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Seit 9/11 ist die Interpretation der Weltgeschichte und Weltpolitik aus einem endzeitlichen Verständnis heraus zu etwas Selbstverständlichen geworden. Nach einer Umfrage von TIME/CNN sind 59 % aller US-Bürger davon überzeugt: Wir leben in einer Epoche, in der sich die Prophezeiungen aus der Johannesoffenbarung erfüllen. Die Washington Post spricht von einem aufkommenden Zeitalter der Apokalypse und resümiert: Vor zehn Jahren lasen wir Professor Francis Fukuyamas Essay und toasteten auf das Ende der Geschichte. Dann folgte Professor Samuel Huntingtons Nachdenken über den Kampf der Kulturen.…mehr

Produktbeschreibung
Seit 9/11 ist die Interpretation der Weltgeschichte und Weltpolitik aus einem endzeitlichen Verständnis heraus zu etwas Selbstverständlichen geworden. Nach einer Umfrage von TIME/CNN sind 59 % aller US-Bürger davon überzeugt: Wir leben in einer Epoche, in der sich die Prophezeiungen aus der Johannesoffenbarung erfüllen. Die Washington Post spricht von einem aufkommenden Zeitalter der Apokalypse und resümiert: Vor zehn Jahren lasen wir Professor Francis Fukuyamas Essay und toasteten auf das Ende der Geschichte. Dann folgte Professor Samuel Huntingtons Nachdenken über den Kampf der Kulturen. Jetzt ist es schlimmer: Wir werden ermahnt, uns nicht nur Sorgen über den Kampf der Kulturen zu machen, sondern über das Ende der Zivilisation, wie wir sie kennen, ja vielleicht über das Ende der Welt selber. Der grassierende apokalyptische Wahn und die damit verbundene messianische Heilserwartung sind jedoch keineswegs eine rein amerikanische Krankheit, sondern zu einer globalen Kulturströmung geworden.
Anhand einer Fülle von spektakulärem Faktenmaterial weisen V. und V. Trimondi in ihrem neuen und herausfordernden Buch nach, wie extremistische Kleriker, hoch dotierte Schriftsteller, Terroristenchefs und radikale Politiker ihre Legitimation für einen Krieg der Religionen aus der apokalyptisch-messianischen Prophetenliteratur ihres jeweiligen Glaubens ableiten.
Sie dokumentieren, untersuchen und bewerten die Geschichte, die Werte-Diskussion, die Theokratie-Debatte, die kriegerische Theologie und die Machtpolitik der Christlichen Rechten in Amerika. Sie zeigen, wie die militärischen Konflikte im Nahen und Mittleren Osten von radikalen Vertretern al-ler drei monotheistischen Religionen eine apokalyptisch-messianische Deutung erfahren.
Autorenporträt
Freier Schriftsteller, Kulturologe, Jurist, Verleger, Kulturveranstalter, Gründer und Leiter des legendären Trikon-Verlages, später Dianus-Trikont-Verlag. Seine Tätigkeit war eng mit der 68er-Bewegung verbunden, in den 1980er-Jahren mit dem interkulturellen und interreligiösen Dialog. Forschungsprojekte und Publikationen zum Verhältnis von Mythos, Mystik, Geschichte und Politik und zu den Ursachen für den "Kampf der Kulturen". Letzte Buchpublikation: "Der Schatten des Dalai Lama - Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus".

Geboren in einer Künstlerfamilie. Ausbildung als Geigerin. Studium der Geschichte und Kunstgeschichte. Rezitationsauftritte im Wiener Konzerthaus unter Friedrich Cerha, künstlerische Moderation vom Wiener Strauß-Orchester. In den 1980er-Jahren interkulturelle Aktivitäten. Seit 1986 intensive Theologie-, Mythologie und religionswissenschaftliche Studien. Gemeinsame Forschungsprojekte, Vorträge und Publikationen mit ihrem Mann Victor Trimondi. Co-Autorin von "Der Schatten des Dalai Lama".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2006

Opium der Völker
Für Victor und Victoria Trimondi sind die Religionen gefährliche Gewaltproduzenten

Das Ehepaar Trimondi hat 1990 die "Interkulturelle Gesellschaft für kreative Symbolforschung" gegründet - die Adjektive können ruhig auch schon einmal vertauscht werden -, und unter diesem Dach führen sie interkulturkritische Feldzüge gegen ihre eigene spirituelle Vergangenheit. Und das kam so: In seiner von ihm selbst so bezeichneten "revolutionären Phase" als Leiter des Trikont- (nicht etwa: Trimondi-)Verlages publizierte Victor Trimondi Texte von Guevara, Bommi Baumann und schließlich sogar Volker Elis Pilgrims "Manifest für den freien Mann". Daß danach eine "spirituelle Phase" unumgänglich wurde, liegt auf der Hand. Aus Trikont wurde Dianus Trikont, die New-Age-Bewegung lockte, und komplementär zu Büchern aus dieser und für diese Bewegung organisierte man spektakuläre Mega-Events mit dem Dalai Lama, Carl Friedrich von Weizsäcker, Fritjof Capra und anderen Geistesgrößen.

Daß die gar zu leicht ins Poesiealbenhafte abdriftende Gemeinschaftsstimmung solcher Art Spiritualität ihn enttäuschte, ehrt den Autor. Andererseits muß man sich fragen, ob ihn die aus solcher Enttäuschung heraus entstandene "kulturkritische Phase" wirklich weitergeführt hat. Zunächst einmal negiert Trimondi, jetzt zusammen mit seiner Frau Victoria, einen großen Teil dessen, was ihm in der "spirituellen Phase" besonders wichtig war, zum Beispiel den tibetischen Buddhismus. Diese Kritik wird mit apostatischer Heftigkeit ins Allgemeine hochgeschleudert. So gut wie alle Religionen erscheinen den Trimondis nur noch als hochgefährliche Gewaltproduzenten. Aus den Basistexten aller Religionen, gleichviel ob es sich um die Bibel handelt, den Koran, die Vishnu Purana oder andere, könne man entnehmen, daß immer und überall der Weltuntergang gepredigt wird, in dessen Verlauf die Menschen zur Ehre Gottes oder der Götter einander schreckliche Taten antun oder solche erdulden müssen.

Die Trimondis nennen dies die "apokalyptische Matrix", worunter sie den in allen Religionen gemeinsamen Subtext ihrer Endzeit-Erwartung verstehen. Da geht es immer um den Kampf des Guten gegen das Böse, wobei - wie in einem Hollywood-Film - das Böse zuweilen ganz nahe am Endsieg ist, bevor dann mit einer letzten Anstrengung das Gute doch noch siegt. In diesem Kampf fließt das Blut in Strömen, das Blut der Märtyrer ebenso wie das der Bösen, die es nicht anders verdient haben. Einzelne Bücher aus dem Alten Testament, die Offenbarung des Johannes aus dem Neuen Testament, eine Menge Stellen im Koran lassen sich so als Quellen der Blutrünstigkeit lesen. Und, so die These der Trimondis, in genau diesem Sinne werden sie heute auch von vielen gelesen - mit schlimmen Folgen für das Zusammenleben der Menschen.

Es stimme einfach nicht, behaupten die Trimondis, daß der wahre Kern aller Religion friedlich, tolerant und gewaltfrei ist und jeglicher Fundamentalismus nur eine Abweichung davon. Die Weltreligionen trügen den geschichtlichen Stempel archaischer Gesellschaftsordnungen und Menschenbilder. Ihre Repräsentanten stünden deshalb vor einem höchst delikaten Problem. Sie müßten ihre Lehren im Grunde völlig neu fassen und alle gewalthaltigen Passagen aus ihren "Heiligen Schriften" entfernen. Versäumen sie das, besteht die Gefahr, daß die neuen Religionskriege die Weltkulturen zerstören. Wer in solchen Vorstellungen einen kleinen, aber scharfen apokalyptischen Unterton heraushört, braucht sich nicht erstaunt die Ohren zu reiben. Der Ambivalenz aller "großen Erzählungen", ob nun religiös oder säkular angelegt, entkommt niemand, auch nicht, wer sie entlarven will.

Das Lesemodell der Trimondis ist den "Heiligen Schriften" der jüdischen und der christlichen Religion sowie des Islams nicht angemessen. Es erstaunt schon, wenn "kreative Symbolforscher", statt einen Sinn für die Plastizität ihres Untersuchungsmaterials zu entwickeln, so tun, als ergäbe ein wortwörtliches Verständnis von Texten wie der Offenbarung des Johannes irgendeinen Sinn. Damit sind sie nicht die einzigen, die sich dieser Selbsttäuschung hingeben. Aber damit unterscheiden sie sich auch überhaupt nicht von den Gruppierungen, denen sie ihre kritische Untersuchung gewidmet haben. Der allergrößte Teil ihrer umfangreichen Studie ist dem Bibelverständnis verschiedener christlicher Gruppierungen in Nordamerika (zusammengefaßt als christliche Rechte), dem als "religiöser Zionismus" bezeichneten militanten orthodoxen Judentum und den religiösen Begründungen des politisch agierenden Islamismus gewidmet.

Was das rechts-christliche Amerika betrifft, da steigen sie tief in die leicht gruseligen Katakomben spiritueller Parallelwelten hinab. Das Welt- und Politikverständnis nimmt hier, immer auf der Basis vorgeblich wortwörtlicher Bibellektüre, die sonderbarsten Formen an. Hier wird etwa darüber diskutiert, ob George W. Bush ein militanter Messias oder der Antichrist ist. In solchen kulturellen Milieus werden apokalyptische Thriller in Millionenauflage produziert. Um die Terroranschläge vom September 2001 bildeten sich kuriose Mythologien. Es gibt Querverbindungen zu den Neokonservativen, deren Lehrmeister Leo Strauss die Trimondis allerdings nur als eine Karikatur seiner selbst präsentieren. Ferner gibt es Querverbindungen zum religiösen Zionismus, dessen militanteste Vertreter wie Meir Kahane und seine Schüler sich mit der christlichen Rechten in Nordamerika prächtig verstehen, obwohl deren Vertreter in ihren spirituellen Schubladen jede Menge Antisemitismus lagern haben.

Auch die Befürworter einer antiwestlich ausgerichteten islamischen Weltrevolution von Maulana Maududi und Sayyid Qutb bis hin zum "Kalifen von Köln" werden ausführlich vorgestellt. Das ergibt insgesamt eine wenig erbauliche Lektüre, was man aber nicht den Trimondis anlasten kann. Sie beklagen zu Recht die wachsende Popularität solcher mit religiösen Gründen direkt oder indirekt zur Gewalt in der Politik aufrufenden Schriften in Nordamerika, Israel und der arabischen Welt. Sie befürchten eine Eskalation der Gewaltbereitschaft insbesondere im Nahen Osten, aber auch generell zwischen den islamischen Gesellschaften und dem Westen.

Solche Befürchtungen und die davon abgeleiteten Warnungen soll man nicht pauschal abtun. Es ist gut zu wissen, was sich in den verschiedenen spirituellen Milieus unserer Gesellschaften diskursiv abspielt. Nur darf man das ziemlich komplexe Verhältnis zwischen solchen spirituellen Diskursen und dem sozialen und politischen Agieren der Menschen, darf man die evidenten Widersprüche zwischen Glauben, Denken und Reden (auch dem Reden mit Gott) sowie Entscheiden, Handeln und Tun aus der Analyse gerade nicht ausklammern. Die Trimondis lesen die gewaltgetränkten Sätze ihrer Gewährsleute auf ebenso naive Art wortwörtlich, wie diese ihre heiligen Texte wortwörtlich lesen. Auf diese Weise werden die Bereiche Religion und Politik schlicht zusammengelesen. Das ist gefährlich, in der Tat. Solche Implosion der Politik verhindern zu wollen, ist ein ehrenwertes Unterfangen. Aber man muß es wohl etwas anders anstellen als die Trimondis.

WILFRIED VON BREDOW

Victor und Victoria Trimondi: Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse. Wilhelm Fink Verlag, München 2006. 597 S., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.03.2006

Der Friede hängt an einem weißen Haar
Drei Gotteshäuser nebeneinander - das klingt wie ein Rezept für Mord und Totschlag. Victor und Victoria Trimondi spüren die apokalyptische Matrix der drei monotheistischen Religionen auf
Von Burkhard Müller
Wer meint, dass die drei großen monotheistischen Religionen zum Frieden raten, der träumt. Was ist Gott? Gott ist ein Hammer, lesen wir beim Propheten Jeremias. „Und ich zerschmettere mit dir Mann und Weib, und ich zerschmettere mit dir Greis und Knabe, und ich zerschmettere mit dir Jüngling und Jungfrau. Und ich zerschmettere mit dir Hirt und Herde, und ich zerschmettere mit dir Pflüger und Gespann, und ich zerschmettere mit dir Statthalter und Landpfleger.”
Das ist jüdischen Ursprungs; aber auch das Christentum lässt sich nicht lumpen. „Dann sah ich einen Engel, der in der Sonne stand. Er rief mit lauter Stimme allen Vögeln zu, die hoch am Himmel flogen: Kommt her! Versammelt euch zum großen Mahl Gottes. Fresst Fleisch von Königen, von Heerführern und von Helden, Fleisch von Pferden und ihren Reitern, Fleisch von allen, von Freien und Sklaven, von Großen und Kleinen!” So steht es in der Geheimen Offenbarung des Johannes.
Und der Prophet Mohammed spricht: „Die leichteste der Höllenstrafen trifft den, der Schuhe aus Feuer tragen muss, so dass ihm das Hirn im Schädel kocht wie das Wasser in einem Kupferkessel auf dem Herd. Er wird glauben, dass es keine schlimmere Tortur gibt, aber in Wirklichkeit ist dies die leichteste der Strafen.”
Das Buch „Krieg der Religionen. Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse” von Victor und Victoria Trimondi präsentiert sich als ein unerschöpfliches Schatzhaus der Zitate. Man mag es kaum glauben, welche Orgien aus Feuer und Blut in den drei Heiligen Schriften erscheinen und mit welcher Wut und Genugtuung sie von ihren modernen Verkündern gefeiert und eingefordert werden.
Solch unüberwindlichem Gefühl, im Recht zu sein, solch dummböser Wucht hat ein liberaler Theologe oder ein aufgeklärter Mensch schlechterdings nichts entgegenzusetzen. Wie schon Thomas Mann vor siebzig Jahren mit Bezug auf den Faschismus gesagt hat: wer etwas will, wird immer dem, der bloß etwas nicht will, an Kräften überlegen sein. Diese Prediger und Politiker, so sehr sie sich gegenseitig hassen, wollen dasselbe, sie wollen den totalen Krieg, und einer betrachtet den anderen als unentbehrliches und darum hochwillkommenes Mittel, das Weltende heraufzuführen.
Das Buch hat gewisse Schwächen. Es ist teilweise schlampig lektoriert, englische Zitate werden nachlässig übersetzt („heiliger Platz” für, mutmaßlich, holy place), der arabische Name für Jerusalem, al-Quds, ist durchgehend zu al-Ouds verschrieben, und ähnliche Dinge mehr. Das ist schade, denn es beeinträchtigt den Eindruck sorgfältiger Recherche, den man sonst gewinnt. Der größte Nachteil besteht im Umfang: nahezu 600 dicht beschriebene Seiten - zu viel für den interessierten Laien, so viel fast, dass es zur Quelle herabsinkt, aus der ein handliches Buch erst herauszuziehen wäre. Hier wird es zur Aufgabe des Rezensenten, die zentralen Aspekte eines unnötig voluminösen, aber wichtigen Werks in knapper Weise zu referieren.
1. Der gegenwärtige Weltkonflikt ist als ein „clash of cultures”, ein Krieg der Kulturen, unzulänglich beschrieben; es sind die Religionen, die übereinander herfallen. Das ist die Hauptthese.
2. Es hilft nichts, davor die Augen zu verschließen und so zu tun, als wären die Extremisten überall nur eine Randgruppe; sie bilden zunehmend den harten, energiegeladenen Kern ihrer jeweiligen Religionen.
3. Deren gemäßigte Vertreter, zum Beispiel in Deutschland die zwei großen Kirchen, täten, wenn sie Herr im eigenen Haus bleiben wollen, gut daran, sich auch und gerade mit den Abschnitten ihrer Heiligen Texte auseinanderzusetzen, die von Hass und Mord sprechen, statt Stellen, die ihnen nicht passen, zu beschweigen oder wegzuinterpretieren
4. Die „apokalyptische Matrix” hat unwiderstehliche Definitionsmacht über ihre Gegner; der aufgeklärte, säkulare Westen ist hilflos dagegen, dass er in die Rolle des „Antichrist” oder des „Großen Satan” hineingedrängt wird: das herrscht ihm der Aggressor auf, darauf muss er reagieren.
5. Die apokalyptischen Vorstellungen der drei Religionen haben sich, sosehr sie sich auf uraltes Schriftgut berufen, in einem dynamischen und überaus rasch verlaufenen Prozess ineinander zu genauer Entsprechung verzahnt, und zwar erst vor relativ kurzer Zeit.
6. Das betrifft besonders die Geografie: alle drei sind sich einig, dass der apokalyptische Endkampf im Nahen Osten, speziell im Heiligen Land stattfinden wird. Darum kann keiner dort einen Fußbreit Boden aufgeben.
7. Es sind wirklich drei und nicht zwei Parteien, die dort aufeinanderprallen werden; denn die machtvolle Unterstützung, die der Staat Israel durch die christlichen Fundamentalisten erfährt, ist im Horizont des Weltendes als ein rein taktischer Zug einzuschätzen: Alle Juden werden zum Schluss zu Christus konvertieren oder aber umkommen, was wohl heißt: ermordet werden. Das wissen Israelis und Fundamentalisten, halten es beide aber für klug, dies nicht an die große Glocke zu hängen.
8. Das Endspiel hat schon begonnen! Und zwar spätestens mit der amerikanischen Besetzung des Irak, der ganz unmittelbar mit dem alten Babylon gleichgesetzt wird, welches sich in der Tat nur wenige Kilometer von Bagdad entfernt befindet. Seither beben die drei Bekenntnisse vor Erwartung.
9. Der Antagonismus gipfelt im Jerusalemer Tempelberg; hier ist der Knopf, auf den man drücken muss, wenn man die Welt in die Luft sprengen will.
10. Aber diese Gefahr enthält auch eine Chance: Sollte es gelingen, diesen Zünder zu entschärfen, dann könnte, so aussichtslos es heute auch scheint, die Explosion der Bombe vielleicht doch unterbleiben.
11. Wie kann das geschehen, wenn alle drei Religionen unversöhnlich exklusiven Anspruch auf diese knapp zwanzig Hektar erheben? Drei Gotteshäuser nebeneinander, das klingt wie ein Rezept für Mord und Totschlag. In ein einziges werden sie nicht zusammenziehen wollen. Der Lösungsvorschlag der Autoren lautet: Legen wir dort oben einen Garten an! Alle drei Religionen sind sich einig, dass der unschuldige Anfang wie das erlöste Ende die Züge eines Gartens tragen. Warum ihn nicht hier, an der symbolisch bedeutsamsten Stelle der Erde, jetzt errichten? Dieser Vorschlag ist der originellste Beitrag des Buchs.
12. Dies würde bedeuten, dass die beiden muslimischen Heiligtümer, der Felsendom und die Al-Aksa-Moschee, zu weichen hätten; man könnte sie abtragen und ein paar hundert Meter weiter weg neu aufbauen. Wie wahrscheinlich ist es, dass die Muslims da mitspielen? Sie befinden sich im Heiligen Land in einer schwachen Position und haben eigentlich nichts in der Hand als diese beiden Gotteshäuser. Aber, geben die Autoren zu bedenken, wenn die zwei Moscheen bleiben wo sie sind, werden sie früher oder später garantiert von jüdischen, christlichen oder selbst muslimischen Terroristen in die Luft gejagt.
Einstweilen hängt das Schicksal des Nahen Ostens an einem Haar. Das ist nicht nur metaphorisch zu verstehen: Sobald es gelingt, eine in jeder Hinsicht vollkommene rote Kuh zu züchten, diese zu schlachten, zu verbrennen und aus der Asche durch Verdünnung mit Wasser eine Flüssigkeit zu gewinnen, die der Reinigung der gläubigen Juden dient, darf mit der Konstruktion des dritten jüdischen Tempels begonnen werden. Die Grundsteine sind schon geschnitten und warten im Depot. Vor einigen Jahren schien es, als wäre es so weit. Rabbi Yehuda Etzion jubelte: „2000 Jahre haben wir auf ein Zeichen Gottes gewartet, und jetzt hat er uns mit einer roten Kuh beschenkt!” Da fand sich, kurz bevor es so weit gewesen wäre, ein weißes Härlein in der Schwanzquaste. Essig war es mit dem dritten Tempel - für jetzt.
Solche lehrreichen Geschichten enthält das Buch. Ihre Lehre ist der Schreck: Diese Geistesart existiert, sie steht Europa fern, daher neigen wir zu ihrer Unterschätzung, aber sie kommt uns näher; sie lässt mit sich nicht reden, und das Furchtbare an ihr ist, dass die Todfeinde zusammenpassen wie Schlüssel und Schloss an der Tür zum Abgrund. Diese Gefahr, die in den Nachrichten mal hier und mal da eine Schuppe aufblitzen lässt, in ihrer Gesamtgestalt des einen Drachen mit den drei Leibern vorgeführt zu haben, ist das beträchtliche Verdienst des Buchs.
Victor und Victoria Trimondi
Krieg der Religionen
Politik, Glaube und Terror im Zeichen der Apokalypse. Wilhelm Fink Verlag, München 2006. 597 S., 39,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Recht zwiespältig ist die Eindruck, den Rezensent Wilfried von Bredow von diesem Buch gewonnen hat. Um seine Kritik zu begründen, erläutert er zunächst den spirituellen Hintergrund, vor dem das Autorenpaar Victor und Victoria Trimondi seine Theorien entfaltet. Bereits dieser Hintergrund ist ihm deutlich zu stark auf einen apokalyptischen Endkampf von Gut und Böse fixiert, der auch den Weltreligionen prinzipiell ihre friedlichen Wurzeln absprechen und ihnen als Produkte "archaischer Gesellschaftsordungen" grundsätzlich kriegerische Motive unterstellen würde. Der Rezensent findet diese Lesart naiv und von überschaubarem Erkenntniswert.

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