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Am Ende des Zweiten Weltkrieges mussten im Zuge von Flucht und Vertrei-bung aus den bisherigen Ostprovinzen des Deutschen Reiches beziehungsweise aus ost- und ostmitteleuropäischen Siedlungsgebieten mit deutscher Bevölkerung rund 14 Millionen Menschen ihre angestammte Heimat verlassen. Es handelt sich nach wie vor um die größte (Zwangs-)Wanderung der Geschichte überhaupt. Der vorliegende Band versammelt individuelle Zeugnisse von Menschen, die das Geschehen seit 1944/45 selbst miterlebt und miterlitten haben, und die am Ende ihres 'weiten Weges nach Westen' in Nordrhein-Westfalen ankamen. Die…mehr

Produktbeschreibung
Am Ende des Zweiten Weltkrieges mussten im Zuge von Flucht und Vertrei-bung aus den bisherigen Ostprovinzen des Deutschen Reiches beziehungsweise aus ost- und ostmitteleuropäischen Siedlungsgebieten mit deutscher Bevölkerung rund 14 Millionen Menschen ihre angestammte Heimat verlassen. Es handelt sich nach wie vor um die größte (Zwangs-)Wanderung der Geschichte überhaupt. Der vorliegende Band versammelt individuelle Zeugnisse von Menschen, die das Geschehen seit 1944/45 selbst miterlebt und miterlitten haben, und die am Ende ihres 'weiten Weges nach Westen' in Nordrhein-Westfalen ankamen. Die Texte berichten von Heimatverlust und ungewolltem Aufbruch, aber auch von Ankunft und Neuanfang. Flucht und Vertreibung aus dem Osten am Ende des Zweiten Weltkrieges haben in den letzten Jahren im 'kollektiven Gedächtnis' der Deutschen einen anderen Stellenwert erhalten als dies zuvor jahrzehntelang der Fall gewesen ist. Dazu hat der politische Umbruch in Ost- und Ostmitteleuropa beigetragen, der auch einen freieren Diskurs über kontroverse Themen der gemeinsamen Vergangenheit mit unseren Nachbarn ermöglicht hat. Wenngleich nach wie vor über Ursachen, Verantwortlichkeiten und Bewer-tungen gestritten wird, ist doch das lange geltende Tabu hinsichtlich der Vertreibung aufgebrochen. Die anhaltende Debatte über die angemessene Form der Errichtung eines 'sichtbaren Zeichens' zur Erinnerung an das Schicksal der Vertriebenen zeugt einerseits von der anhaltenden Schwierigkeit des Themas, andererseits ist der feststehende Beschluss der Bundesregierung zu dessen Schaffung auch Beleg dafür, dass dieses Thema nicht mehr verdrängt werden kann. Die Autorinnen und Autoren des vorliegenden Bandes berichten von ihren eigenen Erfahrungen - sie gehören noch der 'Erlebnisgeneration' an, wenn sie auch zum Zeitpunkt des Geschehens noch sehr jung waren. Ihre damalige Perspektive war die von Kindern und Jugendlichen, daher richten sich ihre Zeugnisse insbesondere auch an die junge Generation von heute, die dafür sensibilisiert werden soll, was es für Menschen in ihrem Alter damals hieß, unter meist chaotischen Bedingungen und in großer Not fort und in einer ganz fremden neuen Umgebung neu anfangen zu müssen.
Autorenporträt
Winfrid Halder, geboren 1962 in Dinslaken, Studium der Geschichte und Politik, 1992 Promotion, 1999 Habilitation. Wissenschaftlicher Oberassistent und PD an der TU Dresden. Zahlreiche Buchveröffentlichungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2009

Ein Wunder
Vertriebenenintegration

Wenn die Bundesrepublik ihren 60. Geburtstag feiert, so gehören in diesen Kontext auch die Flüchtlinge und Vertriebenen, die zum sogenannten Wirtschaftswunder einen kaum zu überschätzenden Beitrag geleistet haben. Zirka 8 Millionen waren es 1950, etwa 1,3 Millionen fanden in Nordrhein-Westfalen Aufnahme, das entsprach etwa 10 Prozent der Bevölkerung dort. Bis 1970 stieg dieser Anteil weiter auf 2,4 Millionen Menschen (knapp 15 Prozent) - daher darf NRW für sich in Anspruch nehmen, in absoluten Zahlen die meisten Vertriebenen integriert zu haben. Die versammelten Beiträge, denen eine sehr gelungene Einleitung vorangestellt ist, sind insofern keine üblichen Erlebnisberichte von Zeitzeugen, als sie von solchen Vertretern der Erlebnisgeneration verfasst wurden, die im weitesten Sinne der "schreibenden Zunft" angehören. Zwei Autoren, Hans-Ulrich Treichel und Petra Reski, sind bereits in Westdeutschland geboren. Ihre Erinnerungen beschäftigen sich mit der Last, Nachkommen von Vertriebenen zu sein, also mit den letztlich vergeblichen Versuchen der Distanzierung von beziehungsweise der Selbstimmunisierung gegen die Vergangenheit. "Ich weiß, dass man doch vermissen kann, was man nie gekannt hat", schließt Frau Reski ihren Bericht.

Viel ist von den Schwierigkeiten der Integration in die westliche Aufnahmegesellschaft die Rede, die anfangs keine Erfolgsgeschichte war. Nachdenklich stimmt der Beitrag des 1929 geborenen Banater Schwaben Franz Heinz, der - obgleich er als deutschsprachiger Kulturredakteur in Rumänien in gewisser Weise zu den Privilegierten gehörte - 1976 seine Heimat verließ: "Wir gaben eine Heimat preis, die nicht mehr nach unserem Sinn war. Das ist wenig rühmlich, aber ich glaube, dass auch die Aufgabe von Heimat ein Menschenrecht sein kann." Häufig kann man feststellen, dass das Wissen der heutigen Deutschen über den früheren deutschen Osten sowie Flucht, Vertreibung und Vertriebenenintegration sehr gering ist. Dieser Band ist geeignet, als "erste Hilfe" hier Abhilfe zu leisten.

MATTHIAS STICKLER

Winfried Halder/Michael Serrer (Herausgeber): Der weite Weg gen Westen. Geflohen - vertrieben - angekommen an Rhein und Ruhr. Ferdinand Schöningh Verlag, Paderborn 2008. 187 S., 18,90 [Euro].

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