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Auf der Suche nach dem Erhabenen in der Autobahnarchitektur zwischen den Alpen und Neapel
Autobahnen sind die größten von Menschen gebauten architektonischen Strukturen. Sie verbinden Länder, Kontinente und überwinden natürliche und politische Grenzen, erschließen abgelegene Gebiete für Handel, Wirtschaft und Tourismus. Zwischen den Alpen und Neapel verbinden Autobahnen hochkomplexe topographische Gegebenheiten mit urbanen Ballungsräumen. Sie folgen dabei antiken Handelswegen oder den Straßen der Grand Tour der Romantiker des 19. Jahrhunderts, die…mehr

Produktbeschreibung
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Auf der Suche nach dem Erhabenen in der Autobahnarchitektur zwischen den Alpen und Neapel

Autobahnen sind die größten von Menschen gebauten architektonischen Strukturen. Sie verbinden Länder, Kontinente und überwinden natürliche und politische Grenzen, erschließen abgelegene Gebiete für Handel, Wirtschaft und Tourismus. Zwischen den Alpen und Neapel verbinden Autobahnen hochkomplexe topographische Gegebenheiten mit urbanen Ballungsräumen. Sie folgen dabei antiken Handelswegen oder den Straßen der Grand Tour der Romantiker des 19. Jahrhunderts, die auf der Suche nach arkadischen, erhabenen Landschaften waren, wie sie von de Loutherbourg, Claude und Turner gemalt worden waren.
Die Erfahrung des Erhabenen in unberührter Natur war einer der Höhepunkte der Grand Tour. Heute rasen wir auf Autobahnen, über Brücken und Auffahrten, durch Galerien und Tunnel - die mühsame, mehrtägige Reise früherer Zeiten schrumpft auf wenige Stunden. Diese Reiseform zeitigt eine neue Form des Sublimen, die der gleichförmigen sich vor dem Auge des Fahrers entfaltenden betonierten Struktur der Autobahn in der Landschaft. Sue Barr (Professorin für Fotografie, Architectural Association, London) ist eine von brutalistischer Architektur und Beton besessene Fotografin. Mit Ihrer Großformatkamera folgte Sie von den Alpen bis nach Neapel und fotografierte die bislang zumeist ignorierte Architektur der Autobahn.

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Searching for the sublime in motorway architecture between the Alps and Naples

Motorways are architectural megastructures in the landscape, crossing nations, natural or political borders making previously remote places accessible to development, tourism and trade. Between the Alps and Naples motorways connect highly complex topographies and urban conditions, often retracing antique trade paths and routes taken by northern Romantics on the Grand Tour, searching for arcadian and sublime landscapes as painted by de Loutherbourg, Claude and Turner.
The experience of the sublime in untamed nature became a highlight on the Grand Tour. Landscapes that once took days to cross, today we speed through via motorways over concrete bridges, ramps, through galleries and tunnels. But with this speed comes a new accelerated and simultaneously calm sublime of concrete motorway megastructures.
Sue Barr (Head of Photography, Architectural Association, London) is a photographer obsessed by concrete and Brutalist architecture. Following historical 18th-century routes from the Swiss Alps to Naples, she used a large format camera to photograph these extraordinary and ignored architectural megastructures. The pictures in her first monographic publication, document the ominous beauty of motorway architecture, within landscapes and urban spaces through carefully constructed photographs
Autorenporträt
Barr, Sueweitere Autorenfurther authors: David Heathcote, Davide Papotti
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.11.2019

Über Brücken

Zum Innehalten: Sue Barr fotografiert, was man im Vorbeifahren nicht sieht - die italienische Autobahn-Architektur.

Von Andreas Rossmann

Die Autobahn ist kein Ort zum Verweilen. Ganz Übergang, besteht ihr Zweck allein darin, hinter sich gelassen zu werden. Möglichst schnell. Anhalten ist nur ausnahmsweise, an dafür ausgewiesenen Stellen, gestattet und kann gefährlich, lebensgefährlich werden. Betreten verboten. Das Ziel liegt außerhalb.

Autobahnen sehen überall ziemlich gleich aus. Glatt, linear, anonym. Je ebener sie verlaufen, desto besser erfüllen sie ihren Zweck. Sie werden so geplant und gebaut, dass sie möglichst geringe Steigungen und Gefälle haben. Sie nehmen es mit fast jedem Hindernis auf, laufen über Brücken und Viadukte, durch Tunnel und Galerien, umkurven Berge und durchbohren sie, überspannen Täler und Abgründe. Dafür müssen sie aufgeständert und mit mächtigen Tragewerken aus Beton gestützt werden. Eine nur scheinbar bescheidene Architektur, die wenig Beachtung findet: Der Blick richtet sich nicht auf die Straße, sondern von der Straße auf die Landschaft.

Entfernungen, die auf der Grand Tour in mehreren Tagen zurückgelegt wurden, sind heute in wenigen Stunden durcheilt. Die Autobahn lässt den Raum schrumpfen. Dabei sind die Routen, denen die antiken Handelswege zugrunde liegen, weitgehend die gleichen geblieben. Die Fotografin Sue Barr, die an der Architectural Association in London unterrichtet, ist ihnen mit der Großbildkamera von den Alpen bis nach Neapel gefolgt.

Autobahnen sind Eingriffe in die Landschaft, nicht selten Angriffe auf sie. Was unter ihren Brücken steht, wird überfahren und - übergangen. Wer etwa auf der A15, der Autostrada della Cisa, die, benannt nach dem Pass, von Parma über den Apennin nach La Spezia führt, eine der wenigen Ausfahrten nimmt, gerät auf die Kriechspur. Er trifft auf kleine Dörfer, die, halb entvölkert, vom Tempo der Autobahn abgehängt wurden, und braucht bis zur nächsten Auffahrt etwa so lange wie für die ganze Strecke, die 97 Viadukte und siebzehn Tunnel beschleunigen.

Sue Barr hat die Autostrade verlassen, um sie von außen und von unten aufzunehmen. Um zu sehen, was wir, wenn wir darauf unterwegs sind, nicht oder nur stellenweise sehen. Durch schroffe Täler und bewaldete Berge, an Felswänden entlang und über Passstraßen hinweg ist sie ihnen bis in das Dickicht der Städte gefolgt. Monströs und maßstabsbrechend sind diese Verkehrsadern. Neue Formen des Erhabenen. Was sie überqueren, wird verschattet, entwertet, ruiniert, begraben: Straßen, Kreuzungen, Plätze, mehrstöckige Häuser, Hinterhöfe, Gärten, Treppen, andere Brücken. Autos, für die sie gebaut wurden, sind nur wenige zu sehen; Menschen, die sie nutzen oder darunter wohnen, muss man suchen. Orte, die Unorte wurden.

Als Konstruktionen der Ingenieurbaukunst, die sie auch sind, werden diese Brücken kaum wahrgenommen. Symbolkraft gewinnen sie selten. Es sei denn, sie stürzen ein wie die Morandi-Brücke in Genua, von der Sue Barr in ihrem Buch "The Architecture of Transit" zwei Ansichten zeigt, die vor dem Unglück am 14. August 2018 entstanden sind. Zu entnehmen ist das dem Nachwort, da die Werkliste nur die Namen der Straßen und nicht auch der Orte nennt. Auch ohne diese geographischen Angaben ist dieser Italien-Bildband ein origineller Beitrag zur Landeskunde.

"The Architecture of Transit: Searching for the Sublime in Motorway Architecture between the Alps and Naples" von Sue Barr (Fotografien), mit Essays von Davide Papotti und David Heathcote, deutsch, englisch und italienisch. Hartmann Projects, Stuttgart 2019, 106 Seiten, zahlreiche Farbfotos. Gebunden, 34 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.06.2019

REISEBUCH
Mandalas
aus
Beton
Sue Barr fotografiert
italienische Autobahnen
von unten
In den Pfingstferien sind wieder alle Autobahnen verstopft. Speziell in Italien. Auf Sue Barrs Autobahn-Fotografien, aufgenommen zwischen Brenner und Neapel, sieht man indessen so gut wie keine Fahrzeuge. Wenn, sind sie im Schatten der Viadukte geparkt. Denn die Britin hat eine ungewohnte Perspektive gewählt: die von unten. Kurioserweise hat sie für ihre Aufnahmen einige Irrfahrten zurückgelegt. Es ist offenbar nicht einfach, nahe an die Autobahnen heranzukommen.
Davide Papotti beschreibt in seinem Vorwort zu Sue Barrs Fotoband „The Architecture of Transit“, wie sich die Perspektive in der Kartografie gewandelt hat. Im 16. und 17. Jahrhundert steht die Topografie der Landschaft im Mittelpunkt, heutzutage ist es das Straßennetz. Barr bringt beides wieder zusammen, indem sie die Verkehrsinfrastruktur in Beziehung setzt zu der Landschaft, in der sie errichtet worden ist – wobei die Erbauer des Schnellstraßennetzes wenig Rücksicht nehmen auf geografische Gegebenheiten.
Es ist eine schwierige Beziehung, nicht selten verstellen die Betonkonstruktionen den Blick. Da bietet auch der Blick von unten keinen Ausweg im Vergleich zu den konventionellen Perspektiven: Besieht man sich ein Straßennetz auf einer Karte, um eine Route festzulegen, also von oben, sieht man nur die Transitstrecken. Befindet man sich dann auf ihnen, sind Panoramablicke oft durch Sichtblenden verbarrikadiert.
Auf Barrs Bildern gehen die Autobahnen auch keine Symbiose ein mit der umgebenden Natur oder Stadtlandschaft. Sie bleiben Fremdkörper, unnahbar, in der Streckenführung nicht immer zu enträtseln. Papotti hat die Assoziation, dass die Streben und Kreisbögen gewaltige Mandalas bilden. Die Pfeiler und Fahrbahn-Unterseiten haben etwas Trutziges, sind zugleich filigran. Und fragil, wie seit dem Einsturz der Morandi-Brücke in Genua gewiss ist. Darauf verweist Davide Papotti, und man hat es immer im Gedächtnis, wenn man Barrs Fotografien betrachtet.
STEFAN FISCHER
Sue Barr: The Architecture of Transit. Hartmann Books, Stuttgart 2019. 106 Seiten, 34 Euro.
Die alte Strada Nazionale 2, heute SS 10, ist eine der wenigen langen West-Ost-Verbindungen Italiens,
die Viale Olga Silvestri in Neapel kauert sich unter die Stadtautobahn.
Fotos: Sue Barr
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