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Der Job seines Lebens - Teil 2
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Am liebsten würde Erwin Strunz (Wolfgang Stumph) sich nur um seine geliebten Süßkartoffeln kümmern. Doch ein Anruf vom Arbeitsamt reißt den arbeitslosen Werkzeugmacher, der mit Gattin Erika (Katharina Thalbach) in der Laube seines Schrebergartens wohnt, jäh aus dem Idyll: Strunz lebt von der Stütze und muss daher jeden "zumutbaren" Job annehmen - auch den des Landesvaters. Denn drei Wochen vor der Wahl musste Ministerpräsident Uwe Achimsen (ebenfalls Wolfgang Stumph) mit Verdacht auf Herzinfarkt in die Klinik. Seine Gattin Heide (Katja Riemann) und Minister Feddersen (Götz Schubert) haben die…mehr

Produktbeschreibung
Am liebsten würde Erwin Strunz (Wolfgang Stumph) sich nur um seine geliebten Süßkartoffeln kümmern. Doch ein Anruf vom Arbeitsamt reißt den arbeitslosen Werkzeugmacher, der mit Gattin Erika (Katharina Thalbach) in der Laube seines Schrebergartens wohnt, jäh aus dem Idyll: Strunz lebt von der Stütze und muss daher jeden "zumutbaren" Job annehmen - auch den des Landesvaters. Denn drei Wochen vor der Wahl musste Ministerpräsident Uwe Achimsen (ebenfalls Wolfgang Stumph) mit Verdacht auf Herzinfarkt in die Klinik. Seine Gattin Heide (Katja Riemann) und Minister Feddersen (Götz Schubert) haben die geniale Idee, Achimsens geheimen Doppelgänger Strunz zu reaktivieren - schließlich hat der schon eine gewisse Erfahrung im Regierungshandwerk.

Kleider machen Leute, und so ist Strunz in Achimsens Nadelstreifenanzug äußerlich nicht von einem Vollblutpolitiker zu unterscheiden. Doch gleich in seiner ersten Ansprache verblüfft der passionierte Schrebergärtner die Fraktion mit einem neuen Speiseplan: Süßkartoffeln gehört die Zukunft. Wie schon in seiner ersten Mission nutzt der arbeitslose Strunz die Chance, in die Politik einzugreifen, und zwar im Sinne der kleinen Leute, deren Interessen er von den Schreibtischtätern und Lobbyisten grob vernachlässigt sieht. Als Strunz auch noch im TV-Rededuell den angriffslustigen politischen Gegner Heinz Buber (Holger Daemgen) als Produzent von Sprechblasen entlarvt, und den Bau der ungeliebten Flughafen-Startbahn abbläst, liegt er in den Umfragen vorn. Nicht ganz so gut ergeht es dem echten Ministerpräsidenten, der zur Tarnung in Strunz Rolle schlüpft und so im Krankenhaus die Behandlung eines normalen Kassenpatienten über sich ergehen lassen muss ...

Bonusmaterial

DVD-Ausstattung / Bonusmaterial: - Kapitel- / Szenenanwahl - Biographie von Wolfgang Stumph - Filmografien
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.2008

Sechs Frösche aus einem Mund
Der lange Weg des italienischen Nachkriegsfilms: Eine Retrospektive in Venedig

VENEDIG, im September

Ein Paar flaniert zu Debussy-Klängen durch die Gassen Venedigs, auf dem Canal Grande findet gerade die historische Regatta statt. Dann sieht man die beiden auf dem Lido, der - es ist das Jahr 1962 - menschenleer und großzügig aussieht. Sie wohnen im "Hotel des Bains", wo der "Tod in Venedig" spielte, man sieht sie frühstücken, am Strand sitzen, baden, scherzen. Sie wirken wie Frischverliebte, doch bei dem innigen Paar in dieser ersten Viertelstunde des Films handelt es sich um Mutter und Sohn.

Mauro Bologninis "Agostino" spielt genau an den Lido-Stränden, wo die Filmfestspiele stattfinden, und war die größte Entdeckung der diesjährigen Retrospektive. Unter dem Titel "Questi fantasmi" - "diese Phantome" - versammelte sie rund dreißig von der Öffentlichkeit vergessene, selten gezeigte und nur noch Spezialisten bekannte italienische Filme aus den Jahren 1946 bis 1975. Dass diese Filme keine Gegengeschichte zur bisherigen Sicht aufs italienische Nachkriegskino darstellen, dass es eher um eine Parallelgeschichte als um Anti-Neorealismus ging, zeigte sich schon daran, dass bekannte Namen einbezogen waren. Es gab eine Dokumentation über Antonioni und ein dreiviertelstündiges Gespräch, das Rossellini mit Chiles Präsident Salvador Allende geführt hat - bemerkenswert, weil hier deutlich wurde, wie sich die Linke um 1970 verzweifelt um einen dritten Weg zwischen dem Terror rechter Juntas und dem der Guerrilleros bemühte, die das kubanische Modell auf Südamerika übertragen wollten. Weil man heute weiß, wie der Konflikt für Allende und Chile ausging, ist der Film vor allem eine traurige Erfahrung.

Restauriert wurden "Der weiße Scheich" (1952) von Fellini und vor allem Pier Paolo Pasolinis "La rabbia" (1963), der Versuch eines poetischen Essayfilms über Politik, der den Eingriffen des Produzenten zum Opfer fiel. Noch in ihrer Fragmentierung entfaltete die Rekonstruktion ungemeine Kraft und frechen Charme, die man im italienischen Gegenwartskino meist vergebens sucht. Schlüsselmoment und Höhepunkt des italienischen Nachkriegskinos, das suggerierte jedenfalls diese Filmauswahl, waren die Jahre 1962/63. Hier entstanden fast gleichzeitig die beiden Kollektivdokumentationen "I misteri di Roma" und "Italia proibita". Während Letztere ironisch politisch-soziale Vorgänge wie die traditionelle Nord-Süd-Feindschaft oder den seinerzeit noch verbreiteten Analphabetismus kritisch zuspitzt und die damaligen Hundertjahrfeiern Italiens sarkastisch kommentiert, nahm sich "I misteri di Roma" Walter Ruttmanns Berlin-Film zum Vorbild und beschreibt chronologisch Facetten eines "ganz normalen Tages" in Rom. Arbeiter schimpfen über ihre Arbeitsbedingungen, durch Blindgänger und Minen nachträglich kriegsversehrte Kinder spielen im Heim, eine versteckte Kamera beobachtet Liebespaare im Park - Bilder von einer unmittelbaren Frische, die die Zeiten überdauert hat.

Wie das Spielfilmpendant dazu wirkt Ermanno Olmis "Il posto". Ein junger Mann bewirbt sich für eine feste Stelle. In der Mittagspause trifft er ein Mädchen, das sich ebenfalls bewirbt, sie trinken Kaffee, gehen durch die Stadt, vergessen die Zeit und unterhalten sich. Kleine Leute, kleine Hoffnungen. Als beide eine Stelle bekommen, scheint alles auf Happy End und Harmonie zuzulaufen. Doch der junge Mann trifft das Mädchen in der Riesenfirma nur einmal flüchtig wieder, und der triste Arbeitsalltag ödet ihn schnell an.

Von der Einsamkeit des modernen Lebens handelt auch der ganz anders geartete, ebenfalls 1962 entstandene "Smog" von Franco Rossi. Fern an "Homo Faber" erinnernd, geht es um einen nüchternen Technokraten aus Mailand, den es für einen Tag nach Los Angeles verschlägt. Des Englischen kaum mächtig, trifft er zu seinem Glück eine Gruppe von ausgewanderten jungen Italienern, mit denen er die Zeit bis zum nächsten Morgen totschlägt. Das alte Europa trifft auf das neue Amerika zu einer Zeit, als man sich noch unvoreingenommen dafür begeistern konnte. Man redet über Nachkriegsideen und -hoffnungen, und in den Erzählungen der Emigranten erscheinen die Vereinigten Staaten gegenüber einem schon wieder erstarrten Italien als Ort der Gleichheit, der Chancen und der Leichtigkeit des Lebens. Vor allem aber wird hier, untermalt von melancholischer Saxophonmusik, eine faszinierende Objektwelt entfaltet aus Werbung, Konsum und hypermoderner Architektur. Als Beatrice in diesem Inferno der Moderne fungiert Annie Girardot, die hier so schön und tief aussieht, wie man sie nie wieder auf der Leinwand sah.

Ebenfalls eine kleine Sensation ist Raffaele Andreassis "Flashback", einer der puristischsten Filme im Programm. Er erzählt von einem deutschen Soldaten, der 1944 während einer Schlacht in der Toskana auf einem Baum Stellung bezieht. Am nächsten Morgen ist die Schlacht vorbei und er allein in menschenleerer Gegend. Allmählich erkundet er die Umgebung, genießt die unerwartete Freiheit, geht im Fluss baden, durchstreift ein leerstehendes Dorf und erinnert sich an unschuldige Zeiten vor dem Krieg. Allerdings kehrt bald auch die Erinnerung an eigene oder beobachtete Kriegsverbrechen zurück, und am Ende kann die Geschichte nicht gut ausgehen. Zuvor aber ist "Flashback", der 1968 im Cannes-Wettbewerb lief, die bezaubernde Schilderung lauter letzter Tage, ein naturgemäß fast ohne Dialog, nur in inneren Monolog erzähltes minimalistisches Stück über Einsamkeit und eine Art modernen Robinson.

Nahezu das Gegenteil ist Giulio Questis "Arcana" (1972). Diese ödipale Mutter-Sohn-Geschichte ist schon deshalb bemerkenswert, weil Lucia Bosé, Star der ersten Filme Antonionis, hier einen ihrer ganz seltenen späten Auftritte hat: als moderne Hexe, die ihr Geld mit spiritistischen Sitzungen verdient. In einer fantastisch befremdenden Szene entsteigen Bosés Mund nicht weniger als sechs Frösche - alles ungeschnitten und von der Darstellerin mit ungerührtem Gesichtsausdruck hingenommen. Der Film markiert den endgültigen Einbruch der B-Movies ins Autorenkino und erscheint aus heutiger Sicht als überraschend präzises Porträt einer Gesellschaft am Rand des Zusammenbruchs, eben Italien kurz vor den "Jahren des Bleis".

Unübertroffen aber bleibt "Agostino". Ingrid Thulin spielt die verwitwete Mutter. Als sie eine Sommeraffäre anfängt, entfremdet sich ihr der Sohn und kommt in Kontakt zu den Fischerjungen am Ort. Bolognini hat eine Vorlage von Alberto Moravia an einen zeitlosen Lido verpflanzt: Ein zartes Großbürgerkind, das Goethe zitiert, trifft voller Faszination und zugleich Erschrecken auf kräftige, halbnackte Proletarier, die Thomas-Mann-Welt auf die Welt von Pasolini. Geschickt vermeidet Bolognini das Melodram, und hinter dem Jüngling, der sich seiner Herkunft entfremdet, ohne mit ihr zu brechen, lässt sich schon die Revolte erahnen, die ein paar Jahre später Europa erschütterte.

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