D. Olaf Schmalstieg
Via Scimiana di Sopra 21
CH – 6576 Gerra Gambarogno
Rezension
„Aus dem Schatten ins Licht“
Holger Banses Buch mit den Briefen von Namenlosen und
Liebenden aus der Bibel (2017)
Für eine kreative Verarbeitung des Reformationsjubiäums ist dieses Buch der Briefe eine
erfreuliche Grundlage. Es gibt Anregungen zu einer Bibellektüre aus der ungewohnten Sicht der…mehrD. Olaf Schmalstieg
Via Scimiana di Sopra 21
CH – 6576 Gerra Gambarogno
Rezension
„Aus dem Schatten ins Licht“
Holger Banses Buch mit den Briefen von Namenlosen und
Liebenden aus der Bibel (2017)
Für eine kreative Verarbeitung des Reformationsjubiäums ist dieses Buch der Briefe eine erfreuliche Grundlage. Es gibt Anregungen zu einer Bibellektüre aus der ungewohnten Sicht der Kommunikation biblischer Personen, teils bekannter, aber auch unbekannter. Dass auch nach den Erleuchtungen der Reformation vieles Biblische eher im Dunkeln bleibt und auf Erklärungen wartet ist das Motiv für den Autor, hier nach mehr Helligkeit zu suchen.
Die "ungeschriebenen" Briefe rücken einerseits biblische Texte und Personen, die sonst eher im Schatten bleiben, ins Licht, in eine neue Lebendigkeit und ein aktuelles Verstehen von Schuld, Verstrickung und Befreiung. Die kommunizierenden Personen sind: Eva und Adam, Hagar und Sara, Moses und Mirjam, Rut und Noomi, die Königin von Saba, Hiob, Lazarus, der geheilte Gelähmte, Petrus, Maria und andere. Im Grunde geht es in der Textform der Briefe darum, die Intensität und Verletzlichkeit der Beziehungen neu zu verstehen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Liebe und das Glück, das der Mensch haben kann. Die Briefe erweisen sich als ein Medium der Entdeckung zahlreicher Elemente in den menschlichen Beziehungen, die sonst verborgen bleiben. Adam entdeckt seine Schuld gegenüber Eva, er hat immer nur sie als die schuldige Frau angegriffen und sieht jetzt seine eigene Schuld ein. Lydias Brief an Paulus deckt dessen Frauenfeindlichkeit auf, die dem Leben und der Botschaft Jesu überhaupt nicht entspricht. Brüderlichkeit ist das Thema des "Verlorenen Sohns" an seinen unbekannten Bruder.
Alle Texte des Buches versuchen, die Predigt als reformorischen Schwerpunkt der Bibelauslegung durch andere Formen und Methoden zu erweitern, sogar zu ersetzen. Ein geradezu ironischer Beitrag zur Überbewertung der pfarrherrlichen Gewichtung regelmässiger Sonntagspredigten ist der letzte Brief des Buches, den der Autor an die unbekannte Anna schreibt: über die endlose Wiederholung derselben Predigt durch einen Pfarrer, die niemand in der Gemeinde stört. Ergänzt werden die Briefe durch zahlreiche Gedichte und am Schluss durch auslegerische Überlegungen zu den Namen Gottes und der Namenlosen.
Das Buch korrigiert die schattige Männlichkeit in der bisherigen Theologie durch die Thematisierung des Lichts im femininen Engagement der Bibel.
D. O. Schmalstieg