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Flugblätter können als Ergänzung zu den üblichen Quellen, den Normen, die in staatlichen und kirchlichen Gesetzen und in Polizeiordnungen zu finden sind, den verschiedenen Krimi-nalquellen wie Gerichtsakten, Ratsprotokollen, Urgichten,Gauner- und Diebslisten usw., einen wesentlichen Beitrag für die Rechts- undKriminalitätsgeschichte liefern. Flugblätter lassen die Wertvorstellungen erkennen, aus denen heraus die Gesetze und Vor-schriften erlassen und Devianzen sanktioniert wurden. Insofern beleuchten sie den kulturhis-torischen Hintergrund der Rechtsprechung in der Frühen Neuzeit, der…mehr

Produktbeschreibung
Flugblätter können als Ergänzung zu den üblichen Quellen, den Normen, die in staatlichen und kirchlichen Gesetzen und in Polizeiordnungen zu finden sind, den verschiedenen Krimi-nalquellen wie Gerichtsakten, Ratsprotokollen, Urgichten,Gauner- und Diebslisten usw., einen wesentlichen Beitrag für die Rechts- undKriminalitätsgeschichte liefern. Flugblätter lassen die Wertvorstellungen erkennen, aus denen heraus die Gesetze und Vor-schriften erlassen und Devianzen sanktioniert wurden. Insofern beleuchten sie den kulturhis-torischen Hintergrund der Rechtsprechung in der Frühen Neuzeit, der insbesondere bei einer rein quantitativen Untersuchung der Gerichtsurteile vernachlässigt wird. Außerdem bestehen erhebliche Zweifel an der Validität statistischer Aussagen über Kriminalität in Deutschland, da wegen des Fehlens einer Zentralregierung und der Zufälligkeit der Registrierung und Erhaltung von Gerichtsurteilen kaum zuverlässige quantitative Feststellungen zu treffen sind. Illustrierte Flugblätter sind zwar das vorrangige Medium der Frühen Neuzeit, abereine bisher kaum beachtete Quelle zur Beschreibung des frühneuzeitlichen Unrechtsbegriffs. Die feh-lende Beachtung der Flugblätter in der Rechtsgeschichte erklärt sich aus dem Zweifel an ihrem Informationswert: Flugblätter sind fast immer parteiisch und moralisierend. Wer genaue Auskünfte über den Kriegsverlauf und seine Gründe erfahren will, darf sich nicht auf Flugblätter verlassen, die den Gegner diffamieren und die eigene Seite rechtfertigen wollen. Wer genaue Kenntnis von Gerichtsentscheidungen haben will, möchte nicht mit Bibelzitaten konfrontiert werden, wie sie die Urteilsbegründungen in den Flugblättern liefern. Zweifel am Informationswert der Flugblätter begründen auch deren Aufmachung und Verbreitungsform: Wer seine Informationen auf Märkten marktschreierisch verkauft, ist kein Garant für Objekti-vität. Die Flugblätter der Frühen Neuzeit beleuchten dafür aber den kulturhistorischen Hintergrund für das Rechtsverständnis der damaligen Zeit. Da die Flugblattverfasser und -drucker auf den Verkauf ihrer Produkte angewiesen waren, mussten sie darauf bedacht sein, die Wert-vorstellungen der potentiellen Käufer, also insbesondere der lesefähigen mittleren Stände, zu treffen, sodass sich deren Sicht der Dinge in den Flugblättern spiegelt. Diese Sicht des Volkes ist nicht ohne Auswirkung auf die Gesetzgebung. Andererseits muss-ten die Verfasser Rücksicht auf die Zensur nehmen, sodass sich in den Flugblättern, die sich mit deviantem Verhalten befassen, auch die Wertvorstellungen und Erziehungsziele der je-weiligen Obrigkeit erkennen lassen. Außerdem lassen sich an der Gestaltung der Blätter, sowohl des Bildteils als auch des Textes, das moralische und intellektuelle Selbstverständnis von Verfasser und intendiertem Konsumenten, die mit der dargestellten Normverletzung ver-bundene Emotionalität und ästhetische Bewältigung erkennen: Die Bandbreite reicht von Hasstiraden über bösen Spott und leises Schmunzeln bis zur Glorifizierung der gerechten Sache, zu intellektuellem Spiel und Gelehrsamkeit in der Emblematik, in der Graphik vom Kindlich-Einfachen über Karikatur und Grobianismus bis hochkünstlerischen Kupferstichen von Landschaften, Gebäuden und Menschengruppen mit Beachtung der Perspektive. Das Hauptziel der vorliegenden Untersuchung ist, anhand von Flugblättern den ¿volkstümli-chen¿ Unrechtsbegriff der Frühen Neuzeit im Vergleich mit dem Unrechtsbegriff in der Ge-setzgebung und der Rechtspraxis dieser Epoche zu bestimmen und mit den Unrechtsbegrif-fen des Mittelalters und der Aufklärung zu vergleichen.