund des tief eingegrabenen Hohlwegs zu schlafen versuchen.
Autorenporträt
Robert Macfarlane, 1976 in Nottinghamshire geboren, lehrt Literaturwissenschaft in Cambridge, ist Essayist und Kritiker und gilt als wichtigster britischer Autor des Nature Writing. Bei Matthes & Seitz Berlin sind bislang Karte der Wildnis, Alte Wege und Die verlorenen Wörter erschienen. Letzteres wurde mit dem BAMB Beautiful Book Award 2017 sowie als Hay Festival Book of the Year und als The Sunday Times Top Ten Bestseller ausgezeichnet.     Stanley Donwood ist das Pseudonym des englischen Autors und Künstlers Dan Rickwood. Für sein Mitwirken am Verpackungsdesign der Alben der britischen Rockband Radiohead bekannt geworden, widmet sich Donwood vornehmlich dem Zeichnen und kurzen literarischen Texten. Dan Richards, 1982 in Wales geboren, ist ein britischer Schriftsteller. Nach dem Studium an der University of East Angika und der Norwich Arts School widmete er sich Reisebeschreibungen. Zuletzt erschienen: Climbing days und The Beechwood Airship Interviews. Er lebt in Bath.   Frank Sievers, 1974 geboren, ist freier Übersetzer aus dem Englischen und Französischen und Theater-Performer. Zusammen mit Andreas Jandl erhielt er 2017 den Christoph-Martin-Wieland-Übersetzerpreis für Der Wanderfalke von J. A. Baker. Andreas Jandl, 1975 geboren, studierte Theaterwissenschaften, Anglistik und Romanistik in Berlin, London und Montréal. Seit 2000 arbeitet er freiberuflich als Redaktionsassistent, Dramaturg und Übersetzer aus dem Englischen und Französischen. Zu seinen Übersetzungen gehören Theaterstücke und Romane u.a. von Daniel Danis, Nicolas Dickner, Mike Kenny, Michael Mackenzie, Gaétan Soucy und Jennifer Tremblay.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Catrin Lorch wandert mit Robert Macfarlane und seinem Illustrator Stanley Donwood durch alte Hohlwege. Mit dem schön gestalteten Bändchen und an der Hand des Nature Writers fühlt sie sich ganz wohl, heimelig und nah bei sich. Dass sie am Ende des jeweiligen Weges "keine geheime Kluft" erwartet und das Geschehen insgesamt eher unspektakulär bleibt, scheint Lorch in Ordnung zu finden. Nicht unbedingt Einsteigerlektüre, eher was für Kenner des Genres, meint sie.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.12.2020

Ins Land gezogen
Wandern, den Flachmann kreisen lassen, schauen: Mit Robert Macfarlane, dem Meister des Nature Writing, über den „Hohlweg“
Wenn vom Wandern erzählt wird, dann ist meist Anstrengung dabei, bergauf, und als Belohnung eine Aussicht. Wer auf der Suche nach Erkenntnissen ist, den zieht es als Autor auch in die Weite, die angelsächsische Literatur hat da eine große Geschichte – die in den vergangenen Jahren noch um das Unterkapitel des Nature Writing erweitert wurde. Als deren hervorragendster zeitgenössischer Vertreter gilt Robert Macfarlane, ein Cambridge-Akademiker, der aber auch immer auf dem Sprung ist, seine Leser mit Routen, Betrachtungen, Fundstücken und Wörtern zu versorgen.
„Hohlweg“ ist, verglichen mit seinen Büchern „Im Unterland“ oder „Berge im Kopf“, ein schmales Heft. Und auf dem Titelblatt stehen außer Macfarlane noch Stanley Donwood und Dan Richards. In deutscher Übersetzung ist „Hohlweg“ in der Friedenauer Presse erschienen, und der Verlag hat sich große Mühe mit der Gestaltung gegeben, viel Luft um die Zeilen gelassen und dazwischen noch Zeichnungen des Schriftsteller Stanley Donwood eingestreut. Bibliophil fadengeheftet sieht das Bändchen aus wie eine Festschrift. Und ist es in gewisser Weise auch, es ist dem verstorbenen Publizisten Roger Deakin gewidmet, mit dem die drei manche Wegstrecke zurückgelegt haben, darunter auch Wanderungen durch Hohlwege.
Ein Hohlweg, so wird eingangs erklärt, ist „ein eingesunkener Pfad, eine tiefe und schattige Gasse. Eine Route, die über Jahrhunderte durch Fußtritte, Hufschlag, Radlauf und Regenfluss ins Land gezogen wurde“. Alte Pfade – die ältesten stammen aus der Eisenzeit, die jüngsten noch immer mindestens dreihundert Jahre alt –, die für den Ausbau nicht taugten und deswegen noch weiter absanken, überwuchert kaum noch sichtbar sind. „Nesseln und Dornen bewachen den Eingang, von beiden Seiten neigen sich Bäume über sie und verflechten ihre Zweige zu einem Dach oder Tunnel.“ Und weil diese Wege längst nicht mehr auf Karten verzeichnet sind, müssen die drei Wanderer den Beschreibungen in Büchern folgen, verblichenen Hinweisen auf Routen durch Südengland, die sich um Berge herumringeln wie Schneckenhäuser.
Was dort geschieht? Nichts Spektakuläres – man wandert, lässt den Flachmann kreisen, breitet den Schlafsack rechtzeitig aus, um sich noch Gedichte vorzulesen, und wundert sich am Morgen, dass der Regen die Seiten durchweicht hat. Die gemeinsamen Routen bohren sich nicht allzu tief in die Erde. Und an ihrem Ende wartet keine gewaltige Grotte, kein verborgenes Tal, keine geheime Kluft. Doch stellt sich beim Lesen ein Gefühl von Nähe ein, unter dem sanften Grün taucht man in Erinnerungen, ist am Ende ganz bei sich – oder landet fast überraschend an einem Strand, wie dem weiten Holkham Beach, wo man früh morgens gemeinsam im Meer schwimmt.
Nur knapp vierzig Seiten lang, ist „Hohlweg“ dennoch kein Buch für Einsteiger in das Genre des Nature Writing. Aber wer die Bücher von Robert Macfarlane oder Roger Deakin kennt, die Schriftsteller schon bei ihren Exkursionen begleitet hat, wird sich gerne durch das Bändchen schaukeln, in dem sich knapp formulierte Zeilen mit sanft gestrichelten Linien zu einem Netz verknüpfen. „Viele Menschen haben geglaubt, dass sie auf den alten Wegen aus dieser Welt hinausschlüpfen könnten oder sich dort leise die Geister versammelten“, heißt es an einer Stelle – und man stellt erstaunt fest, dass der Aberglaube sich auf diesem „Hohlweg“ erfüllt.
CATRIN LORCH
Robert Macfarlane, Stanley Donwood: Hohlweg. Mit Illustrationen von Dan Richards. Aus dem Englischen von Andreas Jandl und Frank Sievers. Friedenauer Presse, Berlin 2020. 42 Seiten, 16 Euro.
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