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Die Geschichte der Koexistenz von Juden und Arabern scheint schon immer eine Geschichte des Konflikts zweier unversöhnlicher Kulturen gewesen zu sein. Aber trifft das wirklich zu? Menachem Klein spürt dem gemeinsamen Leben von Juden und Arabern in Jerusalem nach, vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Er beschreibt eine Gesellschaft, in der einstmals ein intensiver Austausch zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen herrschte, von lebhaften Geschäftsbeziehungen bis zu gemischten Ehen. Die zunehmende Entfremdung, die 1948 in der Gründung des jüdischen Staates kulminierte, wirkt bis heute nach.…mehr

Produktbeschreibung
Die Geschichte der Koexistenz von Juden und Arabern scheint schon immer eine Geschichte des Konflikts zweier unversöhnlicher Kulturen gewesen zu sein. Aber trifft das wirklich zu? Menachem Klein spürt dem gemeinsamen Leben von Juden und Arabern in Jerusalem nach, vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Er beschreibt eine Gesellschaft, in der einstmals ein intensiver Austausch zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen herrschte, von lebhaften Geschäftsbeziehungen bis zu gemischten Ehen. Die zunehmende Entfremdung, die 1948 in der Gründung des jüdischen Staates kulminierte, wirkt bis heute nach.
In seiner Kulturgeschichte einer faszinierenden Stadt vereint Klein die Stimmen von Juden und Arabern zu einem Mosaik beeindruckender Geschichten, lebendiger Erfahrungen und jener Persönlichkeiten, die diesen Austausch in den vergangenen 150 Jahren geprägt haben.
Autorenporträt
Klein, MenachemMenachem Klein studierte Nahost- und Islamwissenschaft an der Hebräischen Universität in Jerusalem und ist heute Professor an der Bar-Ilan-Universität. Bei den Friedensverhandlungen 2000 in Camp David gehörte er als Berater zum israelischen Team in der Jerusalem-Frage, 2003 war er Mitunterzeichner der Genfer Initiative zum Nahostkonflikt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.06.2018

Koexistenz auf Mikroebene
Menachem Klein will Juden und Araber versöhnen

Weshalb ist dieses Buch unbefriedigend und dennoch lesenswert? Vor der Antwort zunächst zum Autor und Inhalt des Buches. Menachem Klein, studierter Islam- und Nahost-Wissenschaftler, lehrt als Professor für Politikwissenschaft an der durchaus zu Recht als "rechtsnationalistisch" geltenden, nationalreligiösen Universität Bar-Ilan in Ramat Gan bei Tel Aviv. Seit langen engagiert er sich für den Brückenschlag zwischen Israelis und Palästinensern. Sein Ratschlag wird nicht nur von Israels (Links-)Liberalen geschätzt. Er beriet unter anderen den ehemaligen Premier Ehud Barak bei dessen Jerusalem-Verhandlungen.

Dass Klein vom Dozenten zum Professor befördert wurde, war inner- und außeruniversitär alles andere als unumstritten. Sein Weg zur Professur an ebendieser Universität war steinig. Wer allein nur dieses Buch liest und sein institutionelles Wirkungsfeld kennt, versteht, dass und warum ihm nicht nur persönlich, sondern auch politisch weniger Wohlwollende - "Kollegen" eben - Steine in den Weg legten.

"Mikrogeschichte" nennt der Fachjargon Kleins Ansatz. Im Klartext: Der Autor beschreibt dabei geradezu im Klein-Klein-Format die "Alltagsgeschichte" von Juden und Arabern in Jerusalem "vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart". Was man schon immer darüber wissen wollte, findet man hier, und eine Rezension muss keine Detailbeschreibung nachliefern. Man sollte das Original lesen. Jerusalem- oder Israel-Anfängern sei dennoch nicht empfohlen, mit diesem Buch zu beginnen. Besser als Kleins Buch eignet sich hierfür das große Jerusalem-Werk von Simon Sebag Montefiore (2012) oder von Bernard Wasserstein (2007). Anders als Klein beschreiben beide auch die großen Zusammenhänge.

Bei Klein gehen die großen Zusammenhänge verloren. So entsteht ein ganz und gar schiefes Bild. "Wissenschaft" ist hier die Addition zahlreicher Mikrofakten, die auf der Makroebene zu falschen Ergebnissen führen, zumal Gegenfakten auf der Mikro- und Makroebene systematisch unbeachtet bleiben. Dieses Buch ist einseitig selbstkritisch-israelisch. Das wiederum macht es durchaus sympathisch. Aber leider ist Sympathisches nicht automatisch Faktisches oder gar Wissenschaftliches. Klein malt ohne Grautöne in Schwarz-Weiß: Hier die guten Palästinenser - sogar der Hitler-Partner Großmufti Haj Amin al-Husseini wird fast als Menschenfreund verklärt -, dort die bösen Juden, Zionisten, Israelis.

Die Fülle und Kontinuität der vermeintlich nur einseitigen jüdisch-zionistisch-israelischen Übeltaten erschlägt den Leser förmlich - es sei denn, er kennt die grundsätzliche Asymmetrie des Konflikts: Dass die Führung der Palästinenser (Makroebene) alle Kompromissvorschläge seit dem neunzehnten Jahrhundert bis zur Gegenwart ablehnte und auf Maximalforderungen ohne Rücksicht auch auf die eigene Mikroebene (sprich: Bevölkerung) pochte; dass es sowohl auf der jüdischen Mikro- als auch Makroebene Kompromissbereite gab und gibt.

Man kann aus Kleins Darstellung nur erahnen, dass nach dem Teilungsbeschluss der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 die palästinensische Führung den Bürgerkrieg gegen die Juden begann und verlor. Ihr Volk verlor, wie meistens nach selbst begonnenen und dann verlorenen Kriegen, Land. Gerade Deutsche kennen diese historische Mechanik. Keine Rede bei Klein, dass Israel nach dem Krieg von 1967 - freilich nur kurz - "Land für Frieden" tauschen wollte. Ähnlich 1978 (Camp David), 1993 (Oslo/Washington), 2000/01 (Camp David II/Taba), 2007 (Olmert).

Kleins Einseitigkeit hat und ist Methode. Wissenschaft sieht anders aus. Dort werden Fakten und Gegenfakten geprüft, beschrieben und reflektierend eingeordnet. Dass er das Westjordanland und Ostjerusalem von 1948 bis 1967 stets als "jordanisch" bezeichnet, ist zudem völkerrechtlich wie wissenschaftlich schlicht falsch. Diese Gebiete wurden von Jordanien 1948 annektiert. Nur Großbritannien und Pakistan erkannten diesen Schritt an.

Kleins Buch ist fast so etwas wie die antiisraelische Propaganda- und Kampfschrift eines Israelis, der sich nichtreligiös auserwählt fühlt, den zumindest territorial-religiös-jüdisch-zionistisch-israelischen Auserwähltheitsanspruch zu relativieren und konterkarieren. In diesem Buch ist Anti-Israelismus eine innerisraelische Angelegenheit. Daher können es Ausländer entspannt lesen. Seine nationale Selbstkritik ehrt Klein. Es ehrt aber auch seine Nation und die vermeintlich doktrinäre Bar-Ilan-Universität, seine Institution, dass ein solcher "Querkopf" dort toleriert, akzeptiert und alimentiert wird.

MICHAEL WOLFFSOHN

Menachem Klein: "Jerusalem - geteilt, vereint". Araber und Juden in einer Stadt.

Aus dem Englischen von Eva-Maria Thimme. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 317 S., geb., 26,- [Euro].

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»Anschaulich und anekdotenreich lässt Klein Jerusalemer Schicksale über Generationen und über die Kriege von 1948 und 1967 hinweg lebendig werden. Er zeichnet damit die reiche Vielfalt der Stadt nach, die Brennpunkt des Nahostkonflikts ist - und legt so weitaus mehr als eine Regionalstudie vor.« Daniel Alexander Schacht Hannoversche Allgemeine Zeitung 20200215