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Tschichold ist einer der bedeutendsten Gestalter und Schriftschöpfer des letzten Jahrhunderts. Ohne selbst dem Bauhaus angehört zu haben, hat Tschichold die Bauhaus.Typographie theoretisch und mit seinen berühmt gewordenen Arbeiten geprägt wie niemand sonst. Gegen Ende seines Lebens besann er sich auf die Grundlagen der Typographie und schrieb als Handreichung für den Schriftsetzernachwuchs "Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie". Sein Credo: "In einem typographischen Meisterwerk erscheint die Handschrift des Künstlers ausgelöscht".

Produktbeschreibung
Tschichold ist einer der bedeutendsten Gestalter und Schriftschöpfer des letzten Jahrhunderts. Ohne selbst dem Bauhaus angehört zu haben, hat Tschichold die Bauhaus.Typographie theoretisch und mit seinen berühmt gewordenen Arbeiten geprägt wie niemand sonst. Gegen Ende seines Lebens besann er sich auf die Grundlagen der Typographie und schrieb als Handreichung für den Schriftsetzernachwuchs "Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie". Sein Credo: "In einem typographischen Meisterwerk erscheint die Handschrift des Künstlers ausgelöscht".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.04.2002

Der mit Sorgfalt gesetzte Gummistempel
Wider die lärmenden Orgien wildgewordener Buchstaben: Zum hundertsten Geburtstag des Typographen Jan Tschichold
Betrachtet man die Typographie heute erscheinender Bücher, findet man unterhalb einiger herausragender Entwürfe viel Lieblosigkeit. Aber es erscheinen immer wieder Druckwerke, die jeder sofort als schön ansieht. Sie ähneln solchen aus früheren Jahrhunderten. Es muss ein Wissen gegeben haben, das zwischenzeitlich verschwunden war. Wer hat den versunkenen Schatz gehoben?
Ein Mann bestimmt den Entwurf unserer Lektüren über seine eigene handwerkliche Arbeit hinaus. Werden seine Lehren befolgt, beginnen Bücher warm zu strahlen, und sie lesen sich wie von selbst. Dieser Mann, der seinen Namen mehrmals änderte und heute als Jan Tschichold berühmt ist, wurde als Johannes Tzschichhold am 2. April 1902 in Leipzig geboren, gestorben ist er am 11. August 1974 in Locarno.
Jan Tschichold war ein typographischer Lehrer in Europa und Amerika, aber lebendig ist sein Werk bis heute, weil er auch ein Künstler war, der sich seinem Gegenstande jedesmal ganz neu näherte, zugleich ein Wissenschaftler, der die alten Gesetze der Buchkunst, die nie zuvor aufgeschrieben waren, sondern als Geheimwissen der mittelalterlichen Kalligraphen von Generation zu Generation bis zu ihrem Verschwinden weitergereicht wurden, wiederentdeckte und allen zugänglich machte. Tschichold war ein Schriftsteller, in dessen heißblütigen Essays der mit Sorgfalt zu setzende Gummistempel eine kaum geringere Rolle spielt als das Buch. Über die Masse der Drucksachen im Alltag schrieb er so hübsche Sätze wie: „Häufig sind sie lärmende Orgien wildgewordener Buchstaben und selbstbewusst auftretender Wurstigkeit.” Leider gilt das bis heute, wenn Entwerfer sich selbst verwirklichen, statt dem Buch zu dienen.
Nach Studien in Grimma, Leipzig und Dresden wurde er mit nur neunzehn Jahren von dem berühmten Schriftentwerfer Walter Tiemann, Direktor der Leipziger Akademie, als sein Meisterschüler beauftragt, Unterricht im Schriftschreiben zu erteilen. 1923, er hatte sich gerade mit Moholy-Nagy befreundet, sah Tschichold die erste Ausstellung des Weimarer Bauhauses – und wurde binnen Monaten der führende konstruktivistische Typograph. Die Leistungen der russischen Konstruktivisten beeindruckten ihn so stark, dass er sich ab 1924 Iwan nannte, russisch für Johannes. Er korrespondierte mit Rodtschenko und Malewitsch, mit tschechischen, holländischen und deutschen Künstlern. Mit dem deutsch sprechenden El Lissitzky war er befreundet. 1925 erschien in den „Typographischen Mitteilungen” sein Manifest „Elementare Typographie”. Es löste heftige Debatten aus. Jeder Schriftsetzer griff danach. Bald wurde die Wirkung spürbar: Nach der steifen klassizistischen Typographie bis 1850 war die Entwurfskunst um 1900 persönlichen Geschmäckern und der Willkür verfallen. Selbst Schriftentwerfer arbeiteten ungenau. Der Jugendstil brachte nicht die erhoffte Ordnung. Entwerfer und Werber sorgten für eine Überproduktion an Schriften und Stilen, an verzerrten Zitaten, Kunstgewerbe. Tschicholds „Elementare Typographie” schaffte die Schnörkel ab.
Paul Renner, der an den Entwürfen seiner „Futura” arbeitete, holte Tschichold 1927 aus Berlin, wo dieser sich soeben als Kalligraph und Graphiker niedergelassen hatte, nach München, wo Tschichold 25jährig Lehrer an der Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker wurde und sich auf Druck der Behörden, die dem „Iwan” den „Professor” verweigerten, Jan nannte.
1928 veröffentlichte der Bildungsverband der Deutschen Buchdrucker Tschicholds Lehrbuch „Die Neue Typographie”. Ohne selbst dem Bauhaus angehört zu haben, hat Tschichold die Bauhaus-Typographie theoretisch und mit seinen berühmt gewordenen Arbeiten geprägt wie niemand sonst. 1933 emigrierte er in die Schweiz.
Während die deutsche Typographie wieder in die Hässlichkeit zurücksank, aus der sie sich gerade erheben wollte, begann Tschichold in Basel mit der Buchtypographie und begründete seinen Ruhm als Wissenschaftler und Künstler. Der älter gewordene Typograph hatte seine Studien weitergeführt: Tschichold war nun erfüllt mit Demut vor der Geschichte des Buches, er wütete gegen Unbildung und Beliebigkeit, und er erklärte die Gesetze des guten Buches, die er in seinen umfangreichen Studien grafischer Technik auch anderer Kulturen entdeckte.
1953 stieß er durch Nachmessen etlicher Inkunabeln auf den spätgotischen Teilungskanon, der sich mit Hilfe der „Villardschen Figur” (nach dem Baumeister des 13. Jahrhunderts Villard de Honnecourt) geometrisch konstruieren lässt. Gutenberg und Schöffer haben die Bibelseiten so ausgestattet, dass der obere Weißrand der Buchseite (Kopfsteg) ein Neuntel der Gesamthöhe, der Fußsteg zwei Neuntel ausmacht, ebenso innen: Im Bund beträgt der Weißraum ein Neuntel der Gesamtbreite, außen zwei. Tschichold entdeckte außerdem den Zusammenhang zwischen den Proportionen der Kolumne und des Papierformats.
Mit derartigen Lehren begründete er die typografische Wissenschaft, die heute an den Hochschulen aus Bequemlichkeit oft verleugnet wird. Tschichold: „Gute Typographie ist eine eminent logische Kunst und entscheidet sich durch den Anteil selbst von Laien nachprüfbarer Logik von allen anderen Künsten.”
Gegen Ende seines Lebens war Tschichold nicht stolz auf die kurze Phase als jugendlicher Revolutionär, sondern beispielsweise auf die Penguin Books, die er von 1946 bis 1948 in London entwarf und die in Millionenauflagen erschienen. Sein Credo: „In einem typographischen Meisterwerk erscheint die Handschrift des Künstlers ausgelöscht.” Tschichold trug nach Gutenberg vielleicht am meisten dazu bei, dass das gute Buch die Massen erreicht und nicht in den Schreinen einiger weniger verschlossen wird.
MARTIN Z.
SCHRÖDER
Tschicholds „Erfreuliche Drucksachen durch gute Typographie. Eine Fibel für jedermann” wurden 2001 im Maro Verlag wieder aufgelegt (128 Seiten, 12 Euro).
Eines der Filmplakate, die Jan Tschichold 1927 für den Phoebus Palast in München entwarf.
Foto: Verlag der Kunst Dresden
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