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Tan Siekmann war eine der schillerndsten Figuren in der Boomzeit des Neuen Marktes in Deutschland. Er galt als der deutsche Bill Gates. Mit seiner Firma Biodata erlebte er einen kometenhaften Aufstieg. Weltmarktführerschaft war sein Ziel. Internationale Fernsehsender rissen sich um Interviews, Politiker ließen sich gern mit dem Börsenwunderkind ablichten, Investmentbanker rannten ihm die Tür ein. Kurze Zeit später war Biodata insolvent. WELTMARKTFÜHRER porträtiert den Konzernchef und Idealisten Siekmann, dessen wechselvolle Karriere exemplarisch für den Zusammenbruch der New Economy in…mehr

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Produktbeschreibung
Tan Siekmann war eine der schillerndsten Figuren in der Boomzeit des Neuen Marktes in Deutschland. Er galt als der deutsche Bill Gates. Mit seiner Firma Biodata erlebte er einen kometenhaften Aufstieg. Weltmarktführerschaft war sein Ziel. Internationale Fernsehsender rissen sich um Interviews, Politiker ließen sich gern mit dem Börsenwunderkind ablichten, Investmentbanker rannten ihm die Tür ein. Kurze Zeit später war Biodata insolvent. WELTMARKTFÜHRER porträtiert den Konzernchef und Idealisten Siekmann, dessen wechselvolle Karriere exemplarisch für den Zusammenbruch der New Economy in Deutschland steht.

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kinotrailer - Trailer von anderen Filmen - Kapitel- / Szenenanwahl - Animiertes DVD-Menü - DVD-Menü mit Soundeffekten - Dokumentation "Gestatten Bestatter - Der Insolvenzverwalter Fritz Westhelle"
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.02.2005

Noch immer tiefe Wunden
"Weltmarktführer" erzählt die Geschichte der New Economy neu

Es war ein außergewöhnlicher Filmstart. Nicht nur Regisseur Klaus Stern war dabei, als am Donnerstag abend im Frankfurter Kino "Mal seh'n" der Film "Weltmarktführer" anlief, der den Aufstieg und Fall des schillernden hessischen New-Economy-Unternehmers Tan Siekmann erzählt. Nein, die halbe Mannschaft von Siekmanns früherer Firma Biodata AG war angerückt, darunter sein damaliger zweiter Mann. Und einige Aktionäre, die mit Biodata-Papieren viel Geld verloren hatten. Ihnen hat die Filmverleihgesellschaft Realfiction für die gesamte Laufzeit freien Eintritt zugesagt, wenn sie ihre Aktien mitbringen. Schon während des Films gab es Zwischenrufe, und spätestens die anschließende Diskussion zeigte: Der Zusammenbruch der New Economy hat bis heute tiefe Wunden in der Gesellschaft hinterlassen. Es scheint fast, als ob die allgemeine Verzagtheit der Deutschen in wirtschaftlichen Fragen erst dann ganz überwunden werden kann, wenn die Erfahrung der Diskreditierung des Wagemuts, wie sie der Zusammenbruch der New Economy bewirkt hat, Geschichte wird.

Tan Siekmann galt als deutscher Bill Gates, der zwar nicht in einer Garage, aber im Gartenhaus seiner Eltern angefangen hatte. Der heute 37 Jahre alte Unternehmer war im Jahr 2000 mit seiner Biodata AG, die "Firewalls" zum Schutz von Computersystemen herstellte, an die Börse gegangen. Firmensitz war Burg Lichtenfels bei Korbach in Nordhessen. Er strebte an, "Weltmarktführer" zu werden, daher der Filmtitel. In der Boomzeit hatte Biodata 350 Mitarbeiter und war an der Börse zwei Milliarden Euro wert, mehr als der Baukonzern Hochtief. Doch der Zusammenbruch kam ebenso gründlich. Das Unternehmen wurde insolvent. Die Aktien, zuvor von 45 auf 439 Euro geklettert, wurden nahezu wertlos. Im Dezember vorigen Jahres hat die Staatsanwaltschaft gegen Siekmann Anklage erhoben, unter anderem wegen Bilanzverschleierung. Wie bei anderen Börsenneulingen auch sollen Aufträge vorgegaukelt worden sein - weil die Börse Erfolgsmeldungen brauchte und die Verantwortlichen jeden Realitätssinn verloren hatten.

Die Bilder, die Klaus Stern (Jahrgang 1968) zeigt, schwanken stark zwischen Nähe und Distanz. Sie zeigen Siekmann, der offenbar eitel genug war, mitzumachen, wie er im Privatflugzeug über Nordhessen kreist. Er soll sogar erwogen haben, ein russisches Jagdflugzeug zu kaufen. Im Porsche fährt er seinen alten Schulweg noch einmal ab. Man sieht ihn nach dem Start der Aktie auf dem Frankfurter Börsenparkett taumeln und amerikanischen Fernsehsendern auf englisch erklären, wie leicht Wachstum geht. Man hört aber auch den Insolvenzverwalter der Biodata, der sich später erstaunt zeigt, wie eine Belegschaft von einem Mann so begeistert gewesen sein konnte, daß sie am Schluß sieben Monate ohne Gehalt arbeitete und gleichsam als Running Gag des Managements die Ankündigung eines Millionenauftrags aus Malaysia ertrug. "An echtem Geschäft gab es bei Biodata nicht mehr als in meiner kleinen Anwaltskanzlei hier", sagt er trocken. Der Film zeigt aber auch das Stehaufmännchen Siekmann, der nach der Insolvenz Teile seiner Firma zurückkaufte, wieder pleite ging und immer wieder neu anfing, bis heute.

Zwei Schwächen hat der Film, die zugleich seine Stärken sind, weil sie zum Nachdenken anregen. Der Film verrät nichts über Schuld. Er zeigt Siekmann, gegen den immerhin ermittelt wird, als großes Kind, als Wagemutigen, vielleicht auch als ein wenig Verrückten. Börsenmoderator Frank Lehmann vom HR taucht auf, als Symbol für die beteiligten Medien. Sogar Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wird gezeigt, wie er bei einem Firmenbesuch in jenen Tagen Siekmanns Solidität lobt und hinzufügt, von solchen Zukunftsunternehmern brauche Nordhessen mehr. Aber wer ist der Verantwortliche, wenn man die Kleinanleger vom Land erfolglos vor Gericht ziehen sieht, die 40 000 Euro verloren haben und Siekmann am liebsten aus seinem Porsche gezerrt hätten?

Und der Film verrät nichts darüber, ob eigentlich das Produkt der Firma etwas taugte. Die Kästen mit Kabeln, die immer wiederauftauchen, scheinen zumindest nicht in dem Maße ihren Markt gefunden zu haben, wie Siekmann und die kuschelige Firmenfamilie das gehofft hatten. Aber vielleicht war ja auch das ein wichtiger Teil des Wesens der New Economy: daß man von den vielen neuen Erfindungen wenig verstehen konnte - und Glaube oder Nichtglaube an die Stelle von ruhigem Prüfen-Können traten.

CHRISTIAN SIEDENBIEDEL.

Der Film "Weltmarktführer" läuft im "Mal seh'n", Adlerflychtstraße 6 in Frankfurt, noch bis Mittwoch täglich um 22 Uhr, heute und morgen außerdem auch um 18 Uhr.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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