Mathias Berg gelingt es in beeindruckender und anschaulicher Weise die möglichen Wirkungen systemischer Beratung im Kontext erziehungsberaterischer Konzepte auf das Bindungsverhalten von Kindern und die Erziehungskompetenz der Eltern zu untersuchen. Da genuine Forschungsprojekte aus dem Feld der EB
mit wissenschaftlicher Hochschulanbindung quasi Mangelware (warum eigentlich?) darstellen, ist…mehrMathias Berg gelingt es in beeindruckender und anschaulicher Weise die möglichen Wirkungen systemischer Beratung im Kontext erziehungsberaterischer Konzepte auf das Bindungsverhalten von Kindern und die Erziehungskompetenz der Eltern zu untersuchen. Da genuine Forschungsprojekte aus dem Feld der EB mit wissenschaftlicher Hochschulanbindung quasi Mangelware (warum eigentlich?) darstellen, ist dieses Werk nicht nur thematisch (systemischer Beratung, EB und Bindung), sondern auch hinsichtlich des impliziten Signals und Plädoyers für die stärkere Verzahnung von Erziehungsberatung und Forschung/Wissenschaft mehr als gewinnbringend.
In Kapitel 2 wird zunächst das Handlungsfeld der „Erziehungs- und Familienberatung“ fokussiert. Überaus gelungen werden hier sowohl Grundlagen (historisch, rechtlich) als auch Adressat*innen und primäre Beratungsanlässe präsentiert sowie konkrete Leistungen, Angebote und Konzepte (vertiefender: systemische Beratung und bindungstheoretisch fundierte Interventionsmöglichkeiten) kompakt vorgestellt.
In Kapitel 3 widmet sich Mathias Berg den bindungstheoretischen Basics. Dabei gelingt es ihm ein breites Spektrum an Perspektiven aus Wissenschaft und Forschung abzubilden und den/die Leser*in fachlich und zugleich fokussiert in die Thematiken einzuführen: Bindungsforschung, Bindung im Vorschul- und Grundschulalter, im Erwachsenenalter, im Kontext von Verhaltensauffälligkeit und Erziehungsverhalten. Die Ausführungen sind auch für „Bindungslaien“ mehr als ergiebig und stellen fast schon ein kleines „Kurzhandbuch“ zum Thema dar.
In Kapitel 4 erfolgt die detaillierte Erläuterung des Forschungsdesigns sowie der methodischen Vorgehensweise. Insbesondere die Komplexität und Vielschichtigkeit des Vorgehens beeindruckt und zeigt zugleich wie integrativ und praxisbezogen Forschung im Kontext der EB sein kann.
In Kapitel 5 werden die Ergebnisse detailliert und ausführlich präsentiert. Heißt: Die Bereiche Intelligenz, Bindung, Verhaltensauffälligkeiten der Kinder sowie das Erziehungsverhalten der Mütter werden einzeln betrachtet, erläutert und dabei anschaulich mit Grafiken angereichert. Wem dies dennoch zu komplex und kleinschrittig ist, wird mit Rückgriff auf die abschließende Zusammenfassung (vgl. Kapitel 5.7) die wichtigsten Erkenntnisse dort nachlesen können.
In Kapitel 6 erfolgt schließlich die abschließende Diskussion in Rückbezug auf die formulierten Hypothesen (vgl. Kapitel 3.9) und die Einbettung in den fachlichen Kontext. Besonders positiv erscheint mir die Rückanbindung an die Praxis der EB. So formuliert Mathias Berg wichtige Implikationen für die Praxis und macht die Ergebnisse somit für jene zugänglich. Verbunden mit einem Plädoyer für weitere – handlungsfeldbezogene, d.h. eigenständige – „EB-Forschung“ wird die eigentliche Bedeutung dieses Werkes – fernab der thematischen Erkenntnisse rund um systemische Beratung, EB und Bindung – noch deutlicher.
Somit kann ich dem Autor nur zustimmen, dass es perspektivisch die Aufgabe von EB-Praxis und EB-Forschung sein wird, stärker zu kooperieren und somit zukunftsweisende Beiträge zur Reflexion, Profilierung, Transparenz und am Ende zur weiteren Professionalisierung dieses Handlungsfeldes zu liefern. Entscheidend scheint dabei nicht allein die Öffnung in Richtung der Hochschulen zu sein, sondern vor allem die vielfach proklamierte Multiprofessionalität in der EB-Praxis auch auf Forschungsebene abzubilden: Demnach braucht es neben der vielfach dominanten psychologischen/psychotherapeutischen Forschung, auch eigenständige Forschung mit sozialpädagogischem, erziehungswissenschaftlichem, soziologischem und ja auch (sozial-)politischem (warum denn nicht?) Profil.
Vor allem kreative und neue Perspektiven, jenseits klassischer Katamnesen und Zufriedenheitsevaluationen – denn hierzu gibt es bereits reichlich – wären verheißungsvoll und zukunftsweisend.
Auf dieses Werk bezogen bleibt somit abschließend nur zu sagen: Gerne mehr davon!