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Die skandalösen Machenschaften der Pharmaindustrie
Verunglückte Reformen, Zweiklassenmedizin – das Vertrauen in unser Gesundheitswesen und die Pharmaindustrie ist angekratzt. Zurecht: Ärzte werden von Pharmafirmen mit Geld und Fortbildungsreisen geködert, damit sie bestimmte Präparate verschreiben, obwohl es ebenso wirksame billigere Alternativen gibt. Politiker werden unter Druck gesetzt, um die Wünsche der Pharmaindustrie zu erfüllen. Professoren werden für positive Beurteilungen von Medikamenten, die sie noch nie getestet haben, großzügig entlohnt. Selbsthilfegruppen werden unterwandert,…mehr

Produktbeschreibung
Die skandalösen Machenschaften der Pharmaindustrie
Verunglückte Reformen, Zweiklassenmedizin – das Vertrauen in unser Gesundheitswesen und die Pharmaindustrie ist angekratzt. Zurecht: Ärzte werden von Pharmafirmen mit Geld und Fortbildungsreisen geködert, damit sie bestimmte Präparate verschreiben, obwohl es ebenso wirksame billigere Alternativen gibt. Politiker werden unter Druck gesetzt, um die Wünsche der Pharmaindustrie zu erfüllen. Professoren werden für positive Beurteilungen von Medikamenten, die sie noch nie getestet haben, großzügig entlohnt. Selbsthilfegruppen werden unterwandert, um die Nachfrage nach bestimmten Präparaten anzukurbeln. Kurz: Die Pharmaindustrie tut alles, um ihre Medikamente in den Markt zu drücken - und schreckt nicht davor zurück, den eigenen Profit über unsere Gesundheit zu stellen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.06.2008

Zum Thema
Wo neue Mittel fehlen
Marcia Angell: Der Pharma-Bluff. Wie innovativ die Pharmaindustrie wirklich ist. Kompart Verlag, Bonn und Bad Homburg 2005, 288 Seiten, 24,80 Euro.
Die ehemalige Chefredakteurin des New England Journal of Medicine schreibt mit Verve über die Arzneimittelindustrie in den USA – und über die Machenschaften, denen wir fast alle ausgesetzt sind.
Die gekauften Ärzte
Markus Grill: Kranke Geschäfte. Wie die Pharmaindustrie uns manipuliert. Rowohlt Verlag, Reinbek 2007, 288 Seiten, 16,90 Euro.
Pharmafirmen kaufen Ärzte, Selbsthilfegruppen und Professoren mit Geld und Reisen: Stern-Journalist Markus Grill schreibt über eine korrupte Branche.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.09.2007

Der Patient ist der Verlierer

Der "Stern"-Journalist Markus Grill hat sich in der gesundheitspolitischen Szene durch seine Recherchen zur Pharmaindustrie einen Namen gemacht. Seine Berichte zu den Geschäftspraktiken der Nachahmerproduktefirma Ratiopharm sind beispielhaft für den möglichen Einfluss von Recherchejournalismus auf Politik und öffentliche Meinung. Im Kern ging es darum, dass Apothekern und Ärzten zwecks der Bevorzugung teurer Präparate Gratispackungen der Arzneimittel geschenkt wurden, die dann zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen von den Beschenkten abgerechnet wurden.

Das nun von Grill vorgelegte 285 Seiten starke Buch beschränkt sich aber nicht auf die Wiedergabe dieses einen Pharmaskandals, sondern untersucht systematisch, wie die Pharmaindustrie in Deutschland arbeitet. Dabei vermeidet er Übertreibungen, unnötige Aufregung und moralisierende Anklagen. Das Buch ist spannend, weil es ein zutreffendes und alarmierendes Gesamtbild einer Industrie zeichnet, die aus Profitsucht erfolgreich Ärzte, Patienten und Politik manipuliert. Die Gewinne der Pharmaindustrie sind im Durchschnitt etwa fünfmal so hoch wie der typischer Dax-Unternehmen. Nur 15 Prozent der Kosten für Arzneimittel fließen in Arbeitskraft, und mit etwa 80000 Mitarbeitern ist die Pharmaindustrie nur ein sehr kleiner Teil des 4 Millionen Menschen starken Gesundheitsarbeitsmarktes.

Fast jede Verlagerung von Kosten für Arzneimittel in andere Bereiche wie Krankenhaus, Hausärzte oder gar in vorbeugende Maßnahmen würde gleichzeitig die Versorgung der Menschen verbessern und Arbeitsplätze im Gesundheitssystem schaffen. Trotzdem steigen die Ausgaben für Arzneimittel am schnellsten, so dass heute mehr für Arzneimittel als für Ärzte ausgegeben wird. Der Preis, den der Bürger dafür zahlt, sind steigende Beitragssätze der Krankenkassen und eine medizinische Versorgung, die schlechter ist als möglich.

Wie konnte es zu einer solchen Entwicklung kommen? Die Pharmaindustrie leidet darunter, dass echte Innovationen in den vergangenen 20 Jahren eine Rarität geworden sind. Weniger als eine Handvoll neuer Arzneimittel pro Jahr sind ein nennenswerter Fortschritt im Vergleich zu bereits bestehenden Behandlungsmöglichkeiten. Alle anderen "Innovationen" sind neu, aber nicht besser. Meist handelt es sich um minimale Veränderungen der chemischen Zusammensetzung bestehender Wirkstoffe, man spricht daher von "Scheininnovationen". Der gleiche Wirkstoff muss quasi immer wieder neu erfunden werden, damit ihn viele Firmen gleichzeitig anbieten können und er nicht den Patentschutz verliert. Ärzten und Patienten muss dafür vorgetäuscht werden, es handele sich um eine tatsächliche Verbesserung der Medizin. Für diesen Zweck werden bis zu einem Drittel der Gesamtausgaben in der Arzneimittelindustrie ausgegeben, Geld, welches für die ärztliche Behandlung und die Erforschung schwerer und seltener Erkrankungen fehlt.

Nicht selten entstehen bei der Manipulation eines schon bekannten Arzneimittels neue Nebenwirkungen. Diese werden dann so lange wie möglich verschwiegen, damit das Präparat sich noch amortisieren kann. Vioxx ist nur der jüngste Fall in dieser Hinsicht, andere stehen kurz vor der Skandalisierung. Grill beschreibt, wie Ärzte von der Industrie finanziell angefüttert und eingebunden werden. Damit dieses System funktionieren kann, müssen die Gesetze so mitgestaltet werden, dass sie Spielraum für Korruption in der Praxis lassen. Das ist leider auch bei der letzten Gesundheitsreform gelungen. So wurde der Korruptionsbeauftragte im Gesundheitssystem verhindert zugunsten einer lächerlichen Verpflichtung der Industrie, sich selbst zu kontrollieren. Der Geschäftsführer dieser Farce arbeitet im Hauptberuf weiter für ein großes Pharmaunternehmen. Weiter bleibt es erlaubt, Ärzten für die Umstellung von einem Arzneimittel auf ein teureres Konkurrenzprodukt Geld zu schenken. Offiziell wird der Arzt für seine wissenschaftliche Erprobung des neuen Medikaments bezahlt; der Patient denkt sogar, es gehe nur um seine Gesundheit. Weiter gilt, dass der ehrliche Arzt und der naive Patient die Verlierer des Systems sind.

Wie es der Industrie gelang, Unterstützung bei einigen wichtigen Politikern für ihre Strategie zu gewinnen, wird unter Nennung von Namen nicht ganz unzutreffend beschrieben - vielleicht eines der realistischsten und aktuellsten Kapitel zum Thema Lobbyismus in Berlin überhaupt. Grill schreibt mit der Sprache dessen, der über das von ihm Niedergeschriebene mehr erstaunt als empört ist. Daraus bezieht das Buch seine Echtheit. Es verschweigt auch nicht die Bemühungen derer, die versuchen, sich gegen den Strom zu stemmen. Dabei werden die wichtigsten Kritiker unseriöser Pharmageschäfte der letzten Jahre in Deutschland, die Professoren Sawicki aus Köln, Schwabe aus Heidelberg und Schönhofer aus Bremen, so gewürdigt, wie sie es schon lange verdient haben. Was dem Buch fehlt, sind Vorschläge zur Verbesserung der Lage, aber Grill vermeidet es, sich als Ersatzpolitiker oder Ratgeber anzubieten. Daher hinterlässt das Buch den in die Materie nicht eingearbeiteten Leser möglicherweise schockiert, zumindest sehr verunsichert.

Das Buch lohnt sich für jeden, der im Rahmen einer packenden Darstellung ein Gesamtbild über die Pharmaindustrie in Deutschland und den Umgang der Politik mit den Lobbyisten haben möchte. Grill ist dabei weder Skandalautor noch unfair, aber die Schuldigen und die Mechanik des Betrugs an Patienten und Bürger werden enttarnt. Meines Erachtens das beste aktuelle Buch zum Thema Pharmaindustrie in Deutschland.

Markus Grill: Kranke Geschäfte, Rowohlt, 16,90 Euro.

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